"Ich weiß, dass die Welt existiert, weiß aber nicht, ob ich existiere." Robert Walser
Foto: Dieter Decker
Was ich alles für die Welt-Lesebühne schreiben wollte:
Der Karfreitag ist der Tiefpunkt der Passionsgeschichte, er bereitet die Erlösung durch das große Opfer vor. Deswegen ein kurzer Gedanke an den Multivitaminsaft, der sich selbstlos der Verarbeitung der nicht übermäßig beliebten Passionsfrucht annimmt. Aus „Mein schöner Garten“: „Die Jesuiten, die die Frucht nach Europa importierten, meinten, in der Blüte das Leiden Christi zu erkennen: Die Kronblätter erinnerten sie an die Dornenkrone, die fünf Staubblätter seine Wunden. Die drei Griffelnarben sollten Jesus und seine beiden Leidensgenossen am Kreuz darstellen.“ Man isst das an sich schmackhafte Fruchtfleisch samt lästiger Kerne, was sich als Metapher für Religion eignet oder auch nicht. Der Multivitaminsaft jedenfalls besteht aus passiertem Obst, der Smoothie anvant la lettre, und das kann man einfach einmal lobend erwähnt haben.
Weltreligion
Übrigens gäbe es keine einzige Glaubensgemeinschaft, wären alle Menschen so wie ich (das stelle ich einmal wertfrei in den Raum). Erstens sitze ich nicht gern still und höre einem AWM beim Mansplainen zu, deswegen möchte ich mir alle Stunden Gottesdienst für die Pension anrechnen lassen. 2.: Wäre Pontius Pilatus eine meiner Präinkarnationen, hätte ich dem geifernden Volk gesagt, es solle sich nicht so aufpudeln, der Jesus sei ok, bissi sendungsbewusst, der fällt halt manchmal ins Predigen, aber er ist persönlich ein ganz ein Netter, und sein Vater, der Tischler Sepp, hat meinem Vater damals einen super Bauernkasten gemacht, der steht jetzt noch tadellos da. So, jetzt geht’s heim und trinkt's ein Bier, der Jesus auch, keine Fisimatenten, sonst werd ich steirisch! Ob diese Geschichte eine Metapher für Multivitaminsaft ist, müsst ihr entscheiden, ich will das Nettsein und Nichtaufpudeln einfach einmal lobend erwähnt haben.
Die Welt ist mehr als genug (OÖ-Übersetzung „D'Wöd is in d'Haut eini gmua“)
Der weltlangweiligste Agentsriller: Pierce Brosnan bekommt den Auftrag, die Milliardärstochter Sophie Marceau zu beschützen, die eine Ölpipeline durch Aserbaidschan baut. In langen Diskussionen und mit GV kann Brosnan sie zum Verzicht auf fossile Brennstoffe überreden, Marceau dreht den Ölhahn zu, was für die Umwelt gut ist, für den Feminismus ein Rückschritt, weil es eh so wenige Frauen in den MINT-Fächern gibt. Marceau dreht La Boum 3, züchtet Sulmtaler Hühner und wird zur Ikone der Decarbonisierung, nicht einmal die affigen Rennräder der Hobbytriathleten dürfen noch aus Carbon sein, nur noch Durchfalltabletten. Pierce Brosnan wird Leiter der Gourmetleiter des Hitzinger Spars und redet dort der Wilheringer Bevölkerung an der Feinkostbudel das Fleischessen aus. Beim Zeltfest der Freiwilligen Feuerwehr „Sommer Sonne Edramsberg“ verliebt er sich in eine regional erfolgreiche Schriftstellerin, es gibt GV unter dem Firmament des Zentralraums. Der Gatte kommt ihr auf die Schliche und schimpft sehr, aber dann sagt er, ok, es ist immerhin Pierce Brosnan. Ob das ein gutes Ende für einen Agentensriller ist, müsst ihr entscheiden, ich will die österliche Großherzigkeit des Gatten einfach einmal lobend erwähnt haben.
Die Welt ist nicht genug
André Heller, Zaubermogul des Staunens, will sein Alterswerk mit einem gigantischen Generalkunstwerk aller Sparten krönen. „Austria, Austria“ soll es heißen, die magische Supershow im weltgrößten Zirkuszelt. Artisten, Tiere, Attraktionen – er will damit nach China reisen und Brücken bauen, Brücken zwischen den Kulturen! Abfahrt, Slalom, Super-G rast künstliche Mausefallen herunter, Tiroler Grauvieh springt – ein Wunder alpiner Dressur! – durch brennende Zirbenholzreifen, Alfons Haider und Silvia Schneider moderieren, aus der DNA Anton Bruckners wird ein ganzes Orchester geklont, bissi spooky, aber man muss groß denken, meine Freunde, große Gedanken machen große Werke!
Dann deckt das OLW-Correctiv auf, dass André Heller nicht nur ganz Österreich spiegelverkehrt, aber in Originalgröße rund um das raubkopierte Hallstatt nahe Hongkong erbauen hat lassen, gleichsam als gefälschten Rahmen, um 800.000 €. Das sei doch nur ein Scherz gewesen, verteidigt sich der in einen Shitstorm geratende Künstler, der das Staunen nicht verlernt hat, Geistesmenschen denken eben groß und bauen Brücken, denn man darf das Staunen nicht vergessen! Aber dann kommt auf, dass er einem aserbaidschanischen Öloligarchen gleich ganz Österreich verklopft hat, und das ist dann wirklich zu viel, denn der will es abtragen und Stein für Stein im Gewerbegebiet von Baku aufstellen, mitten drin die vom Brosnan Pierce mühsam verhinderte Pipeline.
Die Bundespräsidentin sagt „Jetzt reicht's, Heller, ich mag von dir nichts mehr hören! Er wird zum neuen künstlerischen Leiter der KTM-Motohall und muss gemeinsam mit Dietmar Kerschbaumer künftig die Klos im Kulturverein Strandgut putzen, als Ehrenamt! Ob das die gerechte Strafe für ein Leben voller nervtötender Dampfplauderei ist, müsst ihr entscheiden, es ist ja sehr schön im Strandgut, und die Klos immer tipptopp, ich will nur die beherzte Durchgriffsfreude unseres Staatsoberhauptes einfach einmal lobend erwähnt haben.
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