Phänomenologie des Aufschiebens: die Prokrastination
Endlich wissenschaftlich erfasst: das reflektierende Nicht-Anpacken wichtiger Dinge
Viele Menschen kennen mein aktuelles Problem: Es ist Freitag, 16 Uhr 12, ich könnte etliche Aufdeckerartikel vorschreiben, die Linz in den Grundfesten erbeben lassen, oder das Bergwerk der Worte verlassen und daheim endlich mal wieder auf Lurchjagd gehen bzw. staubsaugen. Stattdessen aber verludere ich die letzten Reste meiner schwindenden Jugend im Internet und tue dabei fast weniger als gar nichts.
Schon vor einigen Tagen hat mich der Sekretär des Weltraumpapstes damit konfrontiert, dass dieses im Volksmund auch "Aufschieberitis" oder "Studentenkrankheit" genannte Phänomen sich nun in der Zange der Wissenschaft befinde. Und in der Tat, heute bin ich beim surfenden Aufschieben wichtiger Erledigungen auf einen entsprechenden Artikel gestoßen (Link in der Überschrift, siehe aber auch
http://riesenmaschine.de/, "Die Wahrheit der Formel").
Die Leistungen der Wissenschaft bestehen immer ganz zuerst in einer Kindstaufe: Wir sprechen von nun an also von der
Prokrastination.
Im Artikel heißt es übrigens, dass Menschen mit schlechter Selbstkontrolle prokrastinationsanfälliger sind als solche, die sich gut im Griff haben. Diese Granatenerkenntnis entstammt - kaum unglaublich - Psychologenhirnen (was da sonst noch alles herauskommt, ist im heutigen Posting "Hunde halten" zu lesen). Interessanter ist da schon, dass Menschen mit besonderer "Aufsässigkeit, Sensationsgier oder Neurotizismus" nicht zwangsläufig prokrastinieren.
Da muss ich nun vehement Einspruch erheben. In jahrelanger selbstreflexiver Autophänomenologie habe ich in mir die Prototypin der Abschweifung entdeckt. Wer das verifizieren will, möge in meinem hier versammelten Archiv (ich nenne es auch scherzhaft "Schreibtruhe", haha!) herumwühlen oder sich meine wesentlichen Wesenszuge vor das geistige Auge halten (aufsässig, sensationslüstern, neurotisch).
So, und nun aber lasst euch nicht länger aufhalten von den wichtigen Dingen des Lebens. Ich bleib hier noch ein wenig sitzen ...