Mittwoch, Dezember 21, 2005

Menschlich betrachtet: Autoaggression

Gestern trug sich etwas zu, das spontan und unbürokratisch einen Podestplatz im Ranking meiner schröcklichsten Kindheitserlebnisse eingenommen hat.
Hier kommt die Geschichte:

Als vom Schicksal mit Samthandschuhen gestreicheltes Ärztekind (im Fachjargon "Plüschtierchen" genannt) chauffiere ich mich jedes Jahr vor Weihnachten von Haustür (Brigittenau) zu Haustür (Leidensweg). Zu diesem Behufe stelle ich mir das Auto irgendwo ins schöne Ottakring, präge mir dieses Irgendwo aufgrund schlechter Erfahrungen mit meinem Kurzzeitgedächtnis sorgfältig ein und hole es mir dann bei Bedarf.

Doch Schockschwerenot - heuer war das eingeprägte Irgendwo leer, mein Herz in Folge voll Schrecken! Ich dackelte greinend in die nächste Polizeiwachstube und klagte dem diensthabenden Inschpekta mein bitteres Los. Diesen dauerte mein Schicksal, sodass er in detektivischer Kleinarbeit herausfand, dass Vaters schöner Mercedes von einer räuberischen Bande mit dem Codenamen MA 48 gleichsam gestohlen worden war.

Ich, die ich das Auto schon in Bratislava gewähnt hatte, machte mich hoffnungsfroh auf den Weg. Als ich jedoch mit der U-Bahn quer durch die Stadt, mit irgendeinem Vorortebus aus ihr hinaus und zu Fuß weit in die Simmeringer Haide hineinstapfte, musste ich erkennen, dass ich wahrscheinlich flotter in die Slowakei als zum Verwahrplatz der Räuberbande gekommen wäre.

Links die Hauptkläranlage, rechts das Tierkrematorium, unter mir Gatsch und Hundekacke, sekündlich den Tod unter einem LKW-Reifen fürchtend und v.a. ohne Proviant im Rucksack - so lernte ich mit 27 die Schattenseiten des Lebens kennen.

So war das. Das Auto habe ich schließlich zurückerobern können, aber das ist eine andere, weniger lehrreiche Geschichte, deren Moral darauf hinausläuft, dass die von der MA 48 wohl ein wenig theorieschwach in der Birne sind.

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