Freitag, Juni 15, 2018

Götterdämmerung. In zeitgemäßer Bearbeitung für den oö. Kultursommer

 

Die Aufführung des Dramas ist der Tips-Arena zugedacht, alle anderen Theater vermöchten ihm nicht standzuhalten. Ein tropischer Sommerabend in Linz. Geschampertes Premierenvolk, viel Wichtelstuben-Tracht, aber auch Abendkleidung von Fussl.


LH Stelzer beugt sich hinüber zu Vizelandeshauptmann Haimbuchner: Des wird jetzt a Leistungsschau vom oberösterreichischen Kulturstandort!

Haimbuchner: I gangad nia ins Theata, owa des schaut supa aus!

Stelzer: Goi? Voi! Und waaßt wos: Kimmt da des Bühnenbüd bekaunt voa?

Haimbuchner: Scho a weng! Maanst du des große Porträtbüüd in da Mittn?

Stelzer: Naa, des kenn i goa ned.

Haimbuchner: Ned?! Des is da Anton Rheinthaller, unsa ersta Bundesparteiobmann.

Stelzer: Ah. Woa des ned der SS-Brigadeführer?

Haimbuchner: Jetzt faung du ned aa mid da Nazikeule au! Der hod in Glosnboch eh gelitten! Ein Ehrenmann! Der hod des Laund wieda aufbaut!

Stelzer: I hob eh nur gaunz wertfrei gfrogt. Owa jetzt sog, des Bühnenbüüd! Wos glaubst?

Haimbuchner, schaut, staunt: Naaaa!

Stelzer: Joooo!

Haimbuchner: Des is jo de Eirichtung vom Musikantnstodl!

Stelzer: Jawoi! Hamma von Willhaben. Gscheid büli.Des Beste is – de Kritika wern song, des is ironisch.

Haimbuchner: Klass! Is si des midm Büdsché ausdagaunga? Is da Gabalier a bissl owagaunga? I maan, bei 150.000 fia des Libretto hod's mi schau a weng grissn.

Stelzer: Jo, mia ham oafoch des Literaturbüdsché hergnumma.

Haimbuchner: Du Fuchs!

Die Musik hebt an, ein melodiöser Kompromiss aus „Peter und der Wolf“ und der Landeshymne.


Vorspiel

Ein Wohnzimmer in altdeutscher Eiche, drei alte Frauen vorm Röhrenfernseher.

Erste: Wos isn leicht heid im Programm?

Zweite: Bundesland heute. De Westring-Eröffnung.

Dritte: Ah schau, da Kaunzla!

Die drei schnattern erregt: Fesch! Fesch! Ma! So jung! Gschickt!

Die Bühne dreht sich, das Publikum quittiert den special effect mit einem ersten Zwischenapplaus. Wir sehen nun Brunis Schlafzimmer (gesponsort vom XXXLutz).


Erster Aufzug

Bruni: Ma, gehst scho wieda?

Sigi, sich die Lederhose wieder anziehend: Jo... woaßt eh. Mia miassn Maibaam stöhn in Sicking drüm.

Bruni: Schee woas!

Sigi: Jo. Voi klass!

Bruni: Mogst mi eh?

Sigi: Waaßt das eh!

Bruni: Geh weida, bleib nu.

Sigi: Naa, da Hacki und da Günni woatn scho.

Bruni: Maaa.

Sigi: He, kaunst du ma auf wos aufpassn? Is owa geheim!

Bruni: Jo! Jo! Wos isn des, a Schlissl?

Sigi: Des is ned nua a Schlissl, des is da Universalschlissl zum Westring! Do kaunst üwaroi eini damit! In gaunzn Tundl kinntast odrahn, vastehst?

Bruni: Wo hosdn den her?

Sigi: Vom Papa vom Hacki. Der sitzt do im Übawochungsbüro, des is da Sicherheitschef von dem Gaunzn. Mia ham erm den gfladert... des woa a Mutprobe.

Bruni: Spinnst?!

Sigi: Des woa im Hacki sei Idee! Passt ma auf drauf? Ned dass in valia jetzt.

Bruni: Dafia muassd ma sogn, dass d mi mogst.

Sigi: Jo.

Bruni: Sog's!

Sigi: I tua's eh. He, kau i dei Auto hom?

Bruni: Sog's!!!

Sigi: Du bist supa, danke!


Das Bühnenbild dreht sich wieder. Wir sehen Günni und Hacki vor dem Feuerwehrhaus. Spotlight auf das Zipfer Dosenbier.

Zweiter Aufzug

Hacki: Bist du eigentlich schwul, Hawara?

Günni: Wo is mid dia!

Hacki: I maan nua. Weil mid de Hosn is ned vü los bei dia.

Günni: Bisd augrennt? I hob scho voi oft mid aaana!

Hacki: Fesche madl brauchn flotte buam hollero

zum zuwadruckn liabm und zum gspiarn

wei ma euch bussl wenns es brauchts vom kopf bis zu di fiaß

jo mei gott seids es feschn madln siaß

Zwischenapplaus des Publikums, es hat das Gabalier-Zitat sofort erkannt. Hacki: I glaub, dir taugt die Bruni vom Sigi.

Günni: Oida! Na!

Hacki: I siach jo, wiasd as oiwei auschaust.

Günni: Loss mi in Ruah, Typ!

Hacki: I glaub, du bist wirklich schwul. De Bruni is voi schoaf.

Günni: Voi.

Hacki: Wüüst as? I wissat wia.

Günni: Naaa...

Hacki: Schwucht.

Günni: Hawara! Ok. Wos soid i tuan?

Hacki: Pass' auf...

Sigi: TSCHAAAAA!

Hacki und Günni: Oida! Ma host du uns gschreckt! Herst!

Hacki: Heil! Siegfried, teurer Held!

Günni: Derf ma des wieda sogn?

Hacki: Is ja nua a Zitat.

Sigi: Seid's deppert, es Nazi?

Günni und Hacki: He! He! Bisd wo augrennt? Wüsd Schläg'?

Sigi: Wisst's gaunz genau, dass i a Roda bin, weil ich wüü amoi an Postn!

Stelzer und Haimbuchner raunen, das Publikum auch.

Sigi: I respektier' eich eh, die FPÖ kau ma wirklich jetzt wöhn... Steigt's ei, i hob des Auto vo da Bruni!

Spotlight auf die finstere Bühne – ein polierter 3er-BMW erglänzt, „Ooooh“ staunt das Publikum. Die drei Burschen steigen in das getunte Auto, Stelzer flüstert „made in Steyr, de ham aa einzoid!“ Sigi dreht den Radio auf, kurz hört man Zitherklänge von „Gsunga und gspüht“, dann legt Sigi eine neue CD ein.


Günni: De echte Voiksmusik is owa irgendwie aa schee.


Als das Publikum „Kleine heile steile Welt“ von Gabalier hört, juchzt es:

"I glaub an mei Land und die ewige Liab

Nix is mehr Daham als ein Schnitzel aus der Pfann

Tradition leben, mit der Zeit gehen

So wie's früher in der Milka-Tender-Werbung war

I glaub an Leut, die sich geben wie sie sind

In einem christlichen Land hängt ein Kreuz an der Wand ...

I glaub an den Petrus an der Himmelstür

Der sagt, komm her zu mir, Bua i muss reden mit dir

Vaterunser beten, Holzscheitelknien

Nach einem Zeltfest im Rausch am Heuboden die Unschuld riskieren...“


Das Publikum poscht rhythmisch mit. Es wird dunkel auf der Bühne.


PAUSE.


Dritter Aufzug.

Szene: Einfamilienhaus, die Morgenvögel zwitschern, Hacki torkelt daher, bleibt stehen und öffnet den Lederhosenstall, brunzt in festem Strahl gegen die elterliche Thujenhecke. Lacherfolg beim Publikum. Als der junge Mann, vergeblich versucht, das Schlüsselloch zu treffen, reißt sein Vater Albert die Tür auf.

Vater: Gfrast!

Hacki: Hö!

Vater: Bsuff!

Hacki: Ma, Papa...

Vater: Mia zwaa ham wos zan redn!

Hacki: Papa ned!

Vater: Wo is mei Schlissl!

Hacki: Wöchana?

Vater: Na wöchana! Der vo da Hockn! Mei Westring-Schlissl! I hob nan gestan in Herrgottswünkö glegt! Du hosd as genau gseng! I hob dia und da Mama vazöht, dass ma den ned auglenga derft's!

Hacki: Ah... i woaß nix.

Der Vater reißt ihm ansatzlos eine. Haimbuchner pufft Stelzer in die Seite und grinst, „so geht des mid da Pädagogik!“

Vater: Amoi nu: Wo is mei Schlissl!

Hacki heult: Nimma haun!

Vater reißt ihm zur Sicherheit noch eine. Haimbuchner gluckst.

Hacki: Den hod da Sigi seina Oidn gebm! Er is schuid, i hob nan nua herzaagt!

Vater: Du Klachö! Waaßt, wos passiert, wenn der Schlissl in de foischn Händ kimmt? Der gaunze Wirtschoftsstaundort sandlt owe, waun da Vakehr steht!

Hacki: Da Sigi woas! Er hod mi zwunga! Er woit de Bruni beeindruckn! Der ghert ins Häfn! Er ist a gaunz a Linka! Er wü zum Islam üwatretn!

Der Vater zieht den Sohn am Genick ins Haus. Na woat, den Terroristen kauf i ma! Und du hüfst ma!




Letzter Aufzug

Das Licht geht an, die Bühne dreht sich. Das Publikum staunt über die lebensechten Kulissen des herrlichen Salzkammerguts. Es erklingt die Melodie des „Wildschütz“. Sigi stapft einher, er trägt eine abgesägte Schrotflinte und einen zünftigen Rucksack. Sein Handy klingelt.

Sigi: Günni! Wos is? I geh auf a Gams. Wos? Nu amoi. Ha? Wieso soid mi da Hacki vapfiffn hobn?! Des is mir doch wurscht, wos sei Oida sogt, der ozwickte Meterpriagl! Jetzt sei ned so a Pussy, i bring eam den Schlissl eh wieda zruck. Wiasd maanst, foahr zur Bruni, mir wurscht. Sie soi dan gebn, waun da leichta is.

Er legt auf und will weitergehen, da teilt sich das Latschenmeer und Hacki tritt vor ihn.

Sigi: Hötaus! Gibt's des?

Hacki: I hob gheat, du gehst auf a Gams.

Sigi: Wer hod da des gsogt? Wos schausdn so?

Hacki: Sitz her. Trinkma an Obstler.

Er hält Sigi den Flachmann hin, der macht eine ablehnende Geste.

Sigi: I mog ned. I soid nimma so vü tringa.

Hacki: Hä? Owa a Bral isst scho? Is vo da Mama, hausgschlocht.

Sigi: I reiß mi ned um a Saufleisch.

Aus dem Gebüsch bricht jetzt mit einem Schrei Vater Albert: Volksverräter!

Hacki reißt die Schrotflinte aus Sigis Rucksack, der versucht zu fliehen.

Vater: Tua's!

Hacki schießt ihn in den Rücken.

Vater: Es muass sei. Gib' her die Krochn, de hauma in d'Klamm. Mir song, es woa a Bandenkrieg. Da Sigi hod si radikalisiert.

Hacki: Schwul woa ra aa.

Vater: Es is bessa so.

Hacki: Jo, Voda.

Vater: Weil ois, wos is, muass endn.




Nachspiel

Ein letztes Mal dreht sich die Bühne, wir sehen Sigi vor der Himmelstür. Er klopft, es wird ihm aufgetan. Gleißendes Licht dringt aus der Pforte, dann erkennt das Publikum Petrus. Er hält ein Holzscheit in der Hand.

Petrus: Bua, i muass redn mid dia.

Sigi: Vater unser!


Petrus legt ihm das Scheit hin, Sigi kniet sich drauf, er schluchzt ein wenig. Da tritt eine Lichtgestalt neben Petrus hin. Das Publikum schreit auf, als die ersten erkennen, dass es Bundeskanzler Sebastian ist, der die Star-Rolle des Messias übernommen hat. Er breitet die Arme segnend aus. Stelzer und Haimbuchner stehen auf, das Volk folgt.


Da verfinstert sich der Himmel. Ein gewaltiger Hintern breitet sich über die Tips-Arena und bedeckt das ganze gottlose Treiben mit einem großen, großen Haufen Gotteskot.


Ein Hoch auf die Macht der Literatur!