Proömium: Don Quijote reinkarniert in unsere Zeit, im Fleischwerdungsprozess läuft jedoch etwas schief, und der verrückte, schon aus der eigenen Zeit gefallene Ritter wird in den Geist Luis de Funes' hineingeboren, der wiederum fährt im Zuge eines umfangreichen Gewitters über dem Toten Gebirge in den in der Bergeinsamkeit Erholung suchenden Leib von Bundespräsidentin Dominika Meindl ein. Hier beginnt die Geschichte, die man durchaus sehr schön im Eventcenter eines Kreuzfahrtsschiffes inszenieren könnte. Bitte auf mein Zeichen gemeinsam Folgendes im Chor zu sprechen: Wenn ich sage: NEIN! antworten Sie gemeinsam mit DOCH!, woraufhin ich schließe: OH! So wird es uns möglich, die Dringlichkeit des Erzählten ganz zu erleben.
Dies ist das Buch, das vom eitlen Kampf einer Junkerin handelt, die alle Stunden, wo sie müßig war – und es waren dies die meisten des Jahres der Herrin 2021 –, sich dem Lesen von Revolutionsbüchern hingab, mit so viel törichter Leidenschaft, dass sie darob ihren Verstand verlor und auf den seltsamsten Gedanken kam, auf den jemals in der Welt ein Narr verfallen ist; nämlich es deuchte sie angemessen, zur Mehrung der Ehre ihres Amtes Abenteuer zu suchen und das Volk aus den Klauen des Kapitalismus zu befreien. Dieses hochmögende Ansinnen brachte die solcherart Entbrannte aber nicht dazu, einfach alle großen Banken und Konzerne zu verstaatlichen, sondern gegen die Windmühlen der Wellnessindustrie loszugehen.
Nein! Doch! Oh!
Eiderdaus, wie trug sich diese Verwirrung in der Zielfindung zu? Nun, als man die vom Blitz getroffene Präsidentin mit knapper Not in der Karstwildnis der oberösterreichischen Mancha entdeckte, hielt man sie zunächst als vom Schlagfluss hingestreckt, und brachte die Besinnungslose in das Kurzentrum Bad Schallerbach. Der Bader sah in einem Moorbad die angezeigte Kur und ließ sie in ein heilendes Moorbad legen. Und fürwahr erwachte sie alsbald und sprang – nur mit dem dunklen Schlamm bekleidet – aus der Wanne. Wie sie sich in einem der Spiegel erblickte, entrang sich ihr der Schrei NEIN!
Zu Hülf, dachte sie, ein Schlingel hat mich geblackfaced, das geht 2020 ja gar nicht! Panisch entwich sie dem Anwendungsbereich und rannte von dannen, blind vor Heilkot, sodass sie schließlich im Erlebnisbad Aquapulco auf den algigen Fliesen ausrutschte und, beschmutzt wie sie war, ins Tropenbecken stürzte. Die träge darin flottierenden Dicken nahmen kaum Notiz von ihr, so beschäftigt waren sie mit ihrem Müßiggang. Donna Mink aber ekelte sich vor der menschlichen Frittatensuppe, darin auch viele Haargummis und Heftpflaster waren, von den Flankerl der von den mit Hautbresthaftigkeit Geschlagenen ganz zu schweigen. Dank überfraulicher Körperbeherrschung gelang es ihr, nicht auch noch hineinzuwischeln, wie es hier offenbar guter Brauch war. Die Ritterin im Kampf gegen die Spa-Gesellschaft entstieg dem Becken und hüllte ihren – übrigens sehr süßen – Body in ein herumliegendes großes Linnen. Damit notdürftig angetan suchte sie den nun sichtbar werdenden Security-Knechten zu entrinnen. Sie riss eine Tür auf – und da! Die Hölle!
NEIN! DOCH! OH!
Feucht war es in der Hölle, und heiß! Arme Teufel waren nackt in Regalen gestapelt und sahen die Gendarmin der sinnvoll verbrachten Freizeit aus gepeinigten, toten Augen an. Mon Dieu, welch Leid! schrie sie und entfloh. Dicht auf den Fersen die Knappen der Therme. Don Mink sprengt nun in den Spa-Bereich, dort sieht sie verlorene Seelen, die von Folterknechten auf einer Streckbank geplagt werden, fest rammen sie ihnen die Fäuste ins Genick. Ah!
NEIN! DOCH! OH!
Auf ihren kurzen Luis-de-Funes Beinen wieselt die Meindl nun vor den Häschern davon, und schließlich landet sie an den Gestaden des Piratenbeckens, mit Anlauf sprengt sie die Wasseroberfläche mit der Mutter aller Arschbomben, die Schreie der Kinder zerfetzen ihr die Trommelfelle. Behände wie ein geölter Affe erklimmt sie die Wanten des Plastikpiratenschiffes, von wo sie Badeschlapfen und Schmähworte auf die Schergen der Erholungsindustrie wirft. „Kommt nur her, ihr Söhne der Chlorkloake! Ihr könnt meinen Körper kriegen, NEIN!
DOCH! Schreit das Thermengesinde, OH! die sich Entziehende. „Aber niemals bekommt ihr meine Seele und niemals meinen Respekt für eure neoliberale Scheißidee, sich seine ganze Zeit mit einer so depperten Arbeit zu verscheißen, dass man sich am Wochenende mit so viel Eifer erholen muss!“ Immer näher rücken die Badewascheln, und immer lauter übertönt sie das Fluchen der Präsidentin: „Wellness ist oasch!!!! Wellige Fingerkuppen sind total deppert!!!!“ Da fasst schon der erste nach ihrem Knöchel, „ihr tut's ja nur saunieren, um eure Wehrkraft zu erhalten, um dann von Montag bis Freitag weiter die Welt im Dienste der internationalen Scheißkonzerne auszubeuten!“ NEIN!
DOCH! schreien die nun schon sehr genervten Thermenbesucher.
OH! klagt die Präsidentin, sie ist im Würgegriff der Beckenrandexistenzen, sie macht sich noch einmal Luft: „aber nie sollt ihr vergessen: Es gibt kein richtiges Leben im falschen! Ihr müsst rebellieren, nicht saunieren!“
Derbe Arme fesseln die Klagende und setzen sie vor die Tür, man wirft ihr noch einen blöden weißen Bademantel nach, damit sie sich nicht den Tod holt. Das ist der Beginn des verzweifelten Kampfes gegen die Unterhaltungs- und Entspannungsindustrie, aber das ist auch das Ende dieser Geschichte.
NEIN! DOCH! OH.