Am Stadtrand von Innsbruck hat sich jemand viel Mühe bei der konsumkritischen Kommentierung von Plakatwänden gemacht; auf einer Werbung für ein Schigebiet steht groß, zweifarbig, mit Buntstift "SPORT IST NICHT ALLES!", und "DU KANNST DIR ZEIT NICHT KAUFEN" auf der Swatch-Wand.
15.1.
Installationskunst in Mösern:
Wir können die grotesken taxidermischen
Landschaften (Alligator im Blumenbett) irgendwie gar nicht richtig
perzipieren, weil das Dröhnen der Schlagermusik alle anderen
Empfindungen dämpft. „Der singt, als wär' jemand hinter ihm her“,
sagt die Frau neben mir. Schön aber die ganz aus dem Inneren
herausstrahlende Jovialität der Wirten. Er stellt auch den kleinen
Braunen so hin, als sei es die ortsübliche Portionsgigantomanie, und
er schlägt dabei auch mir auf die Schulter, als stünde mir eine
Herausforderung bevor: „Auf geht’s!“
17. 1.
Auf der Bühne würde ich diesen Witz nie bringen –
aber die beiden jungen, dunkelhaarigen Männer am Innsbrucker Bahnhof
sprechen so kehlig miteinander, dass ich ganz ehrlich lange für die
linguistische Einordnung „IBK“ oder „Marokko“ brauche. Ganz
sicher bin ich mir bis zum Schluss nicht.
19. 1.
Eine mir nicht näher bekannte Facebook-Freundin
überrascht ihre Community mit der Mitteilung, sie wolle in diesem
Jahr das Töten lernen. Im Kommentarteil sammelt sich das Erstaunen,
erst am Ende die Aufklärung über das überlesene L. Wobei das
„Tölten“ auch ein ausgeflippter Wunsch ist, imho.
20. 1.
Als Literaturwissenschaftlerin verbitte ich es mir
streng, Michel Houellebecqs zunehmend selbstmitleidige
Alte-Weiße-Herren-Prosa darauf zu reduzieren, dass er halt wirklich
ein schiacher Haberer ist, aber echt.
21. 1.
Latenz: Man baut Chatbots extra eine kleine
Verzögerung bei der Antwortgeschwindigkeit ein, damit sie ihre
menschlichen „Partner“ nicht zu verstören. Das sag' ich dem
nächsten, der mich stresst.
23. 1.
Miriam Hie erzählt dem fassungslosen "Experiment
Literatur"-Publikum davon, wie sie 2004 von "News" zur
zweiterotischsten Frau Österreichs erklärt wurde. Platz 1 ging an
Mausi Lugner. Alle stöhnen vor Pein synchron auf wie ein Mensch.
Stefan Kutzenberger sekundiert mit einem kabarettistischen
Scheiterbericht, dass trotz medienfreundlicher Umbenennung seines
Duos in "Juhann und Jod" zB in Vöcklabruck gar niemand
gekommen sei. Ein Abend mit menschlicher Größe.
24. 1.
Beim anfangs ironischen Einüben von "Fang' das
Licht" plötzlich vor Rührung ganz klein aufschluchzen, ganz
ohne PMS.
25. 1.
Keine Rückläufe nach der Tombola des Grauens, die
guten Menschen von Linz haben den ganzen Scheiß klaglos nach Hause
getragen.
26. 1.
Jemand bestellt bei einem Besäufnis im Black Horse
"a Stamperl Soda", für zwischendurch
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