Donnerstag, September 01, 2022

Katzen im Puff, ethischer Müll und Hansi Hinterseers Lügenhunde

Phantomereignisse im August 2022

1.8.

Was mein Leben reicher macht: das Klackern des Rings auf der Maus. Es hilft hinein in die Arbeit. Sofort wieder das Gefühl, gerade nicht das zu machen, was gemacht gehört. Dafür sind die Laden in der Küche neu beräumt. Morgen schreibe ich den Rasen fertig und mähe den Roman. #haha

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Insgesamt während des verbleibenden Lebens beizubehalten: Mitte Juli abhauen, so hat man Ruhe während und nach dem Urlaub. A-saisonale Urläube sind zu teuer aus dem Erwerbsalltag herausgekauft. Insgesamt wird mich aber mein Wunsch nach Ruhe bald in den Ruin treiben.


2.8.

Bruckner ja, Operette weiterhin nein.

4.8.

Eine große Freude ist es, die eigenen Worte in Gebärdensprache zu sehen. „Es knirscht im Gebälk!“ ist ganz dezent, die Bedrohlichkeit sehr subtil. Und recht komplex die Zeichen für „goldenes Matriarchat“, vielleicht übersetzt „morgensonnenfarbige Gewaltherrschaft gebärfähiger Homines sapientes sapientes“. Auf die Frage an das Publikum, ob es noch Fragen gebe, wünscht eine Frau, die Gebärde dafür noch einmal sehen zu dürfen.

Leichte Entwöhnung vom Stadtleben, aber das Landmaus-Dasein ist ein Privileg des Sommers.

5.8. WIEN

Aufwand und Publikumsandrang sind in schwerster Dysbalance, aber daran habe ich mich seit 2008 gewöhnen dürfen. Und andererseits war ich vor einem Auftritt auch noch nie baden. Das Wasser der Alten Donau ist so warm wie die Luft.

Die Anmoderation des Rappers Kid Pex ist erfrischend reduziert, er spart zu recht seine Kräfte angesichts der Tischler-Handvoll Pub: „Jetzt kommt eine Lesung, von einer Dame und einem Herrn. Und nach der Lesung gibt es dann frischen Hip Hop aus Wien“, es folgen relativ viele Infos zum Hauptact, die fünf zum Zuhören vergatterten Jugendlichen klatschen, dann: „Jetzt aber kommt die Lesung!“ Bald schleichen die jungen Leute davon, der Praktikumstag endet. Recht haben sie. 

Der Spieler und die Trinkerin. Foto: Dieter Decker

Das exklusiv verbleibende Publikum tut, als sei es gut unterhalten, am deutlichsten beim Marienerscheinungsquartett, das ich dem armen Trawöger schon wieder aufnötige. Aber er spielt ein Instrument, da muss ich auf jämmerliche Weise mitzuhalten versuchen, indem ich ihn im unwichtigsten Wettbewerb der Welt besiege. Eingereicht haben wir eine Stunde zum Thema „Spiel“, es wird allerdings eine Belangssendung des oö. Tourismusbüros. 

„Die 32 glanzvollsten Auftritte unserer Gottesmutter“ ist übrigens nicht ironisch gemeint, wie mir jetzt erst bewusst wird. Bei Gelegenheit einen Essay schreiben über die Quartett-Kategorien: UFOs, Atomkraftwerke, Seuchen, Tyrannen, Rauschgift. Die meisten davon hat man mir schon zum Geburtstag geschenkt.

Waren während der Lesung sehr, sehr viel mehr Menschen außerhalb als innerhalb des Lese-Pferchs, strömen sie mit dem ersten Beat wie die Donau herein. Sehr viele junge Menschen, und auch die Stars (Chris, Yasmo). Das muss man in der Literatur aushalten. Oder Rappen lernen.

Das Gespräch verstummt automatisch, sobald sich Dieter Decker mit der Kamera dem überfüllten Mistkübel nähert und in die Knie geht. Es plätschert erst wieder, nachdem er ein Foto gemacht hat.

Vor der Heimfahrt versuchen Decker und ich, am Hauptbahnhof Dosenbier zu kaufen, aber es scheint zu spät. Bis sich ein Mitarbeiter der „Wurstboutique“ unserer erbarmt und uns über einen überraschend komplizierten Umweg das Rauschgift aus Ottakring aushändigt – trotz scheußlichen Muskelkaters, wie er sagt, und nach einer 12-Stunden-Schicht. 

Foto: Dieter Decker

 

Decker: „Emotionaler Futterneid“

Wir teilen die nostalgische Neurose, bei Bahnhofsaufenthalten nicht aufs Klo zu gehen (damit man nicht auf die Schienen ludelt).

6.8.

Enttäuschung bei Hund und Herrin, dass die zwei Kampfhunde (Pascha und Chloe) sich auf keinen Raufhandel einlassen wollen. Wir wechseln in die gemäßigte Hundezone, wo die Collies und Retriever Julius und Finn heißen.

7.8.

Es soll mir in ewiger Erinnerung bleiben, dass mir das Wochenende zwei(!!) gute Mittagsschläfchen beschert hat.

8.8.

„Die Spitzin“ ist ja noch viel ärger als „Krambambuli“. Jetzt bin ich viel zu erschüttert, um selbst was zu schreiben. Leider ist aber alles andere Dringende erledigt, sodass doch nichts anderes übrig bleibt. Zum Glück habe ich schon ein wenig Hunger.

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Deutsche Ortsnamen in der ZEIT: Luschendorf, Meinkot, Dagobertshausen. (Die wichtigen Infos stehen auf der Kinder-Seite!)

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Der neue Computer arbeitet in irritierender Stille. Tut der eigentlich was? Es ist wie Staubsaugen ohne das befriedigende Rasseln eingesaugter Dreckpartikel. Arbeitet denn niemand außer mir in diesem Land?!

10.8.

Ich muss den Roman hergeben wie ein trotziges Kind ins Internat, aber mit schlechtem Gewissen, weil ich mich von Anfang an zu wenig darum gekümmert habe.

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„Langsam, schleppend. Wie ein Naturlaut.“ Waidwunde Auerhähne oder Mahlers 1. Symphonie?

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Die Zeit im August rast, als wäre man bekifft. Seit ich selbst für deren Vertreib zuständig bin, krieg ich sie nicht mehr in den Griff.

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Alle haben Urlaub und denken daran, dass ich ja eh auch Zeit haben könnte für gemeinsame Unternehmungen. Leider mit Erfolg.

12.8.

Schmerzhafte biographische Parallelen zu einer Prüfer-Kolumne in der ZEIT, in der er seinen Vater zitiert: „Spiel mir das Lied, für das ich 1000 DM bezahlt habe.“ Wenigstens kann der Prüfer ein Lied. Und mein Vater hat noch mehr bezahlt. Möge ihm die Erde leicht sein.

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Jürgen Pettinger ruft an, weil er ein wenig O-Ton für das Ö1-Mittagssjournal braucht, ich hätte ja einen offenen Brief an LH Stelzer unterschrieben. Zum Glück schlägt er vor, auf Whatsapp zu wechseln, was mir die entscheidenden Minuten schenkt, um den Brief noch gach zu lesen (danke, schneller, leiser Computer!) und meinem Unmut über die Burschenschaftsförderung der Landesregierung Ausdruck zu verleihen. Das darf ich nie öffentlich verraten.

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Kommt ein fremder Hund auf mich zu, um sich streicheln zu lassen, knurrt der eigene, um dann umgehend zum Fremdhundbesitzer zu laufen, um sich von dem streicheln zu lassen. #bitch

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Wieder ein sehr wichtiger Arbeitsschritt hinauf auf die Karriereleiter (Lichterketten am Balkon montiert) bzw. von meiner To-Do-Instead-of-Writing-Liste gestrichen (sie ist so lang wie der Nil). 

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Horizonte, an denen unser Blick strandet“. Unerwartete Belletristik bei Waldenfels.

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Ein junges Paar in der Kletterhalle, er will sie mit immenser Technikkompetenz beeindrucken, das sei ja logisch, wie man einen Karabiner richtig einhängt. Ich möchte mich schon feministisch räuspern, da sagt die junge Frau: „He bei mir gibt’s ka Logik! I bin in da Schui bei ana Rechnaufgob mit 50 € in a Gschäft gaunga und mit 70 € aussakumma, weil i addiert hob!“

13.8.

Auf ernsthafter Bergfahrt! Hoffentlich flachen meine Bergwünsche jetzt allmählich ab, sehr viel alpiner als die Hochkasten-Ostgrat-Tour muss es für mich nicht mehr werden. Andererseits war ich noch nie in der Schermberg-Nordwand. Ächz.

Nachtrag aus der Zukunft: Jahreswunschprojekt 2023 ist der Hetzaukamm. Ächz.

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Hasi glaubt, dass Roland und Birgit ein „Paarl“ sind, Roland unterstellt Hasi und mir dasselbe, weil er glaubt, sein Name entspringe meiner Zärtlichkeit. Erst beim allgemeinen Gipfelbussi auf züchtige Wangen klären sich die Wahlverwandtschaften. 

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Als ich dem Buttinger nach geglückter Heimkehr vom Fuß erzähle, den mir knapp unterhalb des Gipfles ein Fels fast festgeklemmt und entschuht hätte, berichtet er mir vom Mittagsschlaf auf dem Bürosessel, bei dem ihm die überschlagenen Beine so fest eingeschlafen sind, dass er eine Viertelstunde(!) lang nicht aufstehen habe können.

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Die Nachbarn berichten, dass die Katze von gegenüber auch so eine Leische sei wie ich, immer wieder müsse sie gesucht und von weit weg heimgebracht werden. Ihr bislang weitester Ausflug sei bis ins Puff bei Sattledt gegangen, wo der peinlich berührte Besitzer sie dann abholen musste. Oder ist das die drolligste Ausrede der Welt, um zu den Prostituierten zu gehen?


14.8.

Der Architektenfreund gratuliert mir, der „Frau Mendl“, zur Wortspende auf Ö1. Beim Nachhören zeigt es sich, dass mich der Pettinger wirklich so anmoderiert hat. Hoffentlich hat sich seine Anmoderation nicht aus dem Irrglauben motiviert, ich sei Jüdin. Natürlich nicht aus Antisemitismus, im Gegenteil, aus Angst vor dem Vorwurf kultureller/philosemitischer Appropriation!

Dann fällt mir wieder ein, dass ich das „Interview“ ja im Pyjama gegeben habe, aber das darf auch nie jemand erfahren, unter welchen Umständen ich meinen Antifaschismus praktiziere.

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Der Präsidentschaftswahlkampf zeichnet sich am Horizont ab, immer öfter teilt mir die Bevölkerung mit, ich dürfe mit ihrer Stimme rechnen. Das ist lieb und kostbar, aber ich antworte, dass das Matriarchat nicht darauf warten kann, demokratisch legitimiert zu werden. Und man kennt das von daheim: Seine eigene Mama kann man sich ja auch nicht aussuchen.

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Hoffentlich erinnere ich mich an das heutige Schwimmen in der Traun, sollte ich das irgendwann doch noch einmal lesen. Es ist schwer, an Sommertagen wie diesen nicht regionalmatriotisch zu werden.

15.8.

Ausgestorbene Straßen. Ja, urlaubt nur weiter in der Ferragosta und lasst mir alles allein!

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Irgendein Nibelungen-Gatte schien Hunding zu heißen. Oder auch nicht, ich will das eigentlich nicht wegrecherchieren.

16.8.

Ein deutliches Sonntagsgefühl am Kaisergeburtstag, am Kipppunkt des Sommers; die Möglichkeiten schwinden. Dabei arbeitet der Klimawandel uns Sommernärrinen ja eh in die dummen Hände.

Der Tag schmilzt wie Vanilleeis. Man freut sich auf den Regen und glaubt zugleich, dass man danach schon die Winterstieferl aus dem Kasten räumen muss.

An ganz freien Tagen wie heute werden die Neurosen besonders sichtbar – wie das Grundrauschen des Verkehrs, wenn einmal die Grillen nicht mehr zirpen. Wieder ist mir ihr Verstummen nicht aufgefallen.

Ein guter Tag, um sich einen Mammographietermin auszumachen. „Ist der Zyklus noch ein Thema bei Ihnen?“ Kalendertag und eigene Existenz fallen heute auf den 16. August zusammen.

Dazu passt auch, dass wir alle jetzt immer öfter über Gleitsichtbrillen sprechen.

17.8.

Ein dürrer Greis in bauchfreiem Top stapft mit unwirschem Gesichtsausdruck nach Reith hinauf. Er scheint insgesamt unwillig, wie ein enttäuschter Überlebender der Lebensreform.

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Fernsehen: „Es braucht so wenig in der Wildnis!“, sagt die süße französische Influencerin in Alaska, bevor sie auf High-Tech-Ski ihre High-Tech-Ausrüstung auf einem großen High-Tech-Schlitten über das schmelzende Eis zieht, das sie durch ihre emsige Reisetätigkeit im Dienste der awareness zu retten versucht.

18.8.

Zwei Berichte, die länger nachhallen:

  • Die Hungersteine in der Elbe, die nur bei katastrophalen Dürren zu sehen sind, also jetzt. „Wenn du uns siehst, so weine.“

  • Die 45 Toten, die man nach dem Hurrikan in New Orleans in der Kapelle eines Krankenhauses gefunden hat, höchst wahrscheinlich euthanasiert.

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Ein großer Teil der philosophischen Arbeit ist entweder der Kampf, keine Binsen zu produzieren, oder der Versuch, den Vorgängern Programmierfehler in der Formalisierung der Lebenswelt nachzuweisen (dieser Satz ist selbst der Kategorie „Binse“ zuzuteilen).

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Der Gatte einer Bekannten baut „Reggae Tomaten“ im Garten an, er hängt sogar Früchte aus Plastik in die Staude.

19.8.

Geträumt, ich dürfe/müsse Bass bei „Kreisky“ spielen, selbstverständlich kann ich es auch im Traum nicht. Als ich es nicht mehr länger schaffe, auf Playback zu machen, zeigt sich, dass mein armes Instrument unendlich laut aufgedreht ist. Nahtloser Übergang in eine Kletterhalle mit Shoppingcenter-Anmutung, in der Kinder einen Kurs besuchen, nach dem sie zur Belohnung Whisky kaufen dürfen. Sie sind alle sehr glücklich, dabei weiß ich auch im Traum, wie grauslich Whisky ist. Was ist bloß los mit der heutigen Jugend.

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Eine ganze Generation im Wembley-Stadium des Verfalls.


20.8.

Eine Hochzeit auf dem Lande, es regnet stark. Die weißen Tauben weigern sich, in die Freiheit zu entfliegen. Das Brautpaar versucht, die Vögel aus ihrer Schachtel zu schütteln, vergeblich. Statt Blumen oder Reis zu werfen, werden Trillerpfeifen ausgegeben.

Eine Frau, der ich am Büffet von den 14 Jahren zwischen dem Buttinger und mir erzähle, schaut zu ihm drei Meter hinüber und fragt mich, wer der Ältere von uns sei. 

Um 20.27 Uhr kommt es uns, die noch unter 1,5 Promille sind, so vor, als hätten wir einen merkwürdigen Jetlag. Uns fragt einer, ob er uns eine Frage stellen dürfe, nach langem Sammeln sagt er: „Es ist, wie es ist.“ Wir: „42“. 

Two last firemen standing, weil sie sich an den Köpfen und Schultern verhakt haben. 

Der Schwager kommt lachend aus dem Pissoir zurück und erzählt: Ein gut geölter Mann kramt ungeschickt in seiner Lederhose, der Nachbar fragt „nau, findstn leich ned?“ Wortloses Weiternesteln, bis zum gelallten „Ah, do is a jo.“


22.8.

Das erste selbstgekaufte Handy meines Lebens macht sich von der ersten Minute an bezahlt, weil es am Display „Heute keine Ereignisse mehr“ anzeigt. Wie schön das mit dem Titel dieser Aufzeichnungen harmoniert!

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Die Frau, die wegen des Fischkalters im Stiftshof den Verein gegen Tierfabriken eingeschaltet hat, da die Forellen nicht der Belustigung der Menschen zu dienen haben und außerdem nicht gemeinsam mit Goldfischen gehalten werden dürfen („völlig unterschiedliche Bedürfnisse!“), berichtet mir, dass besondere Tierbegegnungen uns Menschen immer etwas sagen wollen. Nachdem einmal ein Eichkätzchen direkt auf sie zugelaufen sei, habe sie im Buch „Tierboten“ nachgelesen, dass Nagetiere für großen Streit stünden – und prompt habe sie sehr mit der Tochter gestritten!

23.8.

Intensiver Traum, dass zwischen Totem und Sengsengebirge noch allerlei Touren zu finden seien, die ich schon lange nicht mehr beachtet habe. Es war ein wenig so wie in den ganz guten Träumen, in denen man in der altgewohnten Bude noch ein verborgenes Zimmer findet.

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Kultur Hof, Soundcheck für die Lesebühne. Ich erkläre den guten Menschen um uns mit wachsendem Pathos, dass unsere Verpartnerung ein großer Akt der Liebe sei, durch das hehre Versprechen, einander nicht verändern zu wollen, „nicht wahr, mein lieber Buttinger?“ „Wos? I hob ned zuaghorcht.“ 

 Foto: Decker

Im Grunde hätte ich die besten Lacherfolge nur dadurch erzielt, wenn ich 3 mal 5 Minuten nur Luis-de-Funès-Auszucker gespielt hätte.

24.8.

Einer dieser ereignislosen Tage, wie auch das Handy wieder feststellt, die unauffällig sedimentieren und unter dem Druck der folgenden Ereignisse zu kostbarem Treibstoff verwandelt werden. Obacht, Pathosgefahr! Aber es ist auch wahr, am besten ist im Durchschnitt das Nichtereignis. 

Morgen oder übermorgen sollte ich trotzdem wieder etwas unternehmen, um das Steuer meiner Biographie wieder in die Hand zu bekommen (bzw. nicht komisch zu werden).

25.8.

Heute war schon wieder nichts los! (Das Rufzeichen vermittelt eine völlig falsche Aufregung). Trotz leichter seelischer Bedrängnis bzw. Sehnsucht nach dem Toten Gebirge Erleichterung, dass der Wetterbericht für morgen wirklich keine Bergtour hergibt.

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Rudi Habringer kommentiert, die gestern „veröffentlichten“ Februar-Phantomereignisse läsen sich erfrischend, ob das nicht eher meine Form sei? Er hat so recht, aber ich weiß, dass ich dann zwecks Ablenkung vom verpflichtenden Phantomereignisschreiben halt einfach romanschreibend prokrastinieren würde.

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Unconbumbulated“: Das Englische hat schon einen schönen Klopfer.

26.8.

Ethischer Müll“ bezeichnet amputierte Beine etc. im Krankenhaus.

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Der erste letzte Badetag.“ (H. Winkelbauer im Facebook)

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Ah, schöne moderne Ohrringe!“ frohlockt die Chefin im „Singapur“ und deutet auf meine im Jahr 1995 durchlöcherten Ohrlappen. Alles wird irgendwann vintage.

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Nach einer Pause wieder „Better call Saul“ schauen ist wie der erste Schluck Bier nach einer abstinenten Woche.

27.8.

Beim Spazierengehen begegnet mir die Besitzerin eines riesigen, moribunden Sennenhundes, den sie mir ohne Umschweife als Halbbruder sämtlicher Showhunde Hansi Hinterseers vorstellt.

Was, mehrere?“

Ja, und sie heißen alle Ustin. Das können Manderl oder Weiberl sein, sie müssen sich nur ähnlich schauen.“ Man kann sich grämen, von Film und Fernsehen so beschwindelt zu werden, man kann sich über die Unsterblichkeit eines öffentlichen Hundes freuen.

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Eine Freundin (eine ganz sanfte Person) erzählt, dass sie ihre fünf Jahre jüngere Schwester wie eine Puppe behandelt habe, „fast schon wie Münchhausen.“ Sie habe sie so fest gezwickt, dass sie zu weinen begann, nur um sie wieder trösten zu können. 

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In den neuen Knigges muss ein Kapitel über die Menschen geschrieben werden, die keinen Satz mehr sagen können, ohne ihn mit Zeug auf ihrem Handy zu illustrieren.

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Hirschl („ich kenne ihn persönlich“) schickt gegen Mitternacht eine Nachricht, dass es in Bochum eine ehemalige Brauerei namens „Schlegel“ gebe (wie in einer chinesischen Raubkopie).

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Ich glaube, es ist meine anheimelnde Erfolglosigkeit, die Menschen dazu bringt, mit mir befreundet sein zu wollen. It's never your successfull friends, die Phantomereignisse ins Internet schreiben.

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Eine geerbte CD, auf der Funke über Frankl spricht. Eh hörenswert, aber ich kann mich kaum auf den Inhalt konzentrieren, weil der Herr Philosoph grundsätzlich kein „sch“ aussprechen kann und weil er in emphatischen „Passachen“ ein bisschen wie Hitler im Sportpalast klingt – mit diesem Fluch ist die deutsche Sprache wohl noch ein Jahrhundert lang belegt.

29.8.

Good Meeting mit Coala. Sie schenkt mir wieder was Schönes:

1. Lenker von Abbruchbaggern (also jenen Teilen, die aussehen wie häuserfressende Dinosaurier) müssen bei der Arbeit Knirschschienen tragen, weil sie spiegelneurotisch die Beißbewegungen ihrer Arbeitsgeräte nachahmen und sonst ihre eigenen Zähne fräßen.

2. Ein Neunjähriger erfährt beim ersten Aufklärungsunterricht, wie es gemacht wird. Als pflicht- und wahrheitsbewusster Bruder gibt er das Wissen gleich an den Sechsjährigen weiter, woraufhin der in Panik verfällt. „Ich will das nicht machen!“ Er lässt sich fast nicht mehr beruhigen. Der Ältere sagt der Mutter in einem stillen Moment, „also ich kann mir das schon vorstellen, so ein-, zweimal zumindest.“

 

 

30.8.

Bergläufer machen mich immer noch so unrund. Im Vergleich zu diesen Enduros fühle ich mich wie ein Wohnmobil. Auch der Hund ist immer wieder unzufrieden mit meinem Tempo. 

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Heimlich glauben der Buttinger und ich, Saul Goodman und Kim Wexler der oö. Schreibszene zu sein, nur mit Bier statt Drogen. „You two with your mouths!“ schimpft der Drogenboss. Es ist jedenfalls legitim, den Roman an den Drehbüchern solcher Serien zu messen. Bei SOKO Linz sähe ich mich hinaus.

31.8.

Jetzt kommen wieder alle. Ächz.

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