Freitag, Mai 15, 2009

Der eremitierte Professor: Herr Monet will dann mal weg

In der beliebten und mittlerweile beleibten Serie "Herr Monet und Frau Minkasia fragen sich was" erreicht mich heute ein Austrittsgesuch meines Ausfratschel-Duettpartners:



"Liebste Minkasia,

aufgrund zahlreicher unentschuldbarer verfehlungen der von mir eigentlich so hochgeschätzten österreichischen gesellschaft, also der gesamtheit an potentiellen menschen, denen ich begegnen könnte und kann und auch zu einem kleinen teil schon begegnet bin, überlege ich mir derzeit einen rückzug aus ebendieser, um mich unmissverständlich zu positionieren, will sagen meinen unmut klar auszudrücken und eine weitere an mich herangetragene verrohung (stichwort tagespolitik) zu vermeiden.

Kurz: Ich möchte eremit werden. Und schriftsteller. Eremitierter schriftsteller sozusagen. Um nicht mit desavouierten diktatoren in südlichen, ölreicheren ländern verwechselt zu werden, schließe ich die bewohnung eines erdloches aus und ziehe eher eine felshöhle, eine abgelegene schwedische insel oder eventuell sogar eine verlassene holzhütte im gebirge in betracht.

Gibt es bei der wahl des wohnortes etwas zu beachten? Wie kann meine baldige abschottung möglichst effizient erfolgen?

Danke und auf nimmerwiedersehen,

René Monet"


Nun, liebster Herr Monet,

zunächst stimmt mich Ihr Eremitierungsgesuch betrüblich, da ich Sie ja auch in Ihrer analogen Erscheinungsform zu schätzen gelernt habe und ich Ihres Anblickes künftig nur noch ungern entraten mag. Und doch teile ich innig Ihre tadelnde Haltung gegenüber dem einheimischen Humanpotenzial. Unschönes hat sich ereigent, ereignet sich und wird sich ereignen. Um dagegen mit unseren Fäusten oder gar wackelnden Mahn-Fingern anzukämpfen, sind wir allem Anschein nach zu schwach, denn die Welt - auch die uns beide unmittelbar umgebende des oberösterreichischen Zentralraums - ist seit unser beider Geburt im Jahr 1978 kaum einen Deut besser geworden. Vor allem aber ist es mir kategorischer Imperativ, dem Gedeihen der Literatur dienlich sein zu können.

Hier also mein Eskapismus-Support. Da ich Ihrem literarischen Eremitierungswollen keinerlei Urlaubsgelüste unterstellen will, kann mein Rat nur lauten: Stay at home, Baby. Kaka en oiko krypte, sagte der alte Grieche, wenn er Schlechtes zuhause zu verstecken riet. Zuhausebleibing ist das neue Ins-Exil-Going, Daheim das neue Weg. Die Gratifikationen, die mit der inneren Immigration einhergehen, lassen sich hier nur auf Kosten der mittlerweile ohnehin schon arg gebeutelten Leserspätzchenaufmerksamkeit aufzählen. Ich beschränke mich auf die eminente Kostengünstigkeit.

Ganz wichtig: Durchtrennen Sie die Internet-Nabelschnur! Mir ist allerjüngst Kunde von einer ewig sich selbst verhindernden Pseudoschriftstellerin hinterbracht worden, die zwar tagelang keine analogen Sozialkontakte pflegte, dafür all ihre Zeit in diesem beknackten Facebook verluderte, um dort alte Sandkastenliebschaften molestieren.

Mögen wir aus dem Buch der Gesichter bald wieder gestrichen werden!

Hochachtungsvoll und adieu,
Frau Minkasia Ganofsky

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wunderbar! Verabschiedungszeitpunkt steht hiermit mit dem 2. juni fest! Danke für die eremitierungshilfe!
Ergebenst, René

Dominika Meindl hat gesagt…

Freut mich nicht im geringsten, Ihnen in dieser Angelegenheit von Hilfe gewesen zu sein!
Mit dem Ausdruck meiner vorzüglichsten Hochachtung,
Minkasia