Freitag, April 03, 2020

#Geköpfte Hühner #ausgewilderte Möbel #desillusionierte Frauen #Pommes mit Mao #müder Metapherngerm

Der höchstgeschätzte Kollege Herbert Christian Stöger macht drüben auf Instagram derzeit ein schönes Projekt namens #turmblau, für das er AutorInnen nach ihren Alltagsirritationen befragt. Zwecks crossmedialer Schaffensverbreitung hier bitteschön meine gesammelten Mikrotraumata. Es ist alles nicht sehr schlimm, aber ein bisschen schon. Sich die eigenen kalten Füßchen am Funzelfeuer anderer Menschen Verstimmung zu wärmen, ist "in Zeiten wie diesen" extrem legitim. In diesem Sinne: go for it.

Hühnerschlachten

Die Freunde, die zu besuchen man nach viel zu langer Zeit endlich schafft, beschließen, noch bevor man den Kaffee ausgetrunken hat, die beiden ältesten Hühner zu schlachten, damit die Gästin einmal eine „existenzielle Erfahrung“ machen könne, das sei wichtig für die Literatur. Die Tiere laufen dann auch so kopflos und vergeblich um ihr Leben, wie man sich die existenzielle Erfahrung ausgemalt hat. Notiz: Beim nächsten Schlachterlebnis mehr Abstand halten, Hühnerblut geht nur noch schwer aus den Hosenbeinen. 


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Dark Tourism
 
Das tiefe Kanaltal wirkt im diffusen Licht des Novembernachmittags noch viel weiter vom Zentralraum entfernt als die 464 Kilometer, die wir gerade gefahren sind. Der altersschwache Motor ächzt schon, als wir nach der 17. Kehre die beiden Fauteuilsessel sehen, die es sich in Ermangelung von Besitzern selbst gemütlich machen im verlassenen friulanischen Bergwald. 

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Ten Years Challenge

 
Am Ende ist man ohnehin selbst schuld, wenn man zum Beispiel zum selben Fotografen wie vor exakt zehn Jahren geht, der an diesem Morgen 2019 aber noch zu grantig für eine angenehme Ablichtungssituation ist und einem dann eben ungeschönt die Desillusionierung zeigt, die sich seit 2009 in Schichten auf das Gesicht gelegt hat.


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Keine Pommes mit Mao



Die Pommes frites schwimmen kurz auf der Oberfläche, bevor sie auf den Grund sinken, vermutlich auf einen Berg alter Pommes frites, die von den Touristen der letzten Wochen in den See geworfen wurden. Die Schwäne wenden dem unpassenden Lockangebot grämlich fauchend ihre Bürzel zu. Die enttäuschten Gäste aus Peking halten sich mit der Miete eines Tretbootes in Schwanenform schadlos. 


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Erschöpfter Teig

Am Altjahrestag überredete ich mich selbst zu einem Spaziergang durch Wels. Der Hosenbund schnitt in den Bauch. Der Kopf war noch blöde vom Vortag. Vor einer billigen Pizzeria, die ausschließlich von den HTL-Schülern gegenüber lebt, hing eine große Teigkugel blass und müde über dem Zaun, hinter dem sich träge und müde der Mühlbach in seinem Bett wälzte.

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