Samstag, Mai 13, 2006

Neue Geschichten vom Scheitern - The not so Great Escape



Als kleinen Vorgriff auf die Reiseberichterstattung, die sich ereignen wird, sobald meine Seele nachgekommen ist und ich weiß, was die Reise mit mir gemacht hat, möchte ich euch noch schnell eine Geschichte erzählen, die sich in Bolivien in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends abgespielt hat.



Ich war damals noch sehr jung, 27 vielleicht. Weder mein Vater noch ich erinnern uns an den Anlass für meinen Beschluss abzupaschen, wohl aber an die Folgen: Mitten auf dem Salzsee von Uyuni beschloss ich, davonzulaufen und mich dem bolivarischen Nationalzirkus (wurde von Evo Morales gerade rückverstaatlicht) "anzuschließen". Ich wusste sogleich, dass ich aufgrund meiner in der Zwischenzeit zu erstaunlicher Kunstfertigkeit angewachsenen elfenhaften Eleganz und Akrobatik dort jubelnd empfangen werden würde.


Ich nahm zwei Atemzüge und schickte mich an, laufend den Salzsee, der nur so groß wie Oberösterreich ist und auf 3600 m liegt, zu überqueren. Nachdem ich zwei Schritte getan hatte, musste ich japsend einsehen, dass ich meine Flucht wohl etwas entschleunigen würde müssen. Dann ging ich!

Mein Vater erzählte Tage später unter Tränen (allerdings nicht der bitteren Reue), er habe mich langsam davonlaufen sehen und sich dann nach einer halben Stunde gefragt, ob er sich jetzt Sorgen machen müsse. In der Zwischenzeit war ich ca. 200 m weit gekommen. Ich setzte mich erschöpft auf die Oberfläche des Salzsees und aß meinen ganzen Proviant auf. Dann wurde mir klar, dass das so nichts werden würde. Ich blies die ganze Sache ab! Nach einer halben Stunde und zwei Minuten kehrte ich in die Arme meines lachenden Vaters zurück.
Deswegen bin ich doch nicht drüben geblieben.

[Nach einer Erzählung von Dominika Meindl. Original nachzulesen unter dem Link in der Kopfzeile]

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