Donnerstag, Januar 28, 2021

Vom Ende des Skinationalismus

 


Betrifft Geschichte:

Die Geschichtswissenschaft soll, wenn sich der Staub der Revolte auf Akten und Glatzen und Tweedsakkos der Historiker legt, darüber richten, ob es klug war, als einen der ersten Kraftakte nach der Machtergreifung die Skilifte stillzulegen. Es war ohnehin schon eine gewisse Unruhe entstanden, nachdem die War-Lady Dominika „Dschinghis“ Meindl, Abkömmlin einer Mühlviertlerin und einer Mongolin, mit ihrer goldenen Damenhorde das Parlament gestürmt hatte.

Unvergessen die Bilder, wie die Freiheitskämpferinnen in die Kameras juchzen, angetan in bequeme Bio-Hoodies, ungeschminkt und mit schlampig geschnittenen grauen Haaren, jeden heteronormativen Patriarchen in Mark und Bein erschreckend! Der Heermeisterin ist es vorbehalten, dem „Gegner“ Kurz die Insignien seiner Macht zu nehmen, sie fährt ihm mit starkem Arm in die dumme Frisur und verwurschtelt sie so, dass es echt deppert aussieht, Meindl zieht ihm auch noch den Hosenbund hoch, höhnisches Gelächter lässt das Hohe Haus erbeben! Der Gesundheitsminister entkommt rustikaler Strafmaßnahmen, da er sich gleich entschuldigt und seinen niedlichen Retriever als Schutzschild missbraucht. „Geh hoam, goi!“ schreit die große Tierfreundin Meindl, und Anschober willfährt. Da alle unfähigen Verantwortungsträger verjagt sind, hebt ein großes Plündern an, hauptsächlich in der Parlamentskantine. Schnell richtet sich das Amazonenheer in den Büros ein, Raiffeisenkalender, Slimfitanzüge, Attersee-Porträts fliegen auf die Straße.

Mag sein, dass die Historiker von den Wirren einer Völkerwanderung sprechen werden, da Meindl ziemliche Schlitzaugen hat und aus dem Westen gegen Wien rannte, man darf allerdings die Vorgänge nicht nur als ethnologische Migrationsbewegungen deuten, sondern vielmehr als Genderwanderung, als Sturm auf die Bastille des Patriarchats. So erklärt sich klar, warum der geschasste Männerbündler Kurz ausgerechnet den Stamm der ÖSVauler um Entsatz gegen die ungepflegten Emanzen in der Bundeshauptstadt bittet. Der Inntaler War-Lord Peter Schröcksnadel I. ließ denn auch sofort zur Reconquista der Machtzentrale rüsten, freilich mit dem Hintergedanken, den Sitz der Macht nach Ischgl zu verlegen. Der alternde Pistentyrann musste selbst um sein Lebenswerk fürchten, Meindl war als vehemente Hasserin des Après-Ski-Unwesens bekannt, Zitat „das einzige, was ich noch mehr hasse als After-Eight und Nazis“.

So werfen die Tiroler Heimatschützer ihre Ski in die Ratracs. Schröcksnadels Strategie sieht vor, die Wiener Innenstadt mit Schneekanonen einzukesseln und das Wasser der Donau in einen gewaltigen Eisberg über dem gottlosen Treiben der Weiber aufzutürmen. Auf dem Marsch gegen Wien treibt die Propaganda-Abteilung die Skilehrer mit Parolen an, aus ihren Megophonen brüllt es „Denen ghert aane aufglegt!“ „A Frau mit am Dopplnaumen werd von uns nit quöt!“ „Des isch a widerwärtiges Luader!“

Doch die gewiefte Taktikerin Meindl lässt den gegenreformatorischen Angriff der Ski-Funktionäre ruhig heranziehen. Sie sieht dem bunten Treiben der Männer in mit Werbebannern beklebten Funktionsjacken so gelassen zu, dass das eben befreit aufatmende Stadtvolk murrt. „Na heast, ich kann ur nicht schifahren, die soll was machen!“ so ein Tondokument André Hellers auf Radio Wien.

Schließlich steht die Tiroler Front geschlossen da, alles wartet auf Schröcksnadels Kommando. „Mir sein a Skination auf ewig! Ski Heil! Ski Heil!“ schreit er, dann gibt er das Zeichen, die Schneehaubitzen springen an. Doch was ist das?! Es wischerlt nur trüber Nebel aus ihnen heraus! Was der alpine Patriarch nicht bedacht hat: Der Winter ist in Wien ein Lärcherlschas. Und da öffnen sich die Tore des Parlaments, die Horde des goldenen Matriarchats burrt heraus – panisch fliehen die Verbände, die Skispringer, die Technikspezialisten, die Speed-Herren, die Nordischen Kombinierer. Die Biathleten versuchen, die wütenden Damen mit ihren Luftdruckgewehren aufzuhalten, treffen aber nicht und laufen, fatale Gewohnheit, zwei Strafrunden um das Regierungsgebäude. Die geschlagenen Gotteskrieger suchen ihr Heil in ungeordneter Flucht, aber sobald sie in ihre Skibindungen steigen wollen, müssen sie erkennen, dass man die Beläge ihrer Latten mit Seepocken besetzt hat, das Werk der listenreichen Meindl! Sie kommen auf ihrem Rückzug kaum von der Stelle. Und bei Purkersdorf setzt der Frühling mit aller Macht ein, die Wintersportler sind mangelhaft ausgerüstet, die Anoraks und Hauben können sie wegen der Sponsorverträge nicht ausziehen. Eine humanitäre Katastrophe droht.

Da zeigt sich, dass die Matriarchin gekommen ist, um die Nation zu heilen. Sie lässt sich den Fliehenden hinterherchauffieren. Schröcksnadel muss kapitulieren, er wird in die Hungerburg verbannt, Meindl spricht ihm eine Pension von 500 € zu. Damit beginnt der große Rückbau, die Fläche der liftbetriebenen Skigebiete wird – denken wir an den Vertrag von Versailles! – auf einen Schrumpfstaat reduziert. Der ORF überträgt nur noch Damenbewerbe. DJ darf nur noch in seinem Hobbykeller auftreten. Die Stadt „Imst“ wird in „Impfst“ umbenannt.

Demokratiepolitisch kann die Machtübernahme Meindls nicht als lupenrein beurteilt werden, aber die extrem strengen Umverteilungsreformen, Umweltschutzmaßnahmen, die Ausrottung des Coronavirus binnen dreier Tage und! die Ächtung von After Eight sind die Säulen einer Republik, die heute als Ausgangspunkt einer umfassenden Weltrettung gilt.

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