Montag, Januar 22, 2024

Wir können euch die Freiheit nehmen, aber nicht das Leben (sagen die woken Eliten zur schweigenden Mehrheit der Normalen)

Auch diese Lebewesen möchten am Freitag freihaben, müssen sich aber u.a. diesen Text anhören, weil sie in einer Diktatur leben.

Hier ein "sehr guter" Textbeitrag für die Lesebühne "Hilfe, Diktatur!" am 12. Jänner 2024

Vorbemerkung für alle, die zwischen den Jahren Besseres zu tun hatten, als ausgeblichene US-Blockbuster aus den 1990ern zu schauen: „Braveheart“ erzählt die Geschichte von William Wallace (Gibson), einem schottischen Freiheitskämpfer gegen die britische Despotie. Es geht schlecht für den Mann, aber gut für die Freiheit aus! Meine Kurzkritik: Hier kämpfen Männer darum, im kalten Schlamm leben zu dürfen. Der SPÖ-Nationalratsabgeordnete Andreas Kollross hatte (so wie die Autorin) offensichtlich auch nichts Besseres zu tun als besoffen fernzuschauen. Was nicht verwerflicher ist als Nasenbohren, man soll dabei nur die Finger von den „sozialen Medien“ lassen und nicht davon fantasieren, das ius primae noctis (=Frauenvergewaltigung) wieder einzuführen. Denn so kann es passieren, dass Herbert Kickl ein Drehbuch für eine zeitgenössische Adaption des Films in Auftrag gibt, und ich es schreiben muss, weil so ein Haus heizt sich nicht von alleine, aber es sind eh nur zwei Seiten, also bringen wir es hinter uns. 

Kurz nach der Jahrtausenwende wird der Westrand Osteuropas von einer gigantischen Völkerwanderung getroffen. Scharen von Erd- und Höhlenmenschen überfluten das Land zwischen Neusiedler- und Bodensee, das seit urdenklichen Zeiten von den Clans der edlen Alpenvölker zur Blüte gebracht. Die stolzen und freien Menschen werden aber nicht nur von fremdgläubigen Horden bedroht, denen hätten sie dank urwüchsiger Kraft leicht vor den Toren Wiens Einhalt geboten, sondern hinterrücks von den eigenen Clanführern! Sie bilden in den effeminierten Städten einen abgehobenen Machtklüngel, ein westliches Mega-(ich hab MEGA gesagt!!!)Konglomerat, das die Umvolkung der eigenen Bevölkerung plant.  

Willibald Wallner ist Sohn eines hart arbeitenden Kleinunternehmers (Jagdzubehör und Ölkessel), der sich als Vizebezirksobmann im Zweifrontenkrieg gegen die vaterlandsvergessenen Globalisten und die sarazenische Menschenflut opfert. Willibald muss dabei zusehen, wie er aufgerieben wird, der Vater fällt der Trunksucht anheim und sieht sich zur Flucht gezwungen, weil ihn die Vertreter der Propaganda-Journaille aus dem Amt zwingen, nur wegen einer andersdenkenden Zeile in einem alten Liederbuch. Wallner sen. ward nie mehr gesehen, ab und zu berichtete ein Kreuzschifffahrer, ihn in einer Strandbar in Phuket gesehen zu haben, aber das blieben Gerüchte.  

Willibald Wallner trauert, aber er will nichts anderes, als ein gutes Leben, berufliche Erfüllung, ein schönes Heim, eine liebe Frau und Kinder, die es einmal besser haben sollen als er, der sich nach den langen Ausbildungstagen in der Freiheitlichen Akademie nächtens noch stundenlang selbst online weiterbildet. Wallner kehrt in sein Heimatdorf Trumau heim, wo die Jugendliebe Herta treu auf ihn gewartet hat. Ihre Eltern sind gegen die Liaison, weil sie ÖVP-Wähler und für den Impfzwang sind, aber die jungen Leute lassen ihrer Romanze in der herrlichen Landschaft der Thermenregion freien Lauf. [Hier Sexszenen einbauen bei Bedarf!] Bis zu dem Tag, an dem der zynische SP-Bürgermeister in einer kalten Nacht besoffen twittert, er wünsche sich die Wiedereinführung des ius primae noctis, dass er also alle jungen Bräute in ihrer Hochzeitsnacht entjungfern dürfe. 

Da platzt dem heißblütigen Willi der Kragen! Er spricht auf Telegram eine Fatwah gegen den roten Despoten aus, wie ein Mann strömen die Aufrechten aus ihren Häusern, mit Traktoren und PickUps blockieren sie die A3 beim Knoten Ebreichsdorf und die E59 bei Tribuswinkel. Mit der Wucht des Unrechts schlägt das System zurück. In der Untersuchungshaft wird Willi gefoltert. Die Kost ist vegan, aber Willis Wille bleibt ungebrochen, er wird trotz Avocado-Bowls und Kichererbsenaufläufen nach Rezepten des Sadisten Ottolenghi (Israeli!!) nicht schwach. [Hier raffen wir die Handlung, ist ja nur ein Draft!] 

Es kommt landesweit zu Bauernaufständen gegen den oktroyierten Ethnopluralismus, aber vor allem gegen die woke Elite da oben. Willi wird zum heroischen Anführer im Kampf gegen ideologische Missgeburten, queere Genderdiktaturen und unordentliche Beschäftigungspolitiken. Er trotzt der wortbrüchigen Landeshauptvogtin Wiedergutmachungspensionen für die in der Coronazeit tyrannisierte schweigende Mehrheit ab (45% des Landesbudgets). Willi führt die Revolte auch tapfer weiter, als ihm gekaufte „Wissenschaftler“ unterstellen, dank der Traktorblockaden werde unabsichtlich mehr CO2 eingespart, als die Grünen in Jahren in der Regierung geschafft haben. Willi schreibt sich in den sozialen Netzwerken die Finger blutig, „auch die Hamas hat es verdient, ihre Argumente vorbringen zu können!“, er wirft Hundekot in die Briefkästen feministischer Hackerspaces in ehemaligen Branntweinstuben, er schenkt seiner Gattin sieben Söhne. 

Es kommt, wie es kommen muss in einer Diktatur – nur durch Verrat wird das Unrechtsregime Wallners habhaft (Anzeige der Nachbarin, Wiederbetätigung, bloß wegen ein paar geteilter Memes in der Elternvereins-Telegram-Gruppe). Willi wird verhaftet und einem Tribunal vorgeworfen. Nach Verkündigung des Schandurteils (6 Monate bedingt) erhebt sich der stolze Märtyrer und brüllt aus voller Kehle: 

MeinungsFREIIIIIIIIHEIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIT!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! 

Wer jetzt nicht weint, ist links!

Montag, Januar 01, 2024

Existenzielles Schokoschneiden, Schiachperchten und gegenderte Idioten

Phantomereignisse und -geräusche im Dezember 2023

1.12.

Schneefall bedeckt gnädig den spätherbstlich abgefrühstückten Zentralraum. Mehr aus Glück denn Planung habe ich schon Winterreifen an der Karre.

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Eine Hochzeit im Strandgut, Besiegelung eines späten Happy Ends. Es ist eigentlich eine extrem sinnvolle Sache, dass manche unserer Festlichkeiten jetzt schon am frühen Abend enden. Ich fahre, nur ganz mild alkoholisiert, durch das dichter werdende Schneetreiben heim. Fini rennt mit zwei riesigen Dobermännern und einem Labrador als Herde schwarzer Schatten über das nun ganz weiße Feld. Der Winter bricht mit solcher Vehemenz ein, dass wir um ein Haar nicht den „Berg“ zur Bundesstraße hinaufgekommen wären (was wäre die Alternative gewesen? Mit der Fähre nach Ottensheim und heim über Linz?!). Dann eine ätzende Stunde hinter Menschen nach Wels, die ihr Leben noch schlechter im Griff haben als ich. #sommerreifen #winterunreif

2.12.

Eigentlich wollte ich mit den Hausfrauen und Müttern von Wels die Skitourensaison eröffnen, aber über Nacht ist der Berg in die Stadt gekommen. Der Schneepflug hat sämtliche Autos in der Gasse eingemauert.

Ich mache stattdessen eine leicht apokalyptische Wanderung in den Norden, was ästhetisch und menschlich schön ist, denn die Leute sind einander in diesem wenig tragischen Ausnahmezustand behilflich. Es wird ungeschickt Auto gefahren, aber nicht geschimpft. Erstaunlich viele sind in Sneakern unterwegs. 

Bücherstierln bei Fasthubers. Wenn ich bis zum nächsten Jahr ein Drittel meines eh nicht sehr hohen Stapels lese, kann ich schon zufrieden sein.

Abends suche ich mein eigenes Auto, und wie durch ein Wunder steht da tatsächlich eine Schneeschaufel an der Wand. Ich arbeite im Schweiße meines Angesichts. Ein Typ kommt daher und verwickelt mich in Smalltalk. Zum Glück bin ich dank Hundes dafür jetzt offen. Irgendwann geht er. Bald kommt er zurück, mit einer zweiten Schaufeln, er hilft mir, und erst da checke ich, dass schon die erste Schaufel ihm gehört.

3.12.

Ein Verkehrsreferent sagt in den OÖN, die Ergebnisse des Planquadrats seien „ernüchternd“ gewesen, einer der Erfassten habe sogar 3 gehabt.

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Ein junger blonder Mann von ziemlichem Ausmaß steht im Zug und lächelt mir direkt ins Gesicht hinein. In einem kurzen Rückfall in soziophobe Zeiten schaue ich genervt weg. Beim Aussteigen sehe ich, dass er einen riesigen Perchtenkopf mit langen Bockshörnern in der Hand hält, und nicht nur mich freundlich anschaut, sondern alle um ihn herum. „Lächeln Sie jetzt noch einmal alle an, bevor sie uns erschrecken?“ frage ich ihn. „Naa“, sagt er entrückt. (Nachtrag 2024: in „Minihorror“ gibt es eine großartige Passage über die Fragilität der Perchtenläufer!)

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Facetten-Lesung mit Günther Kaip und Magdalena Wieser. Danach „beschwert“ sich Christian Steinbacher, dass er wegen Fini seinen Wein verschüttet habe, weil ich sie darauf trainiert habe, bei Nennung des Namens seines Enkels zu kläffen. 

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Sehr niedliche Kinder bei der Heimfahrt im Regionalzug: „Deine Mama in meiner Fresse!“ „Du kleiner Hundesohn! Du kleiner Hundesohn!“ „Ich hab die gleichen Schuhe wie du.“ „Hast du sie dir gewünscht?“ „Meine Mama hat sie mir einfach so gekauft, sie hat mich nicht einmal gefragt.“

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Heidi List ist krank und schreibt darüber im Falter. „Ich musste mir eine Autosendung bei lebendigem Leibe ansehen.“

4.12.

Ein Pensionist in den USA arbeitet ehrenamtlich als „Catnapper“ im Tierheim, er macht dabei exakt das, was das Wort verspricht, nämlich Nickerchen mit den armen Katzerln.

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Wenn ich mich bei dieser Kälte eilig für Termine außerhalb des Hauses herrichten muss, fühlt es sich an wie dieses Spiel, wo man hektisch in Handschuhen, Haube und Schal Schoko schneiden muss. Eine leicht zermürbende Mischung aus Pseudostress und Spaß.

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Arno Geiger trifft einige meiner Nerven – die Hinfälligkeit der Eltern und das Ausmisten, die Gesellschaftsanalyse anhand dessen, was sie wegschmeißen, und das öffentliche Leben: „Trotzdem vermag ich mich nicht an viel zu erinnern, denn das Gesehenwerden ist eine ernsthafte Angelegenheit, die einen ganz in Anspruch nimmt.“ „Das glückliche Geheimnis“ ist eines der wenigen Bücher, bei denen es wurscht ist, wo ich aufgehört habe zu lesen, gerne steige ich bei bereits Bekanntem wieder ein, weil es ja triftig bleibt (und weil ich natürlich wie immer schlampig gelesen habe).

5.12.

Im Traum bin ich in einer meiner Berglandschaften. Jörg Piringer berichtet von einer Hütte im Ochsenkar, wo er ein Aufenthaltsstipendium erhalten habe. Ich beneide ihn und bin fertig, weil ich dieses Kar im Toten Gebirge gar nicht kenne. Da rennt zweimal eine Herde Büffel hinein. Ich weiß plötzlich, dass ich im Zorn über Hulk-artige Kräfte verfügen könnte, aber nicht absichtlich hervorrufen kann. Selbst nicht, als ich zu Fleiß in das Orban-Ungarn reise.

6.12. Glöcklkar

Die Hausfrauen- und Mütterrunde ist wieder aktiv! Möge es mir von nun an weniger bedrängend vom Nichtbergsteigen träumen. L. rast elegant durch den Lärchenwald, Fini japst ihm entsetzt fiepend hinterher durch den hundshohen Schnee. H. und ich taumeln unbehelligt zwischen den Stämmen zu Tal.

7.12.

Wieder einmal lange mit Walter S. telefoniert, trotz Zeitmangels – aber wir kommen einfach immer auf die existenziellen Themen, Körperbehaarung, sexuelle Überforderung etc. Er habe etwa nur Einschlägiges bei James Bond gesehen und war dann entsetzt, als mehr von ihm erwartet wurde, als brummend auf der Dame zu liegen. „Meine Beine haben gezittert!“ Es ist generell, befinden wir, jedes lebensrelevante Vorgehen ein Rückfall ins Tierische (GV und Stuhlgang).

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Geflügel“ heißt auf Holländisch „Gevogelte“. Diese Sprache ist nicht ernst zu nehmen.

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Am Parkplatz des Einkaufscenters West trägt ein kleines Mädchen seine eigene Windel zum Mistkübel, während ich Finis Morgengeschäft im Begleitgrün eintüte. Die junge Mutter streckt mir die Hand in Mulde hinab entgegen, „geben Sie's mir, ich muss ja sowieso zum Mistkübel.“

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Bei der LH-Visite in den neuen Büros spiele ich einen jovialen Menschen, so wie er auch. Unser Raum ist so minimalistisch eingerichtet, dass er noch als „leer“ bezeichnet werden muss, also bekomme ich Asyl drüben beim PEN. Beim Foto-Posing frage ich den Stelzer, welche Power-Gesten man aktuell mit den Händen mache. „Die meistn mochn so a Merkel-Raute.“ „Ok, i loss' afoch hänga.“ (Das Foto sieht dann wieder aus, als habe ich eine Sportverdienstnadel bekommen für meine Verdienste um die Schwerathletik in der Gemeinde Wilhering:)

Opake Glasfensterbeschriftung im Amtsgebäude:

8.12.

Wirken andere sicherer, weil sie sich nichts anmerken lassen oder scheißen sie sich wirklich weniger?

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Wie jeden Freitag ziehe ich abends mit einem komplett vollen Kofferraum beim Buttinger ein. Den Grund dieses Irrsinns möchte ich bei Gelegenheit erforschen, aber ich komme nie dazu, da ich wegen einer unheimlichen Macht in meinen Genen fortwährend mit Glumpertlogistik von A nach B okkupiert bin.

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Dank Melanie Mader kann ich aber in drei, vier Jahren vielleicht meine Friseursneurose auflösen. Sie schneidet mir die Federn, ohne dass ich viel über meine Wünsche („an da Seitn kurz und obn an Schopf, waast as eh, hoid a bissl flott wieda“) radebrechen müsste, und sie drängt mir nie einen neuen Trend auf.

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Die jungen HipHopperinnen sind alle so lieb und so extrem talentiert! Wenigstens habe ich einen Frack und eine neue Frisur. Alle sind 20 Jahre jünger als ich, weswegen ich mich selbst als Teil des Diversitätsgedankens von Beatzarilla bezeichne, „oder ist hier irgend jemand in diesem Raum älter als 40?“ Natürlich nicht, was frage ich auch. Wäre ich heute in diesem Alter auch ein wenig geschickter oder wieder so eine ambitionslose Lusche? 

Für den letzten vernünftigen Zug nach Hause verplaudere ich mich leider. Hektisch hosle ich in irriger Hoffnung aus der Kapu. Ein kleines Auto setzt sich neben mir in Bewegung, ich denke intensiv daran, dass es mich jetzt retten könnte, und mein Leben so viel schöner wäre, wenn es mich zum Bahnhof brächte. Da bleibt es stehen, eine freundliche Dame fragt mich, ob sie mich irgendwohin mitnehmen könne. Bis zum Bahnhof sind Charlotte Wagner aus Altenberg schon ganz dings miteinander. Ich will mir zumindest ihren Namen auf ewig merken, wenn ich schon kein Hirn für Gesichter habe.

9.12.

Engagiertes Nichtstun.

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Das Vögelfüttern hat jetzt auch Buttinger erreicht, nachdem die Meisen unsere Koks&Nutten-Kerze zerhackt haben vor lauter Hunger.

10.12.

H. erzählt bei der Jause auf der Bärenalm (während uns Schnee in die Krägen rieselt), dass er sich heuer für die weihnachtliche Mischpochenbespaßung etwas Unterhaltsames ausgedacht habe, da man einander ja nichts mehr schenke. Also wird er mit seinen Geschwistern Schoko schneiden. → Mein Grundgefühl ab -1° bzw. 4.12. 

Wir fahren immer eine Minute ab, dann besprechen wir fünf Minuten lang die Weltlage unter besonderer Berücksichtigung des zeitgenössischen Kunstschaffens (da höre ich aber mehr zu, als selbst berichten zu können). Von drüben grüßt der Stoderkamm. Es ist die apere Jahreszeit seine eigentliche, der Schneerock steht ihm aber schöner. Wir brauchen hinunter genauso lange wie hinauf.

12.12.

Ein schüchterner Schwärm-Traum, in dem ich mit DD Händchen halte, als wüsste mein Unterbewusstsein nicht, dass es frei ist. Sofort werden wir von RF beobachtet, deren Stirnrunzeln mir klar bedeutet, „ich kann's gar nicht erwarten, dich beim Buttinger zu verzünden!“ D flirtet daraufhin mit einer anderen, es kommt heraus, dass ihm mein Outfit zu „sportiv“ ist. Umfassender Ärger.

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Dame an der Kassa beim Fressnapf: „Darf man den Betriebsrat füttern?“ „Natürlich, er steht ja auf der Seite der ArbeitnehmerInnen.“ 

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Wir rasten nach der Radioaufnahme im GAV-Büro, ich sage „Fini, nicht auf die Couch“, woraufhin sie sich pflichtbewusst zwischen die zwei dort ruhenden Kolleginnen zwängt, da sie ja kein Nicht versteht. „Ich wusste gar nicht, dass du Hunde-Fan bist“, sagt Erstere, und Zweitere „bin ich auch nicht“, und ich „Fini mag eh auch keine Hunde.“

13.12.

Die Hoferin erzählt, wie ihr Sohn zu seiner älteren Schwester „du Idiot!“ sagt, gefolgt von einer kleinen Nachdenkpause: „Nein, du bist eine IdiotIN!“ Wir müssen schon korrekt bleiben, sonst wird unsere Rede unglaubwürdig.

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I.M. erzählt im Strandgut die großartige Geschichte von ihrem allerersten Interview für die HTL-Zeitung mit dem Pornojäger Humer. Ich würde sie gerne hier herschreiben, aber sie gehört nicht mir. 

GAV-Apfent, auch sehr schön! Aber das Foto gehört nicht mir:

Foto: Dieter Decker

14.12.

Vor der OÖN-Redaktion steht ein Herrenquartett in dunkelblauen Partnerlook-Anzügen, der FPÖ-Kerl stürzt sich auf Fini, beide sind begeistert von einander. Buttinger weniger, er brummt „Vorsicht, Klassenfeind!“ Aber der Populist sieht das Betriebsratsbrustgeschirr und sagt, er sei doch auch Betriebsrat gewesen! Es ist alles so komplex geworden.

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Nach der Pataphysikbesprechung kommen wir auf das Thema Autostoppen. WS erzählt, eine Freundin sei einmal naiv mit ins Haus eines Typen gegangen, der im Keller ein Damenbindenmuseum eingerichtet hatte. Seine Mutter habe sich zuhause im Mühlviertel direkt vor die Autos gestellt (Autos stoppen im ganz engen Sinn) und die Fahrer „gefragt“, ob sie ihren Buam nach Linz brächten.

15.12.

Der Hautarzt fragt nach dem Hausarzt, auch das Zuhören ist komplex geworden. Während er mir im Zuge seines Amtes eng auf die Pelle rückt, verfalle ich in Smalltalk-Übersprungshandlung. Plaudern als Abwehrversuch.

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Mit einer Schachtel voll soeben im Verlag abgeholter Romane stolziere ich durch das überfüllte Wien, es kostet mich viel Kraft, den Stadtmäusen nicht völlig ungefragt „DAS IST MEIN EIGENER ROMAN!!!!!“ in die grauen Mäusegesichter zu schreien.

Der Buttinger bekommt das Allererste, das zweite trage ich vor mir her in den Schl8hof, ich muss keinen Eintritt zahlen und an der Bar steht Herr Wenzel, der das zweite Buch geschenkt bekommt. Ich muss dauernd an mich halten, um nicht ein bisschen durchzudrehen. 

Der Mitter Klaus überprüft mir die Hartkirchner Mosambik (=Moser Bäck)-Geschichte, meine oft und gern erzählte Version ist noch halbwegs korrekt (gerne bei nächster Gelegenheit nachfragen, sie ist sehr gut). Übrigens nur klug und kommunikationsökologisch, dass man sich mit fortschreitendem Alter immer dieselben Geschichten erzählt, statt irgendwas Dummes sich auszudenken oder Fades zu berichten.

Während des Austrofred&Razelli-Konzerts steht Klaus neben mir und kommentiert es so begeistert, als habe er seinen Freund nicht schon tausend Mal auf der Bühne gesehen, als sei das hier für ihn keine Arbeit. „I glaub', heit darreißt as!“ sagt er nach den ersten drei Minuten.

Von mir aus könnte das hier schon Weihnachten gewesen sein.

16.12.

Mit Coala in der Welser Metro. Wir sind in großer Sorge, dass es hier keinen Non-Food-Bereich gibt. Gibt's natürlich. Dort erklären wir einer müden Weinverkostungsdame, dass wir jetzt (11:30 Uhr) noch keinen Wein trinken können, dabei hat sie gar kein Wort an uns gerichtet. 

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K. schreibt: „Ich freue mich auf verantwortungslose Stunden!“ Die Damen entspannen sich zwischen mildem Alkohol und Staubmäusen (Putzen zahlt sich in diesen Tagen nicht aus, die Menschen machen eh nur Mist). Buttinger liegt oben beim Kachelofen und lässt sich servicieren, er meidet das Reich der in der Küche über Alltag und Geschlechterverhältnisse schwadronierenden Frauen („Ich habe keine Hobbys, ich habe drei Kinder“).

17.12.

Tage voller Menschen, 30mal den Geschirrspüler ein- und 33-mal ausräumen, anderen Leuten die Wohnzimmer versauen, die Leber knarzt jetzt schon. Ich habe das an anderer Stelle schon gesagt, aber WEHE, ICH MUSS EINMAL EINSAM STERBEN!!!!!!!!!

18.12.

Eine Skitour zwischen Angerkogel und Warscheneck, auf dem Grat zwischen Schönheit und Qual. Mit jedem Schritt muss ich sieben Kilo Schnee heben, der an den alten Fellen klebt, bei jedem Schritt die Sinnfrage. Im Schatten aber Pulver und schließlich ein neuer Gipfel (was selten geworden ist). 

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Zuhause repariert ein patenter Mann das Backrohr und erklärt mir, dass ich nach dem Stromausfall die Uhr hätte einstellen sollen, deswegen der Gesamtausfall des Geräts. What!?

19.12.

Zum ersten Mal in der Geschichte des Anthropozäns liegt Winkeln nur ganz knapp unterhalb der Nebelgrenze, auf Höhe des Alpakageheges zeigt die Sonne ihre winterliche Barmherzigkeit. 

WJ, Halter des schönsten Labradors des Bezirks, sagt, er verstehe nicht ganz, warum man Hunde an die Leine legen muss, wo doch das gefährlichste Lebewesen der Mann sei.

Kurz vor Wiedereintritt in die Wolkensuppe, im mystischen Zwischenreich, bleibt eine redselige Frau stehen, sie sei heute in Linz am Christkindlmarkt gewesen, so voll die Stadt!, und lauter Kinder, haben die denn nicht Schule?! „Alle dunkelhaarig, naja. Die leben alle auf unsere Kosten.“ Was an mir wiegt sie im Vertrauen, dass ich sie nicht für so deppert halte, wie sie ist?! Offensichtlich sind auch alle anderen vor mir zu müde gewesen, um sie darauf hinzuweisen. Ich drehe mich um und gehe in den Dunst hinab. 

 

20.12.

Wojtek und Kurt Hörbst kommen eine Viertelstunde zu früh, wodurch sich in der Küche ein authentisches ErdäpfelmitButter-Ess-Arrangement ergibt. Ich frage den bekannten Architekturfotografen, ob er für diesen Auftrag hier nicht total überqualifiziert sei? Er sagt: Wir sind für alles überqualifiziert.

Die beiden Herren begeistern sich schon an der Tassensammlung (ich habe ja noch alle davon im Schrank) und am synkretistischen Eck im Herrgottswinkel, weswegen ich beiden bei der Ablichtung und Begutachtung des Hauses freie Hand gebe. Insgeheim hoffe ich, dass es das Verkleidungszimmer in den Standard schafft. Fürs Hauptfoto soll ich mich im Frack auf den Kachelofen stellen, da ruft die Mutter aus dem Jenseits, dass das verboten sei. 

Es ist ja heikel, den Rückzugsort herzuzeigen, aber erstens sind die beiden extrem angenehme Herren, zweitens räume ich ja am ordentlichsten für mich selbst auf, drittens ist es einfach die lautere Wahrheit, dass das Haus als Begegnungszone gedacht ist. „Das ist ein Geisterhaus“, sage ich, „es spuken die Eltern darin herum, aber es ist nicht gruselig, sondern schön.“ Ich mache Wojtek auf die Stille aufmerksam, man hört nur Kurt gaustern. Einige Tage später wird sich Coala über die Phantomgeräusche des Vaters freuen, als ich Holz hole und den Kachelofen einheize, umgekehrt beschwört sie die Mutter akustisch durch engagiertes Kochen.

Später Fischlehrpfad mit Fini. Die Sonne ist schon lange untergegangen, aber es wird mit jedem Schritt wärmer, heller und prächtiger im Mondschein. 

Abends sitzen wir mit den Berlinern beim Wirten. Es ist entspannend, dass ihr Metropolleben auch nicht soooo viel aufregender ist, sie bleiben ja auch schon gern im eigenen Grätzl. Wir trinken Welser Rosé, „fesch zan Herdringa ba da Jausn.“

21.12.

Ein überraschend beglückendes Einkaufserlebnis beim lokalen Fleischhacker: „Ned reserviern, afoch herkumma!“, sagt die Frau fröhlich am Telefon (ich hatte panisch, weil viel zu spät angerufen). Das Geschäft ist bummvoller Leute, eine Zeitkapsel aus den 1980ern. Ich war noch nie hier, bekomme aber einen Stammkundenrabatt – und als ich den Hund erwähne, langt der Fleischhacker in den Topf mit Abschnitten und klatscht mir eine Faust voll Rindfleisch in die Folie.

22.12.

Das Wetter dramatisiert sich, am Gipfelpunkt der Garstigkeit rüttelt der Sturm wie eine Schiachperchte an allem, um zu sehen, was lose ist. Im Mittagsjournal spricht der Einsatzleiter von Pfandl, er heißt Landl.

***

Seit ich beim Augenarzt war, sehe ich viel schlechter.

23.12.

Es bleibt überraschend wenig zu tun, ich liege stabil auf der Couch. Raus muss der Buttinger, der nach einer Stunde nass, zerstürmt und leicht fassungslos zurückkehrt; der Hund wäre ihm um ein Haar in der reißenden Traun ersoffen.

Später taumeln Coala und ich aus dem Auto, alle drei Schritte sagt eine von uns „wieso hob i eigentlich nu kaa Bier in da Haund!?“

24.12.

C. hat das stillschweigende Herlegen von Süßigkeiten, die ihr nicht so dolle schmecken, von der Mutter auf mich vererbt. 

Obwohl der Kühlschrank in den Wanten knarrt vor Zeug, machen wir uns Sorgen, zu wenig Bier, Fleisch und Eier eingekauft zu haben, vielleicht verhungern wir trotz Viennetta und Sekt (bzw. sterben an Skorbut).

In der traditionellen Weihnachtsansprache wünsche ich meinen Völkern ein Jahr voll konsensueller Sexualität und Tierbussis. 


Das "Kind" schaut mich an: „Minki, wieso host du eigentlich kaan Mullett?!“ (Ich weiß bis heute, 11.6.2024, keine Antwort). Das andere "Kind" setzt die Brille auf, die Mama in den 70ern getragen hat, dazu trägt er ein Hemd aus den 90ern. „Jetzt schau i aus wie da Jeffrey Dahmer.“

25.12.

Im Fernsehen lauter Blockbuster aus den 1990ern, die kaum gute Frauenrollen, dafür viel männliche Dauerwelle hervorgebracht haben (am schlimmsten in „Robin Hood“). Die einzige Schwarze Person in „Dead Poets' Society“ ist Personal (oder fantasiere ich gerade, gibt’s überhaupt eine?). Die einzige Frau in „Der Name der Rose“ ist stumm, schön und geil. So stellt sich der Regisseur das mittelalterliche Proletariat vor – beim Lausen und Raufen um Abfälle. Trotzdem hoffe ich jedes Mal, dass die Bibliothek dieses Mal nicht abbrennt. „Das Schweigen der Lämmer“ wird mir verweigert, ausgerechnet, dabei darf Jodie Foster hier eine ganze Menge sprechen und muss keine Buserl herzeigen. Eine Vorschau auf den 28. Dezember, da läuft „Braveheart“: Hier ist ganz besonders viel gewelltes Herrenhaar zu sehen. Ganz bestimmt DER Film für romantisch veranlagte FPÖ-Wähler. Gibson ergeht sich wieder einmal in der Nachahmung des Leidens Christi. Man möchte die schottische Armee auf keinen Fall riechen. Sie kämpfen für das Recht, durch den Dreck zu stapfen und Felle von der Wäscheleine zu holen.

26.12.

Binnen einer halben Stunde füllt sich die Begegnungszone Leitenweg 7. Die Band „Flötenwahnsinn“ übertrifft sich heuer selbst, vor allem outfitmäßig, weil ich sie gebeten habe, sich im Verkleidungsraum keine Zügel anzulegen. Mein Großneffe verliebt sich spontan wie ein Entenküken in mich, weil ich zwei Darth-Vader-Kostüme besitze.

27.12.

Wir räumen bei 15° das Baumhaus und machen die Poolplane fest; bizarrer Klimawandel.

28.12.

Beim Notar staunen wir ernut über das gewaltige Myzel des juristischen Regelwerks, das unser Zusammenleben notdürftig regelt, als wären wir ein Volk von Teufeln.

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Neue Felle für alte Ski, teurer als echter Nerz (und doch aus Plastik).


29.12.

Die Sternsinger läuten, schnell werfe ich mir das Stahlkleid über, denn sie dürfen mich gern für die skurrile Alte in der Siedlung halten. Und ich werfe einen 20er in die Box, denn ich will auch die großzügige Alte sein. Eines der Kinder musste übrigens seinen einzigen Satz, den es an diesem Tag schon 57mal aufgesagt hatte, vom Blatt ablesen.

30.12.

Die Annen besuchen mich, wir tunken Cantuccini in Süßwein und stapeln tief, um einander zu erfreuen. AW sagt, sie werde dauernd von der Polizei aus dem Verkehr geholt und gefragt, ob sie getrunken habe, „dabei weiß ich doch schon nüchtern nicht, wo vorn und hinten ist!“

C. bringt wieder ein Sortiment an prachtvollem Glumpert und erzählt nebenbei eine Schnurre aus dem Showbiz: Als Lordi in der Tabakfabrik gastierten, bekam er eine Anfrage, ob er sie dorthin chauffieren könne, weil er in der Gegend den einzigen Sprinter im Fuhrpark habe, der hoch genug für den aufwändigen Kopfputz der Truppe ist.

31.12.

Auf dem Leitersteig Richtung Windischgarsten. Smalltalk mit einem freundlichen Paar, während Fini deren hilflos verliebten Dobermannmischling anknurrt. Der Mann ist von Weißkirchen, sie einheimisch, ich erzähle vom Mann in Wels. „Üwaroi find' si wos!“ stellt sie fest, der Mann seufzt. „Asso, i hob gmaant, wir redn üwa Freizeitaktivitätn.“ 

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Eine abschließende Mini-Orgie mit russischen Eiern, norwegischem Lachs und englischen Menschen, die bei „Auld Laung Syne“ auf BBC ein bisschen weinen. So kann 2023 enden.