Liebe Menschen und Menscher,
beim virtuellen Aufräumen blieb mein suchend' Aug' an diesen drei Bildnissen hängen.
Mir sind sie alle drei an und für sich gut genug, pfenninggut nachgerade. Aber wenn es eins von euch nach Buchstaben dazu gelüstet und es per Kommentar "Verzähl' ein G'schichterl dazu!" fordert, dann stricke ich eben eine Story drumherum.
Weil so bin ich zu euch, wie eine Mutter zu ihren wahnsinnigen Kindern.
18 Kommentare:
Ein G'schichterl dazu wär natürlich sehr fein! Vielleicht können wir dessen Verfassung auch per kickstarter "crowdfunden"!
Und gleich hier im Kommentarteil zusammenbasteln!
Ich fang an: "Als Gregor Samhaber eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er all seine Habe seltsam belebt. Am unangenehmsten der Eindruck, der sich in der Küche bot. Die Suppe sah ihn mit bösen Augen an, ebenso die Kartoffeln. Besonders garstig glurte ihm die Mandarinentorte entgegen."
Gregor legte seinen Schlaf-Anorak ab und die Mandarinentorte mit zittriger Hand beiseite.
Waren es die scheinbar feindseligen Lebensmittel oder doch lediglich die Nikotinsucht, die seine Glieder schlottern lies?
Um dem ganzen Spuck systematisch auf den Grund zu gehen, stecke er sich zunächst eine Zigarette an.
Gierig (wie auch sonst) sog er an der tagesersten A3 - wohl zu gierig, denn mit einem Mal schwindelte ihn, er musste kurz Halt am Türrahmen suchen, da ihm ganz schwarz vor Augen wurde. Als sich die Vertigonebel wieder hoben, glaubte er an einen garstigen Streich. Vor ihm im Eck stand nicht nur LH a.D. Josef Ratzenböck, sondern auch Jadrilica Mironova, die Blume des Bösen, die Bluse der Böhmen.
Mironova löste ihre Umklammerung vom reglosen Körper des Alt-Landesvaters, wischte sich Blut vom Mund und steuerte mit gierig gebleckten Zähnen auf Gregor zu.
Den Blick nicht von der Diabolin abwendendend, tastete Gregor am Tisch nach waffentauglichen Küchenutensilien. Nun war es also so weit, die Prophezeihung seiner Volksschul-Reli-Lehrerin Fr. Kasulke trat endlich ein.
"Mit dir wird es einmal ein böses Ende nehmen", hatte sie ihn einst verflucht, zur Strafe, weil er den hölzernen Heiland mit einem Birkenstockschlapfen von der Wand und um beide Arme gebracht hatte, "Die Strafe wird dir der Leibhaftige leibhaftig angedeihen lassen!" Gregor erschauerte kurz, als seine Finger aber die scharfkantige Tortenschaufel zu fassen bekamen, witterte er Morgenluft. Um seine Kasulke-Reminiszenzen und das Waffentasten nicht zu stören, hatte sich die landeshauptmännermordende Mironova auf dramaturgisch wertvolles Fauchen beschränkt. Jetzt kroch sie näher.
Gregor ließ die Bestie langsam herankommen. Bald sperrte sie ihre Lefzen weit auf und war gerade in Bissreichweite gelangt, als Gregor ihr in ungeahnter Schnelligkeit den spitzen und krümeligen Tortenheber in den Schlund rammte.
Mironova schrie kurz grugelnd auf, doch nun hatte sie Kuchenreste geleckt und knallte wie im Rausch auf den Küchentisch, um sich über die Mandarinentorte herzumachen. Gregor nutzen den Moment der Ablenkung, um ins Wohnzimmer zu flüchten, wo er mit klopfendem Herzen die Tür hinter sich zuschlug.
Gegen die Tür gelehnt nahm Gregor einen weiteren Zug von seiner Zigarette und schoss die Augen, hoffend, dass er nun aus diesem bösen Traum erwachen würde.
Doch aus der Küche hörte er weiterhin die unmenschliche Laute der Ekstase dringen, ähnlich einem überdimensionalen Hamster der genussvoll seinen kompletten Wurf auf einen Satz verzehrt.
Als er endlich die Augen wieder öffnete, wartete bereits die nächste böse Überraschung auf ihn.
Die Augen des Landeshauptmannes a.D. waren gelb und spiegelten die rasende Wut eines alten Mannes wieder, der seine Pension jetzt nicht als gütiger Landesopa, sondern als vom Hass getriebenen Zombievampirs verbringen zu müssen. "Waaaah, wie mir de gaunze Zombievampirscheiße am Oasch geht!" fauchte er noch, bevor er sich auf Gregor stürzte, der ebenfalls zwischen Entsetzen über den Angriff und dem Ennui über das ausgelutschte Teeniethema "Zombievampir" oszillierte.
Das greisen Oberhaupt der Fußkranken war schon zu seinen Lebzeiten nicht mehr der gelenkigste - als Neo-Zombievampir war es um seine Mobilität natürlich noch schlechter bestellt.
Die unbändig aufflammende Wut trieb den morschen untoten Körper schlenkernd voran. Gregor musste nur ein Schritt zur Seite machen, um den fast schon bemitleidenswerten Wiedergänger ins Leere stolpern und gegen eine Vitrine mit der Glaskatzensammlung von Gregors Ex krachen zu lassen.
"Geschieht ihr ganz recht, der bösen Hexe!" entfuhr es Gregor angesichts des in einem tosenden Glasregen versinkenden untoten Herrn Landeshauptmanns. Das Schnalzen, mit dem sein Leib zerriss, glich dem Reißen eines Schifahrerkreuzbandes.
Gregors böse Bemerkung aber war es, die dem ohnehin schon höchst unglaubwürdigen Ereignistaumel dieses Tages die Krone der Erstaunlichkeit aufsetzte: Die zerstörte Katzenvitrine hatte die Tür zum Seminarraum aufgestoßen und gab den Blick auf ein bizarres Szenario frei. Hier hatten soeben die Geschäftsführer des innersten Kreises der Hölle getagt. Zwölf rotleuchtende Augenpaare starrten funkelnd auf Gregor. In der Mitte ein Drehsessel, der sich nun langsam ... äh drehte. "So sieht man sich wieder, mein Liebling", zischte Edith Klinger durch ihre Zähne.
"Wie ich sehe hast du dich mit meinen beiden Dienern amüsiert. Diese Nichtsnutze sollten dich eigentlich herbeischaffen, aber du hast den Weg ja nun selbst gefunden. Gerade rechtzeitig zu unserem letzten Agendapunkt."
Ein dienstfertiges Grinsen huschte synchron über die Gesichter ihrer Chief Satanic Officers. Edith erhob sich aus ihrem Chefsessel.
"Du erinnerst dich vielleicht nicht mehr an den Pakt, den du in der Extase unserer Hochzeitsnacht besiegelt hast."
Gregor stand reglos mit offenem Mund vor der immer größer werdenden ehemaligen Bettgefährtin, die von einer flammenden Aura umgeben zu sein schien.
"Die Zeit ist gekommen deinen Eid einzulösen, du hast vierundzwanzig Stunden Zeit! Und die Kristallkatzen wirst du mir selbstredend auch ersetzen."
Entsetzt trat Gregor einen Schritt zurück; er strauchelte, fiel und landete mit dem Kopf in die leiblichen Reste des Altlandeshauptmannes. Das Synchronlächeln der Beelzebuben verzerrte sich zu einem - naturgemäß - infernalischem Gelächter. Und mit einem Mal knallte die Tür zu, Edith und die Teufel waren verschwunden und wie rieselnder Sand verschwand das Schreckensszenario aus seinem Blickfeld.
Gregor erwachte. Alles geträumt, so ein Scheiß, dachte Gregor, und laut sagte er: "Nie wieder Speckknödel vor dem Einschlafen!" Er zündete sich nun wirklich eine A3 an. Er tat den ersten Zug.
Dann erst sah er die Kristallkatze auf seiner Bettdecke.
Noch in der Dusche beschäftigte Gregor dieser verstörende Traum. Er war doch durch die Gesprächstherapie schon seit Jahren frei von Angstattacken und hatte keinen Gedanken mehr an Edith und die von ihr verursachten seelischen Narben verschwendet. Selbst ihre Bissspuren auf seinem Körper waren fast vollständig verblasst.
Es konnte nur so sein, dass er im Schlafe wandelnd die Katzenfigur geholt hatte, war er doch früher schon manchmal neben seltsamen Gegenständen aufgewacht. Dann zumeist aber auch vor einem Lokal oder unter einem Billardtisch liegend und von seinen sogenannten Freunden mit aufgemalten Penissen im Gesicht verziert.
Wie dem auch sei, jetzt hieß es jedenfalls sich präsentabel herauszuputzen und die volle Konzentration auf den bevorstehenden Termin zu lenken. Er spürte es, das würde das entscheidende Treffen werden, und sein mysteriöser Kontaktmann würde keinen von so Kinkerlitzchen wie schlechten Träumen ablenkbaren Partner für diesen Auftrag brauchen.
Gregor schmiegte seinen immer noch ganz passablen Wanst in sein schönstes Wamst. Er band sich die elegante Lederkrawatte um und verließ mit lockerer Hüfte seine muffige Garconniere. Die Katzenfigur warf er in die Mülltonne.
"Sie saudummer Anarchist! Sehen Sie denn nicht, dass das die Biotonne ist?!" kreischte es da plötzlich.
Frau Karsunke, die bitterböse Muräne in der Hausmeisterwohnung.
"Ist doch eh eine Katze, die ist bio", fauchte Gregor und machte sich davon, nicht ohne noch "Müll-Nazi!" gerufen zu haben.
Es muss etwas geschehen, sagte er sich. Der neue Aftrag würde ihn endlich zurück ins Business und aus dem Substandard bringen.
Direkt vor der Haustür stand Gregors ganzer Stolz, sein bordeauxroter Opel Calibra, mit dessen Leasingzahlungen er in bedenklichem Rückstand war. Er schwang sich hinter's Lenkrad und drücke eine Musikkassetten ins Autoradio. Falcos "Mutter der Mann mit dem Koks ist da" brüllte kurz aus dem Radio, bevor es im aufheulenden Motor unterging.
Mit quietschenden Rädern beschleunigte Gregor aus der Spielstraße, um nach einem kurzen Sprung über den Verkehrsberuhigungshubbel sogleich vor einer roten Ampel stehen zu bleiben. Es blieb nicht mehr viel Zeit bis zum Rendezvous auf der Raststation mit dem Mann, den Gregors alter Spezi und Mittelsmann Marcel immer nur als "Der Albino" bezeichnete. Marcel war trotz seines Berufs in der Schutzgeldbranche ein stets politisch korrekter Mensch, der seine Klienten ohne Rücksicht auf Herkunft, Geschlecht und sexuelle Orientierung gleichermaßen höflich aber bestimmt zur regelmäßigen Zahlung überredete, daher handelte es sich wohl nicht um eine abschätzige Bezeichnung sondern einen Decknamen.
Als Gregor in der Raststätte ankam, waren es schließlich noch 10 Minuten zum vereinbarten Zeitpunkt, und so nahm er sich vom Zeitungsständer die "täglich Alles" vom Vortag und blätterte lustlos darin herum.
"Hundekot brennt österreichern unter den Nägeln!" schrie es ihm aus der bunten Wahrheit entgegen. Wie immer bei Kontakten mit dem Boulevard machte Gregor es sich flugs gemütlich in der Melancholie des Kulturpessimismus. Er selbst erlaubte sich aufgrund etlicher Tage Kunstgeschichtestudium Zutritt zur Bildungselite und verlieh sich dadurch den Anstrich eines fehlgeleiteten Intellektuellen.
Im Sinnieren darüber verflogen die Minuten. Eine schwere Hand auf seiner Schulter drückte ihn in die Gegenwart. Und in die Gegenwart Erwin Prölls. "Sind Sie der Problemlöser?" Der Albino, Gregor musste lachen, was für ein törichter Deckname für den schwärzesten aller Männer Österreichs! Pröll wartete eine Antwort gar nicht ab.
Schwungvoll nahm er auf der Sitzbank gegenüber von Gregor Platz. Umgehend joggte ein Mitarbeiter der Raststätte mit zwei großen Braunen auf ihren Tisch zu.
"Hier ist ein Flugticket und Ihr neuer Pass." Pröll schob Gregor einen dicken Umschlag hin und nahm dem gerade ankommenden Kellner sogleich einen Kaffee vom Tablett.
"Sie reisen als Präsident des niederösterreichischen Katzenhilfswerks zum Straßenhundekongress in Paris. Ihre Begleiterin wird Sie beim Gate ansprechen. Sie wird Sie über die Details, soweit nötig und möglich, informieren."
Während Gregor mit schäfischem Blick in das Kuvert schaute, erhob sich der Landeshauptmann nach einem kräftigen Schluck aus seiner Tasse schon wieder: "Ich werde bereits im ORF Landesstudio erwartet. Der Kaffee geht auf mich, heben Sie die Rechnung auf."
„Eine Goldcard?!“, rief Gregor dem mit wehendem Seitenhaar davonschreitenden Raiffeisen- und Niederösterreichleiter nach. „Ja, aus Gold, aus den Sandbänken der Schwarza gewaschen!“, rief Pröll noch und lachte sein böllerndes Oligarchenlachen. Gregor schüttelte ungläubig den Kopf und fischte dann seine neue Identität aus dem Kuvert. „Thomas Schandl – wer denkt sich bloß solche Namen aus?“, wunderte sich Gregor, freute sich aber, dass man ihm beim Geburtsdatum etliche Jahre geschenkt hatte.
Er trank aus und ging zum Auto. Die Goldcard verlieh ihm die Tollkühnheit, seinen Opel einfach vor dem Abflug-Terminal stehen zu lassen. Sorgen machte ihm nur der Gedanke an das Haustiermilieu. Seit seiner fatalen Liaision mit Edith Klinger hatte er nicht nur eine Hundkatzmausallergie, sondern ausgeprägte Furcht vor militanten Tierschutzsplittergruppen. Ob darin sein Auftrag bestehen sollte – hier aufzuräumen?
Gedankenverloren durchlief Gregor, nein: Thomas die Eincheck-Prozedur. Vor dem Gate flüsterte ihm eine Frauenstimme ins Ohr, Gregor drehte sich um und riss die Augen auf: Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Ute Bock, aber in einer unfassbar verjüngten, nachgerade sexy Version.
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