Montag, April 29, 2024

Schadensmeldungen. Höhere Gewalt

[Ein Text für die jüngste Lesebühne, leider aus autobiographischer Inspiration entwachsen. Mit Gruß an die Mutter - wo auch immer sie gerade ist -, die einst beruflich Schadensfälle verschriftlicht hat

An die Wiener Städtische, Absender Kulturzentrum Hof, Kurzbezeichnung des Schadens „Meteoriteneinschlag“, Datum 8.2.2024

Im Zuge der Diskurstanz-Interpretation des mesozoischen interstellaren Großereignisses (KT-Impakt nahe der Halbinsel Yucatan vor 66 Millionen Jahren) kam es an besagtem Abend im Rahmen eines Gastspiels der Original Linzer Worte zum Schadensfall. Mag.a. Dominika Meindl kollidierte im Zuge ihrer Darstellung eines dem dritten Massenaussterbens anheim fallenden Nicht-Vogel-Dinosauriers aufgrund zu schmaler Sehschlitze in ihrer Godzillamaske zunächst mit Dr. Martin Fritz auf seiner elliptischen Bahn als personifizierter Asteroid, kurz vor dem Einschlag in Prof. Klaus Buttinger (konkret: Mutter Erde), wodurch das mobile Leuchtmittel sowie ein von innen beleuchtbarer Globus leicht beschädigt wurden. Mag.a Meindl kam in Folge ihrer Ausweichbewegung zu Fall, was aufgrund des aufblasbaren Tyrannosaurus Rex, den sie als vorgetäuschtes Jungtier in ihren Armen hielt, verstärkt wurde. Der kaum gebremste Sturz riss die sich auf der Bühne befindliche Beamer-Leinwand mit, und aus unsererseits nicht mehr eruierbaren Gründen sodann auch unseren Bühnenbambus samt Mink-Vase. Gerundete Schadenssumme: 25 € Frackhosenreinigung wegen aufgewirbelter Feinsedimente + 34.000 € Ruf- und Kreditschädigung, da der Eindruck entstand, Mag.a Meindl wäre patschert.


Apropos Godzilla: The United States of America meldet an die Everest Re Group:

Aufgrund von Befall durch einen Ankylosaurus aka Godzilla sind folgende Schäden an der US-Amerikanischen Infrastruktur entstanden:

  • Zwei Fischerboote
  • Zerstörungen an einem New Yorker Fischmarkt
  • Evakuierung New Yorks
  • Erhebliche Schäden an der MS Navy Mississipi beim Versuch, Godzilla mit einem toxischen Wal zu vergiften
  • Zerstörung von 13 Prozent Manhattans
  • Sanierung Madison Square Park (Nestablage des Ankylosaurus)
  • Drahtaufhängung der Brooklyn Bridge bei der letalen Vergrämung des Problemsauriers
  • Ruf- und Kreditschädigung aufgrund einer aus dem obgenannten Schadensfall folgenden Verfilmung von Seiten Ing. Roland Emmerich.


An die Wiener Städtische, Präsidentschaftskanzlei Schönering, 21.4.2024:

Sehr geehrte Damen und Herren, da beim Versuch der letalen Vergrämung von Jungtieren der Spezies Ankylosaurus seitens von Mag. Roland Emmerich mindestens ein Exemplar übersehen wurde, konnte dieses aus New York entweichen und sich seinerseits zwecks Brutablage in der Liegenschaft Leitenweg 7 in 4073 Wilhering einzunisten. Durch die bei der Bebrütung der Eier entstehende Wärme schmolz laut Gutachter Ing. Franz Gsengsbratl der Permafrostboden, der sich als geologische Singularität zwischen Günz- und Mindel-Eiszeit unter besagter Liegenschaft gebildet hatte. Wasser konnte austreten und hat diesen Schaden verursacht: S. Bildbeilage. [Wir sehen feuchte Mappen mit Studienunterlagen zum Thema „Singularität und Alterität. Ethik und Politik der Dekonstruktion unter besonderer Berücksichtigung autobiographischen Schreibens“ Abb. 2. Wir sehen ein Foto von der Tombola des Grauens Abb. 3 ein Post-It auf einer Schachtel mit Playmobil, versehen mit der Notiz „Das münkelt!“]


Der Schaden schreibt an die Haus-Versicherung:

Gestern Abend hat sich ein Fundament gebildet, drauf ein Keller!!!! Wie gibt’s denn sowas? Und heute Morgen steht schon das Untergeschoß! Bitte um rasche Rückmeldung, bevor ich ein Einfamilienhaus werde!


Schadensfall in etwas größerer Dimension, in Dialogform:

Frau Welt hat sehnsüchtig auf den Kammerjäger Luzi Fehringer gewartet.

Welt: Gut, dass Sie kommen! Sie sind überall!

Fehringer: Jetzt beruhigen's Ihna, wir mochn des scho. Waun hod denn des augfaungt?

Grod erst, vor 1,5 Millionen Jahren!

Daun kaun's ned so schlimm sei, des is jo nix. Zaagns mas amoi, daun schauma, wos hod.

Frau Welt bläst sich die Wolken aus der Atmosphäre und zeigt ihre Oberfläche. Fehringer zischt durch die Zähne.

Oajeh, des is schlecht.

Was!?

Se ham Menschn, und wia's ausschaut fost üwaroi!

Ja wie gibt’s denn sowas!!!!! Ich hab immer auf Hygiene geachtet!

Des geht oft schnöö, waun ma das üwasiacht, dass am de ausm Wossa oposchn.

Na hallo! Dawei hob i so aufpasst! Immer alle vorgeschriebenen Wartungsarbeiten gemacht! Asteroideneinschläge, Eiszeit, Vulkanausbrüche! Wie vom Chef vorgschriem!

Jo, da Chef is do a weng im Wiglwogl, er mog de Gfrasta irgendwie. Owa in der Menge, da miassma wos tuan.

Gehn's bittscheen!

Foigendes: I drah jetzt amoi d'Heizung auf, und daun schauma, ob's weniga werdn. Und i bring eana a Packl mit Nützlinge, es straans aus üwa Ihna, des hüft, dass ma den Bestaund dezimiert.

Ja, gut. Was is denn da genau drin?

Des is a Mischung, aus SUVs, Webergrille und Drohnen, oiso männliche Oarbeitstiere. Waun's von de zvüüü gibt, woin olle an die Mocht, und daun bringan sa se gegnseitig um.

Na hallo, was ist denn das für eine unnedige Spezies! Und das auf mir!

Gnä Frau, ois is fia wos guad, aa waun mia des ned oiwei einseng.

Dienstag, April 02, 2024

Danke an: Multivitaminsäfte, liberale Gatten, das Nettsein. Und Danke für nichts, André Heller!

Ich weiß, dass die Welt existiert, weiß aber nicht, ob ich existiere." Robert Walser

Foto: Dieter Decker


Was ich alles für die Welt-Lesebühne schreiben wollte:

Der Karfreitag ist der Tiefpunkt der Passionsgeschichte, er bereitet die Erlösung durch das große Opfer vor. Deswegen ein kurzer Gedanke an den Multivitaminsaft, der sich selbstlos der Verarbeitung der nicht übermäßig beliebten Passionsfrucht annimmt. Aus „Mein schöner Garten“: „Die Jesuiten, die die Frucht nach Europa importierten, meinten, in der Blüte das Leiden Christi zu erkennen: Die Kronblätter erinnerten sie an die Dornenkrone, die fünf Staubblätter seine Wunden. Die drei Griffelnarben sollten Jesus und seine beiden Leidensgenossen am Kreuz darstellen.“ Man isst das an sich schmackhafte Fruchtfleisch samt lästiger Kerne, was sich als Metapher für Religion eignet oder auch nicht. Der Multivitaminsaft jedenfalls besteht aus passiertem Obst, der Smoothie anvant la lettre, und das kann man einfach einmal lobend erwähnt haben. 


Weltreligion

Übrigens gäbe es keine einzige Glaubensgemeinschaft, wären alle Menschen so wie ich (das stelle ich einmal wertfrei in den Raum). Erstens sitze ich nicht gern still und höre einem AWM beim Mansplainen zu, deswegen möchte ich mir alle Stunden Gottesdienst für die Pension anrechnen lassen. 2.: Wäre Pontius Pilatus eine meiner Präinkarnationen, hätte ich dem geifernden Volk gesagt, es solle sich nicht so aufpudeln, der Jesus sei ok, bissi sendungsbewusst, der fällt halt manchmal ins Predigen, aber er ist persönlich ein ganz ein Netter, und sein Vater, der Tischler Sepp, hat meinem Vater damals einen super Bauernkasten gemacht, der steht jetzt noch tadellos da. So, jetzt geht’s heim und trinkt's ein Bier, der Jesus auch, keine Fisimatenten, sonst werd ich steirisch! Ob diese Geschichte eine Metapher für Multivitaminsaft ist, müsst ihr entscheiden, ich will das Nettsein und Nichtaufpudeln einfach einmal lobend erwähnt haben. 

 

Die Welt ist mehr als genug (OÖ-Übersetzung „D'Wöd is in d'Haut eini gmua“)

Der weltlangweiligste Agentsriller: Pierce Brosnan bekommt den Auftrag, die Milliardärstochter Sophie Marceau zu beschützen, die eine Ölpipeline durch Aserbaidschan baut. In langen Diskussionen und mit GV kann Brosnan sie zum Verzicht auf fossile Brennstoffe überreden, Marceau dreht den Ölhahn, was für die Umwelt gut ist, für den Feminismus ein Rückschritt, weil es eh so wenige Frauen in den MINT-Fächern gibt. Marceau dreht La Boum 3, züchtet Sulmtaler Hühner und wird zur Ikone der Decarbonisierung, nicht einmal die affigen Rennräder der Hobbytriathleten dürfen noch aus Carbon sein, nur noch Durchfalltabletten. Pierce Brosnan wird Leiter der Gourmetleiter des Hitzinger Spars und redet dort der Wilheringer Bevölkerung an der Feinkostbudel das Fleischessen aus. Beim Zeltfest der Freiwilligen Feuerwehr „Sommer Sonne Edramsberg“ verliebt er sich in eine regional erfolgreiche Schriftstellerin, es gibt GV unter dem Firmament des Zentralraums. Der Gatte kommt ihr auf die Schliche und schimpft sehr, aber dann sagt er, ok, es ist immerhin Pierce Brosnan. Ob das ein gutes Ende für einen Agentensriller ist, müsst ihr entscheiden, ich will die österliche Großherzigkeit des Gatten einfach einmal lobend erwähnt haben.


Die Welt ist nicht genug

André Heller, Zaubermogul des Staunens, will sein Alterswerk mit einem gigantischen Generalkunstwerk aller Sparten krönen. „Austria, Austria“ soll es heißen, die magische Supershow im weltgrößten Zirkuszelt. Artisten, Tiere, Attraktionen – er will damit nach China reisen und Brücken bauen, Brücken zwischen den Kulturen! Abfahrt, Slalom, Super-G rast künstliche Mausefallen herunter, Tiroler Grauvieh springt – ein Wunder alpiner Dressur! – durch brennende Zirbenholzreifen, Alfons Haider und Silvia Schneider moderieren, aus der DNA Anton Bruckners wird ein ganzes Orchester geklont, bissi spooky, aber man muss groß denken, meine Freunde, große Gedanken machen große Werke!

Dann deckt das OLW-Correctiv auf, dass André Heller nicht nur ganz Österreich spiegelverkehrt, aber in Originalgröße rund um das raubkopierte Hallstatt nahe Hongkong erbauen hat lassen, gleichsam als gefälschten Rahmen, um 800.000 €. Das sei doch nur ein Scherz gewesen, verteidigt sich der in einen Shitstorm geratene Künstler, der das Staunen nicht verlernt hat, Geistesmenschen denken eben groß und bauen Brücken, denn man darf das Staunen nicht vergessen! Aber dann kommt auf, dass er einem aserbaidschanischen Öloligarchen gleich ganz Österreich verklopft hat, und das ist dann wirklich zu viel, denn der will es abtragen und Stein für Stein im Gewerbegebiet von Baku aufstellen, mitten drin die vom Brosnan Pierce mühsam verhinderte Pipeline.

Die Bundespräsidentin sagt „Jetzt reicht's, Heller, ich mag von dir nichts mehr hören! Er wird zum neuen künstlerischen Leiter der KTM-Motohall und muss gemeinsam mit Dietmar Kerschbaumer künftig die Klos im Strandgut putzen, als Ehrenamt! Ob das die gerechte Strafe für ein Leben voller nervtötender Dampfplauderei ist, müsst ihr entscheiden, es ist ja sehr schön im Strandgut, und die Klos immer tipptopp, ich will nur die beherzte Durchgriffsfreude des Staatsoberhauptes einfach einmal lobend erwähnt haben.