Von Monika Meindl, ehem. Chefredakteurin der OÖN
In
einer Pause beschloss ich, einen Schluck Kaffee zu trinken. Kaffe ist
ein schmackhaftes Heißgetränk, das in Äthiopien erfunden und in
Wien zur Marktreife gebracht wurde. Ich war aber in Linz. Ein kalter
Novembertag an den Gestaden der Donau, die hier durch die Stahlstadt
mit ihren 452.565 Einwohnern fließt. Die Donau ist der größte
Strom Europas und sichert den Wirtschaftsstandort Oberösterreich
nachhaltig. Als ich Dominika Meindl hier das erste Mal sah, wirkte
sie in Gedanken verhangen. Ihre vom Klettern gestählten Finger
hielten in der Rechten einen Krug Schlägler Bier, das beliebteste
Bier nicht nur der Region Oberes Mühlviertel, ein Leitbetrieb zum
Vorzeigen, wie sie unter der Regentschaft Meindls zuhauf entstanden.
In der Rechten den von ihr so geliebten Gerstensaft, in der sehr
starken Linken – die meisten herkömmlichen Menschen haben ja einen
deutlich schwächeren Arm, meistens den Linken – in der fast
genauso starken Linken von Meindl, die damals noch die jüngste
Lesebühnengründerin der Zweiten Republik war, da lag der Nacken
ihres Vertrauten Prof. Buttinger. Es ist typisch für die Kultur des
Anpatzens in diesem Land, dass Meindl nachgesagt wird, sie verlange
von ihrem Beraterstab stete sexuelle Bereitschaft! Das Kartenhaus der
Lüge wird auch in Bezug auf angebliche homosexuelle Präferenzen der
jungen Präsidentin einstürzen, die immer klar gesagt hat, dass sie
bei der Befriedigung ihrer erstaunlichen geschlechtlichen Bedürfnisse
keine Rasse und kein Geschlecht dem anderen vorziehe, hauptsache, es
ist ein jedes Mal auch ein bisserl das Herz dabei.
[...]
Im
Volksstamm der Burjaten, die sich im Zuge der Völkerwanderung in den
Wäldern des Bezirks Urfahr Umgebung niedergelassen hatten, war es
üblich, die Kinder mit ihrem Hausnamen zu rufen, “Dominika” ist
also der Nachname, die korrekte Anrede (bis zur Erlangung von
Magistertitel und Präsidentschaftsamt) war also stets “Meindl”.
Meindls Eltern hatten es sehr schwer als Kinder der letzten Köhler
von Gramastetten, doch als Angehörige der Aufbaugeneration konnten
sie durch täglich 12 Stunden Arbeit einen bescheidenen Wohlstand
schaffen. Es ist wiedereinmal ein verbaler Anschlag der neidigen
Gegner, zu behaupten, das faszinierende Tyrannentalent sei ein
verwöhntes Ärztekind, nein, sie ist auch eine sehr klassenbewusste
Kämpferin für die Anliegen der Kleinbauern und
Kleingewerbstreibenden, denn Leistung muss sich wieder lohnen.
Meindls
Vater, ein bescheidener Waldbauernbub, Medizinalrat Primar Dr. Josef
Meindl, erzählt, dass seine Drittgeborene schon mit 1,5 Jahren auf
eigenen Beinen stand. Was vielleicht nicht früh ist, angesichts der
barocken Ausmaße der Gliedmaßen aber schon wieder eine
Top-Leistung. Es ist jedoch ein Gerücht, dass Mutter Anneliese ihre
Tochter zur Kinderärztin getragen habe, da sie vermutete, ein
Herzfehler sei schuld daran, dass sich Meindl erst mit einem Jahr zu
bewegen begann, und dass die gemeine Ärztin gesagt habe, “nein,
die ist nur faul”. Das ist diese Niedertracht des Anpatzens, an dem
sich Meindl nie beteiligt hat.
Die
junge Präsidentin wusste sich überall gleich Freunde zu machen, sei
es durch ihre charismatische Ausstrahlung, sei es durch ihre Bildung
– ein Abschluss in Philosophie mit ausgezeichnetem Erfolg, was
Meindl aber immer wieder vergisst, weil ihr Noten nicht so wichtig
sind. Sei es durch ihre leicht groben, leicht lustigen Scherze, mit
denen sie sich auch dem weniger gebildeten Volk verständlich zu
machen weiß. Meindl besticht durch ihre Vielseitigkeit – sie kann
drei bis vier Bier (bevorzugt Schlägl, hidden
champion
der Braukunst) trinken, aber auch druckreif über “Singularität
und Alterität unter besonderer Berücksichtigung der Dekonstruktion
Jacques Derrida” referieren. Wenn sie von ihren wissenschaftlichen
Expeditionen und kühnen Abenteuerfahrten in das von ihr so innig
geliebte Tote Gebirge erzählt, kommt die gefühlvolle Seite der
sonst so tough wirkenden Despotin durch. Gestern war sie zum Beispiel
auf dem Großen Kraxenberg, wofür sie den Aufstieg über die
südliche Wassertalflanke wählte, ein alpinistischer Husarenritt der
Schwierigkeitsstufe II, frei geklettert, wovon die bergtaugliche
Präsidentin nicht viel Aufhebens macht. Wann immer sie auf dem
Plateau des größten Karstgebiets Mitteleuropas angekommt, ist sie
so gerührt, dass ihr manchmal das Wasser in die Augen steigt, die
grün wie das absterbende Laub der Latschen im Herbst sind. “Wenn
die Gamserln so lieb im Gebirg stehen”, sagt sie immer, “und die
Sonne über die geliebten Gipfel streicht, da sehe ich wohl ist die
Welt so groß und weit Und voller Sonnenschein. Das allerschönste
Stück davon Ist doch die Heimat mein Dort wo aus schmaler
Felsenkluft Die Steyr springt heraus Vom großen Priel dem Grat
entlang Bis zu der Staumau in Klaus. Hei di hei da hei da Ju vi val
le ral le ra Hei da hei daJu vi val le ral le ra!” [spätestens
hier haltlos weinen]
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