Liebes Tagebuch!
Erneut muss ich in die Tasten greifen, um dank deiner Hilfe schreckliche Erlebnisse zu sublimieren. Mir geht's wieder einmal goa ned gut. Aber alles der Reihe nach.
Zunächst sagte gestern Vronuele, nachdem sie mich rüde per Telefon aus dem Schlaf gerissen hatte: "Schlof weida, weil du brauchst eh dein Schönheitsschlof!" Ich begann zu greinen und lief zu meiner Mutter, die aber keine Lust hatte, mich zu trösten. Au contraire! Als ich ihr mitteilte, ich müsse mit der garstigen Vronuele zu allem Überdruss auch noch zum örtlichen Feuerwehrfest, sagte sie nur lakonisch-drakonisch: "Jo, wei do is heit eh Behindertntog."
Dann aber die noch viel schwerer wiegende Pein:
Ich habe ja seit einigen Wochen eine Atmosphäre, um mein künstlerisch-autobiographisch bisher kaum verwertbares kleines Leben etwas interessanter zu gestalten. Leider verlief diese aber bis dato völlig unglamourös und zudem ziemlich schleppend. Um die Dinge etwas zu beschleunigen bzw. literarisch aufzuwerten, lud ich den Geliebten zu mir nach Wien ein. Wie groß war die Enttäuschung, als der dann gleich seine ganze Familie mitbrachte! Das mag nun vielleicht gar nicht unspannend klingen, war jedoch de facto nicht mehr als eine schlecht getarnte Babysitting-Attacke.
Für den Mittwoch hatte ich nach fiebrigen Überlegungen in akribischer Strategiearbeit traute Zweisamkeit geplant. Ich hatte für die mitgeschleppte Frau einen attraktiven Verehrer gefunden, zu dem ich sie am Abend locken konnte; die Kinder schläferte ich mit selbstgebastelten Geschichten ein. Wie schön hätte es werden können!
Doch dann wurde mein offizieller Lebensabschnittsgefährte launisch und weigerte sich, sich Hörner aufsetzen zu lassen! Stattdessen versaufbrüderte er sich mit seinem "Konkurrenten", und schon lief im Fernsehen das Confed-Finale, dem die beiden grölend in Frauenschlägerunterhemden beiwohnten. Ich musste mich zwischen die beiden zwängen und ihre Köpfe kraulen, bis mir die Arme abfielen. Aufstehen durfte ich nur im Zuge der Bierlogistik auf das Kommando "A Glosweckal, owa Jennifer, Oide!" Mit abgestorbenen Armen und Tränen der Enttäuschung schleppte ich also eine "Herrenhandtasche" nach der anderen herbei. So hatte ich mir mein Künstlerleben nicht vorgestellt.