Man soll sich an Eichen mit großer Fallhöhe reiben. Irgendwas am Weltenkünstler Heller macht mich unrund (vgl. Paolo Coelho). Es wird der Neid sein. Ich möchte mein unangenehmes Ressentiment durch die Kraft der Literatur in positive Energie verwandeln.
Aschenbecher "Alle Kunst, die der neidigen Autorin möglich ist" Salzteig und Goldlack,Wien 2005
André Heller, Mogul der Zaubermagie, betritt den geheimsten Sitzungsraum im UN-Hauptgebäude. Als das fantasielos zusammengewürfelte Interieur sein Auge beleidigt, versucht er, sich nichts ankennen zu lassen, „denn wer bin ich denn um der Güte des Himmels willen, über andere zu urteilen!“, wie er immer sagt. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verbeugt sich vor dem Gärtner des Südens. „Haha, schon dass kommen konnten, Herr Heller, mir wurde Sie hier in Wien von sehr viele empfohle! Große Visionar!“, sagt der taubengraue Südkoreaner. Heller zieht einen türkisen Seidenschal aus der Tasche und drapiert ihn um den Hals des Botschafters aller Nationen. „Na schaun'S, das ist genau Ihre Farbe. Wir müssen alle bunter werden!“ KiMoon verbeugt sich noch einmal, „nehmen bitte Platz!“ „Nein, BanKi, ich tu' unheimlich gern lustwandeln beim Denken, wie der Aristoteles*, das Bewegen des Körpers bringt auch meinen Kopf in Bewegung, damit er im Gang durch die Geisteswelt bei sich selbst wieder ankommen kann!“ Ki Moon nickt höflich, Heller hakt sich bei ihm ein und beginnt durch den Raum zu spazieren, als wäre es sein Dichtergarten, sein Giardino am Gardasee oder der unlängst eröffnete „Anima“-Garten in Marrakesch. „Pflanzen, hier fehlt atmendes Grün!“
„Herr Heller, wir haben große Projekt fur Sie.“
„Das größte Projekt ist es, bei sich selbst wieder Kind zu werden!“
„Ja.“
„Das ist die Wallfahrt zum Allerheiligsten der Phantasie! Im Übrigen schreibe ich Phantasie immer noch mit PH, das lasse ich mir nicht nehmen, auch wenn man das im gesprochenen Miteinander nicht hört, aber man merkt es doch: Phantasie! Da muss ich an mein Lieblingsprojekt denken, die Clownparade beim Jahrmarkt der modernen Kunst, mit Feuerspektakel...“
„Ja. Herr Heller, Vereinte Nationen brauchen Kraft der Phantasie für reconstruction von failed state.“
„Wenn ihr wollt, ist es kein Traum! Wir sind alle miteinander in einem riesigen Lernprozess verbunden, und darin müssen wir lernen, das Miteinander zu bauen! So wie damals bei den Kristallwelten!“
„Kristallwelten konnen Sie bauen. Waren Sie schon einemal in Kongo?“
„Lustig, dass Sie mich fragen, ich hab erst gestern eine ganz liebe Postkarte von meinen Artisten aus Brazzaville bekommen, die wirklich das Herz meiner Show von Afrika!Afrika! Gebildet haben. Begnadete Körper! Die sind immer noch so dankbar, dass ich sie in Europa hergezeigt hab'...“
„Also bauen Sie Kongo wieder auf fur uns.“
„Da kommt mir gleich ein Varieté an Ideen! Im Vorjahr hab ich ja für die Vereinigten Arabischen Emirate eine ganze Insel designen dürfen. Mit Garten.“
„Schon.“
„Wissen Sie, Herr KiMoon, erst im Garten kommt der Mensch zu sich. Wir müssen alle Gärten schaffen! Und erst darin können wir unsere Phantasie entfesseln!“
„Kongo ist großes Problem.“
„Gerade in Äquatorialafrika blüht doch alles so herrlich! Wir verwandeln ganz Zentralafrika in einen einzigen Garten, in dem die Menschen sich dann begegnen können! Wer einen Garten baut, kann kein Gewehr halten!“
„Ja, gut. Dann noch Tschetschenien, Afghanistan, Syrien.“
„Die Kultur der Gastfreundschaft! Die Weisheit der Völker! Herr Ki Moon, da veranstalten wir einen Festabend – Im Herzen des Lichts, dazu baut jedes Volk ein Wunderkabinett! Und in diesen Ländern wird dann der Alltag per Dekret verboten. Es kommen die Kinder an die Macht!“
„Viele Dank, Herr Heller, große Hoffnung haben wir, Budget auch.“
„Über das Geld reden wir dann erst am Schluss, das hemmt meine Phantasie!“
KiMoon verbeugt sich, Heller drückt ihn an sein Herz und tanzt aus dem Büro.
Als er wenig später am Praterstern umsteigen muss, winkt er den Sandlern und Tranklern zu, schmeißt den bettelnden Romakindern etliche Münzen in die Becher. „Ihr seid die wahren Lebenskünstler!“ sagt er respektvoll, bevor er in den Hundshaufen tritt, den der Bullterrier des besoffenen Punks grade gelegt hat. „Na geh, Schas!“, ruft Heller, da muss er aber eh schon wieder schmunzeln, „da hab ich jetzt was lernen dürfen!“ Er zieht sein seidengebundenes Notizbuch heraus und notiert mit der Füllfeder, in herrlicher Kalligraphie: „Mit beiden Beinen am Boden bleiben, aber auch einmal den Blick nach unten richten!“ Daneben schreibt er noch: „Welt retten nicht vergessen!“
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