19.11.
Die schwäbische Nachbarin (69): „I woiß ned, di Junge, ollerweil am Fortgehe, des hen mir do friha ned gmochet, do sei ma doch au ned so viel fort! I bloib de ganze Tag zhaus, des is mia am liwwa!“ (Ich hoffe, mein Schwäbischversuch fällt nicht unter #kulturelleaneignung)
20.11.
Um 14 Uhr von der Pyjama- in die Jogginghose. Hoffentlich hat mein angenehmes Leben irgendetwas damit zu tun, dass ich ein guter Mensch bin.
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Ein Paar nennt sein Kind Blendi Kastrati, eine Frau heiratet so, dass sie Mercedes Fenz heißt, und dann gibt es noch Tamino Grampelhuber. Vielleicht lösche ich diese Aufzählung später wieder, ich möchte noch ein wenig über das Verbot von Namenswitzen nachdenken, aber auch mein Bedürfnis, mich mit prekär getauften Menschen zu befreunden, um sie gegen Spott zu verteidigen.
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Die Wiener Gärtnerei, die schon mit dem frechen Nepp „Damenerde“ ungut auf sich aufmerksam gemacht hat (weniger Inhalt, damit die Frauen nicht so schwer tragen müssen, kostet aber mehr als „Männererde“), bewirbt jetzt „Tannenzapfen gefrostet“ (=lieblos mit Spray geweißt) unter dem Namen „Minki“.
24. November
Schlechtes Gewissen, weil ich den Spatzen den abgelaufenen Bio-Quinoa wegesse (war zu faul, um rechtzeitig frische Lebensmittel ins Haus zu tun).
25. November
orf.at informiert über eine Omanerin, die 480 Katzen und 12 Hunde zuhause hat, weil die Tiere „treuer als Menschen“ seien, die ja wirklich untreue Luder sind und neben dir noch 491 andere haben.
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Eine Freundin erzählt vom Versuch, das Haar im Londoner „Toni & Guy“ geschnitten zu bekommen. Die Coiffeuse schaut grämlich darauf, schneidet zweimal hinein und sagt, die Freundin müsse sich eine andere Stylistin suchen, man passe nicht zusammen.
27. November
Coala schaut meinen Instagram-Account an und sagt, da sehe es so aus, als führe ich das schönste Leben. „Ah, da! Hautkrankheiten sind eh auch dabei.“
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Aus „Falke“, von Helen Macdonald: Der Name bezieht sich immer auf das Weibchen, das stets um ein Drittel kleinere Männchen trägt den Zusatztitel „Tercel“. Falkner bringen diese durch artige Verbeugungen und Futtergaben dazu, sich in sie zu verlieben. Ziel der Übung ist, dass der Tercel einen speziellen Spermienauffanghut begattet. Deswegen sprechen Falkner auf Parties nicht gerne ausführlich über ihren Beruf.
29. November
Seit ich graue Haare habe, kann ich zu Männern, meinem verbindlichen Naturell entsprechend, freundlich sein, ohne dass sie dadurch anlassig werden.
3. Dezember
Die Landeszuständige für Literaturförderung fragt mich am Telefon, ob sie mich gerade störe, bevor sie mir eröffnet, dass mir soeben das Stifterstipendium zuerteilt ward; ich halte dabei einen gelben Sack in der Hand, der deutlich nach schlecht abgewaschenen Joghurtbechern riecht. Diese Information darf nie in die Finger der späteren Germanistik geraten, sonst geht die Aura meiner Kunstwerke flöten.
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Das Knallen der Glocks im Hip Hop ist die Zithermusik der Servus-TV-Heimatleuchten-Dokus.
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In einer Zoosendung wird über eine Flamingodame berichtet, die mit 57 noch ein Küken bekommen hat, ich will nicht googeln, ob das möglich ist, um das Staunen nicht zu verlernen. Dann muss die 24-jährige Tapirin „Jenny“ im Kreis ihrer Lieben euthanasiert werden. Geweint.
4. Dezember
Auf Zoom sollte ich heute etwas Seriöses moderieren und brauchte drei Minuten, um den Hintergrund zu ändern, während derer von mir nur die Entschuldigungen murmelnden Lippen im weißen Torso eines Pinguins zu sehen waren.
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Namibia verkauft insgesamt 170 Elefanten, aber nur in Herden. Hoffentlich kommt es jetzt zu Weihnachten nicht zu unüberlegten Tiergeschenken.
5. Dezember
Besprechung für die große Glitzershow im Medienkulturhaus, Boris schlägt vor, einen bunten Abend zu gestalten, in dem wir alle zeigen, was wir können. Wir sagen „Super!“, dann schweigen wir, weil niemand etwas kann. „Ich kann den Trick mit der Nase, wo man so knackt, als sei sie gebrochen“, sagt Boris schließlich – eine Sekunde vor mir, denn das ist auch mein Pony-Trick.
6. Dezember
Deutlichster Beweis, dass man erwachsen geworden ist: nicht mehr jedes Bier trinken, das man gratis angeboten bekommt.
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Michel Houellebecqs überraschende Hommage an das weibliche Geschlecht. #whenyouseeit #zeit
10. Dezember
Mit dem neuen Haar schnüre ich jetzt wieder so fresh durch Linz wie ein geiler koreanischer Profikiller.
13. Dezember
Eine Sprache mit Zahlen von 1 bis 4, alles weitere ist „viele“
Eine Sprache, in der alle größeren Tiere nur mit Gebärden bezeichnet werden dürfen
Eine Gebärdensprache nur für trauernde Schwiegermütter
Eine reine Schriftsprache zum Trost für soeben verheiratete Frauen
Eine Sprache, in der Menschen und Elefanten sich ein Geschlecht teilen, kleine Tiere, Flüssigkeiten und Mengen gehören zu den anderen vier
Eine Sprache ohne ichbezogene Raumwörter, das entsprechend stehende Bein ist z.B. das „südliche“.
Aus: „Atlas der verlorenen Sprachen“.
15. Dezember
Ich schmücke das Haus nur weihnachtlich, damit die Alten eine Freude haben.
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Dem Mann, den ich sehr gut kenne, kaufe ich ein Fliegenbinde-Einstiegsset voll buntem Krimskrams – Hasenohren, Leuchtfäden, Goldperlchen, Neonfarben – , das den Eindruck erweckt, als sei die Unterwasserwelt eine glamouröse Transen-Bar für nicht heterosexuell liebende Fische wäre.
16. Dezember
Mein Bankberater fragt mich, „was ich eigentlich beruflich mache“, dann schaut er sich mein Konto an. Eine unbehagliche halbe Stunde.
18. Dezember
Der schönste Anblick im tobenden Einkaufs-Irrsinn ist der junge, sehr große Hund, der sich raumgreifend am Boden des Thalia wälzt, die Besitzerin rollt resignierend ihre Augen.
22. Dezember
In Nieselregen und PMS sinnlos auf der Piste die Wurzeralm hinauf, dafür muss ich auch noch depperte 10 € bezahlen, wäre ich nur daheim geblieben. Ich überhole zwei Frauen, die mich anhalten und bitten, ein Foto von ihnen zu machen. Es sind Mutter und Tochter, sie gehen gerade die erste Skitour seit der Krebserkrankung der Tochter. Sie strahlen statt der Sonne, und ich bedanke mich, das Foto machen zu dürfen.
24. Dezember
Vor der Bescherung warten alle geduldig und gemeinsam auf das Ergebnis des Covid-Tests. So können auch die Herren ein Einblick in die Schwangerschaftstestangst gewinnen.
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Eine meiner allerliebsten Freundinnen stellt das Bild ihres Weihnachtsbaumes in eine Whatsappgruppe, er ist unglaublich hässlich, rotes und blaues Lametta liegt so ungestalt auf dem krummen Gewächs, das es aussieht wie das Modell eines krankhaft missbildeter Herzkranzgefäße. Vergebens suche ich nach Anzeichen von Ironie und verzichte mit viel Disziplin auf Spott. Auch den anderen muss es so gehen, unkommentiert bleibt der Unbaum im Chat stehen wie ein weißer Elefant.
27. Dezember
Symbolbild "Urlaubsdestination 2020" (when you see it)
28. Dezember
Martin Fritz: „There's no business like no business!“
29. Dezember
Ich bin die Frau, die 2020 unfallfrei klettert, Holz hackt, über scharfe Felsen stapft, virenfrei bleibt, aber sich beim Geschirrtuchzusammenlegen grad noch fest ins Aug gehaut hat. Prosit 2021.