Dienstag, Februar 19, 2019

Der dogmatische Schlummer. Neue Sextipps.

Teil 2 der bald schon belieten Reihe "Ungelesene Restln von der Lesebühne, weil ich mich beim Moderieren verquatscht habe". Heute: Aufklärung für Philosophen und Bumsnovizen.

Dies und das zur Erhellung

Die Wissenschaft weiß, dass Immanuel Kant, der größte aller Aufklärer, aller Wahrscheinlichkeit nach in seinem Leben nie eine Frau – Obacht, biblisches Wortspiel – erkannt hat. Das ist ja, als wäre der Erfinder des Penicillin an Durchfall verstorben! Aber der Geistesriese von Königsberg erklärte auch das Bier zum „langsam tötenden Gift“, wir dürfen ihm also ohnehin nicht alles glauben. Leider erschüttert das halt das ganze Aufklärungsgebäude in seinen Grundfesten. Heute möchten wir alle Kraft in die Versöhnung von Geist und Leib legen. Ein Teenstar für Erwachsene! Also: Legen wir selbst Hand an unsere Hirne, holen wir die Sexualität, aber auch das Denken aus dem dogmatischen Schlummer.

Fragen an das Dr. phil. Sommer-Team

Manfred, 41: Ich habe seit drei Jahren eine feste Freundin, wir haben auch schon Sex miteinander. Sie sagt, es taugt ihr, aber ich habe Angst, dass sie ihren Orgasmus nur vortäuscht. Wie kann ich mir sicher sein?
Dr. Sommer-Team:
Lieber Manfred! Mit deiner Sorge bist du nicht allein. Nicht umsonst ist „Was können wir wissen?“ die fundamentalste aller vier kantischen Fragen. Die Reflexion auf die Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis, die epistemologische Transzendentalität ist apriorisches Prinzip jedweder Ontologie! Der weibliche Orgasmus ist kein reiner Begriff, sondern als Sensation nur a posteriori erkennbar. Die bloße ästhetische Anschauung reicht nicht, um den Verblendungszusammenhang zu durchdringen. Im Sinne der Dialektik von Theorie und Praxis muss also Cunnilinguistik zur Anwendung gebracht werden. 
 

Margit, 39: Liebes Dr. Sommer-Team! Meines Erachtens geht ja die Existenz der Essenz voraus, das Wesen des Menschen ist nicht theoretisch-rational vorbestimmt, seine Sinnbestimmung lässt sich erst im Erleben der Existenz vollziehen. Leider ist mein Freund nicht besonders gut im Bett, sodass ich befürchte, immer noch keine ausreichenden empirischen Daten in Bezug auf die Existenzialie „Sex“ zu haben.
Dr. Sommer: Liebe Margit, keine Sorge, so wie dir geht es tausenden anderen jungen Philosophiestudentinnen in deinem Alter! Vor eurem richtigen ersten Mal mach' dir bewusst, dass er genauso unsicher und aufgeregt ist wie du. Erzähl' ihm von deinen Wünschen! Auch der tollste Dekonstruktivist kann nicht hellsehen. Vielleicht hat er auch über die weibliche Anatomie noch nicht ausreichend nachgedacht. Wenn er sich hauptsächlich darauf konzentriert, dass du es schön hast, seid ihr auf dem richtigen Weg.

Samstag, Februar 09, 2019

Nachtrag zur Lesebühne: Gutes Benehmen - die Algorithmen gesellschaftlichen Gelingens

Teil 1 der neuen Reihe "Was ich bei der Lesebühne nicht vorlesen konnte, weil ich mich wieder vermoderiert habe". Heute: "Gutes Benehmen leicht gemacht":

Businessidee Wertekatalog:

Angelehnt an Kastner & Öhler (vorne Gwand – also Lederhosen statt Burka, hinten Haushaltsgeräte – Mixer für sie, Kapperl mit Bierdosenhalterung für ihn, über Liederbücher, Weinheber-Lyrik-Gesamtausgaben, die Kreuzzugsreden-Anthologie, klerikale Kinderpädagogik-DVDs).
Tendenz: Ausbeutung ist ok, solange man dabei kein Kopftuch trägt. Sehr wichtig: Todesdrohungen ab jetzt bitte in besserem Deutsch! Ich setze mich übrigens auch für die Deutschpflicht ein, für alle, auch die Nazis. Da fehlt's an allen Ecken und Enden. Viele der Postings über den „linken Pöbel“ sind in mangelhafter doitscher Muttersprache verfasst. So wird dem Islam Tür und Tor geöffnet. Am Schluss dann die Umvolkung.

Fragen an uns selbst, ensembleintern:

Was ist in deinen Augen der schlimmste Verstoß gegen den Anstand?
Audifahren, öffentliches Nasenbohren, FPÖ-Wählen, Einkaufswagerl in die Kniekehlen schieben, mit offenem Mund Kaugummi kauen, die cartesianische Leb-Seele-Dichotomisierung, Kurz wählen, in Aufzüge pissen, Kompost in den Restmüll werfen, jemandem wegen einer religiösen Angelegenheit töten, Nägelkauen, jemanden wegen einer unreligiösen Sache töten, die Hand ganz lappert geben, Tieren die Beine auszupfen, immerzu über Trump reden, eine Frau fragen, ob sie leicht grad ihre Tage hat.

Was war dein eigener peinlichster Fauxpas?
Alle, bis auf Mord und türkisblau wählen

Gutes Benehmen in modernen Lebenslagen:


Frau Gudrung L. fragt: Darf man in Gegenwart von hochrangigem Staatsbesuch speiben? Wenn ja, wohin?
René: Speiben immer nur in die rechte Ecke bitte!

Herr Benjamin U.: Was mache ich, wenn neben Vladimir Putin am Pissoir stehe? Ist es unhöflich, auf seinen kleinen Kreml Chef zu schauen?
René: Eventuell bei Fr. Karin Kneissl fragen? Oder einfach direkt ans Außenministerium wenden. Falls dir das allerdings öfter passiert, würde ich mir überlegen, mit wem du Umgang hast ...

Herr Peter W.: Ich weiß nie mit welcher Gabel ich meiner Sitzpartnerin oder meinem Sitzpartner in die Hand stechen soll, wenn er/sie sich abschätzig über Flüchtlinge äußert!

Frage: Nach wütenden Protesten gegen die Kürzungen der oö. Landesregierungen im Kulturbereich (es kam zu selbstgemalten Schildern und satirischen Erwähnungen) lenkte LH Stelzer ein und erhöhte unsere Fördersumme um ein Viertel (geht halt leider wieder wegen der Indexanpassung für unsere Kinder im Ausland drauf, danke Kurz!). Wie fest dürfen wir ab jetzt die Hand, die uns füttert, noch beißen?
Antwort: Schon noch fest, auch wenn es den OLW wegen ihres verbindlichen Gemüts mehr weh tut als dem LH. Leider liegt es in der Natur der Kunst, dass echte Satire eines Feindes bedarf. Ohne demokratisch legitimierte Eiche haben die freischaffenden Schweine nichts mehr, an dem sie ihre juckende Borke kratzen können. Wir haben es ja selbst gesehen: Wenn wir uns fest am Stamm des Baumes reiben, fallen schmackhafte Früchte herunter!

Frage: Ich bin Araber und betrete Österreich. Wie kann ich mich am besten integrieren?
Antwort: Leider haben Sie durch diese Grenzüberschreitung Ihr Existenzrecht, das ohnehin schon in Ihrer Herkunftsregion ein moralisches Ärgernis bedeutet hat, verwirkt. Nun können Sie die notwendige Mühewaltung zur Bewahrung der nationalen Integrität nur noch durch Ihre selbst ausgeführte letale Entnahme hintanhalten. Apropos!

Frage: Was ist bei einem Mord, der intensivsten sozialen Interaktion, heutzutage zu beachten?
Nun: Auch in unseren schnelllebigen Zeit ist höchstes Augenmerk auf die Waidgerechtigkeit zu legen! Diese Verhaltensnorm wird immer wieder aufs das Unschönste missachtet. Zum waidgerechten Mord gehört das Ansprechen des Opfers ebenso wie die Beachtung der Schonzeiten, die beinhalten, dass keine schwangeren Frauen getötet werden, und dass einem Säugling nicht die Mutter weggeschossen werden darf; entsprechendes gilt für die Brutzeiten nach dem Abstillen. Eine erlernbare Voraussetzung für waidgerechtes Morden ist die Fähigkeit des Mörders etwa als Schütze, einen Blattschuss so anzutragen, dass das Opfer nicht leidet, sprich: dass es den Schuss gut annehmen kann. Nach dem Aufbrechen des Gemordeten ist ihm ein Latschenzweig zum Zeichen des Waidmannsdankes in den Mund zu legen. Leider ist zu beobachten, dass viele zeitgenössische Mörder billige Fichtenmonokulturzweige verwenden. Das ist ein grober Verstoß gegen die Sitte, die mit lebenslanger Haft oder gar Entzug der Jagdlizenz zu ahnden ist.