Donnerstag, März 25, 2010

Ich hab keinen Klopfer

Gestern trug es sich zu, dass ich an der Krebsenbudel anstellig wurde, um ebendort Bier an mich zu nehmen. Da drehte sich die vor mir wartende junge Dame zu mir um und sprach ansatzlos: "Host du an Klopfer?"

Schon wollte ich mir polternd Mutmaßungen über meine geistige Gesundheit verbitten, als mir gewahr ward, dass sie mich für eine Servierkörperin gehalten hatte. Mein lauthälsiges Lachen machte die Irrende verlegen, was sie mit einem "Du hättest aber eine gute Kellnerinnen-Haltung!" kompensieren wollte. "Würdest du also eine Umschulung empfehlen?" frug ich, immer noch glucksend. "Ja klar! Was machst du denn jetzt?" "Ich bin Schriftstellerin", kokettierte ich in die entgleisende Mimik der Dame hinein.

Das war lustig. Wie ihr wisst, bin ich ja höchstens eine tagelöhnende Schreibmaschine, aber die Verlockung war zu groß.
Im Übrigen scheine ich generell keine allzu vergeistigte Attitude zu vermitteln. Vor Jahren hat mich ein junger Mann für eine Maurerin gehalten. Meine Oma selig meinte einmal "Wenigstns oane, de nu fia d'Oawat is!" als sie über die Kletterschwielen an meinen Händen strich.
Mir ist das nur recht. Vielleicht kann es ja so klappen, die Arbeiterklasse literarisch zu befreien.



5 Kommentare:

Goldbär hat gesagt…

Die immer gleichen Bilder lösen die immer gleichen Reflexe aus: Was hier von einem besorgten Vater als Widerspruch angedacht wird, ist im Grunde DER große Entwurf, um der komplexer werdenden Realität des 21. Jahrhunderts mit sozialem und beruflichem Multitasking zu begegnen. Schon der junge Marx schrieb optimistisch von der "Emanzipation der Arbeit" und hielt die praktische "Aufhebung der Arbeitsteilung" für realistisch, um einen gesellschaftlichen Zustand zu erreichen, in dem es möglich ist, "heute dies, morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade Lust habe, ohne je Jäger, Fischer, Hirt oder Kritiker zu werden" (Die deutsche Ideologie. Marx/Engels, MEW 3, S. 33, 1846/1932). Sowie nämlich die Arbeit verteilt zu werden anfängt, hat jeder einen bestimmten ausschließlichen Kreis der Tätigkeit, der ihm aufgedrängt wird, aus dem er nicht heraus kann (schönes Sinnbild dafür: der Zaun um den Bagger), wenn er nicht die Mittel zum Leben verlieren will - während in der marxistischen Gesellschaft jeder sich in jedem beliebigen Zweige ausbilden kann, die Gesellschaft die allgemeine Produktion regelt und mir eben dadurch möglich macht, morgens zu fischen, nach dem Essen zu forschen, nachmittags Weblogs zu kommentieren, abends Fußball zu spielen und hin und wieder Bagger zu fahren, ohne je Fischergott, Kommentiergott, Fußballgott, Zeitgeschichtegott oder Baggerfahrergott sein zu müssen.
In diesem Sinne sei den Kindern dieser Welt folgendes Abendgebet ans Herz gelegt: Lieber Gott, ich danke dir dafür, dass ich nichts richtig gut kann, aber richt gut darin bin, sehr viel ein bisschen zu können.

Dominika Meindl hat gesagt…

Spannend, Doktor Goldbär, dass du vermeinst, es gäbe im Internet keine Haltbarkeit und du könntest einfach einen Kommentar aus dem Jahr 2005 noch einmal hier veröffentlichen? Und zwar fast weniger als gar nicht kontextsensitiv. Denken Historiker nicht in Jahrtausenden? 2005, das war doch erst heute Morgen, quasi.

Ich aber sage dir: Der Journalismus ist die Rache am Archiv!

Dominika Meindl hat gesagt…

Außerdem ist mir jetzt während des Schreibens noch eine ganz neue Replik auf deine Ausflüge in die Philosophiegeschichte eingefallen. Hier ist sie schon:

Dr. Goldbärs Analyse ist ebenso interessant in ihrer ungebrochenen, fast schon jugendlichen Begeisterung für linke Selbst- und Arbeitskonzepte wie bezeichnend in ihren Widersprüchen, die sich bei diesem Mindsetting in der komplexen Realität des beginnenden 21. Jahrhunderts zwangsläufig ergeben.
Die eigentlich gesellschaftsrelevante Tätigkeit ("Forschen") des Autors wird postprandial hingeschludert, während alles andere einem übersteigerten Individualisierungsstreben geschuldet bleibt. So exkludieren die erwähnten Handlungen, wie etwa kabarettistische "Humor"- bzw. Kommentarproduktion oder die pseudomäßige Volkskörperertüchtigung, die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit, (was insbesondere an der stets zweistellig bleibenden, mit Klassendünkel behafteten, dekadenten Leserschaft von Kommentar und Weblog bzw. am maximal zu dritt betriebenen Fußballspiel manifest wird).

Meine Analyse lautet wie folgt:
Man kann nach Foucault, Derrida oder Waldenfels das in der Moderne absolut gesetzte Subjekt nicht durch einen aufgesetzten marxistischen Impetus vom Thron der Schöpfung stoßen bzw. gleichzeitig (neoliberal konnotiert - Stichwort "Multitasking") die Arbeit am durchgestylten Selbstbild ("Schaut wie vielseitig ich bin! Ich kann auch als Zeitgeschichtegott im Kabarett UND beim Sport brillieren!") propagieren.

Goldbär hat gesagt…

Danke für das Stichwort Fußball. Das gehört nämlich auch wieder einmal gesagt: Die Tatsache, dass Friedrich Torberg, Klaus Buttinger und meine Wenigkeit die Fußball-Kastanien aus dem Feuer der intellektuellen Tabus geholt haben, darf nicht zu jenem Umkehrschluss verleiten, dass ballestrisches Know-How gleichsam die Eintrittskarte in die closed community der Geistesmenschen bedeutet. Wer diesem Irrtum aufsitzt, befindet sich schon auf der slippery slope der Peinlichkeiten. Friedrich, Klaus und ich merken das, wenn Möchtegern-Intellektonelle - bar jedes emotional-biographischen Bezuges zum runden Leder - die schönste Nebensache der Welt als bloß plattitüdenhaftes Zitat rezipieren, nur um ihrer Schöngeist-Aura eine Arbeiterklasse-Exotik zu verpassen. Das hat mehr mit schlechten Spin-Doktoren zu tun, als mit Authentizität. Ein widerlich-leidenschaftslos-berechnender Missbrauch proletarischer Freizeit-Attribute durch die selbsternannte Schöneringer Boheme ist das.
Golfer, bleib bei deinem Leisten!

Dominika Meindl hat gesagt…

Dein Remix zum Thema Fußball krankt schon alleine daran, dass der von dir erwähnte Buttinger dabei etwas praxisfern ist. Dem hab ja sogar ich schon mal ein Türl geschossen.

Was ich damals inhaltlich darauf geantwortet habe, weiß ich aber leider nicht mehr.
Reicht als Replik, dass du in deinen Ausführungen schon alleine otrhographisch gepatzt hast?