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Freitag, März 01, 2024

Manchmal ist es besonders schwer, die Dinge zusammenzudenken

Lebenskrimskrams im Februar 2024

1.2.

Der Austrofred, unser Bester: „Grundsätzlich ist meine Position (zu allem): Ja mei!“

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Aktuell stark ausgeprägte Sucht nach Filmchen, in denen Straßenhunde gerettet werden. Der Vorrat ist so unerschöpflich, dass ich mich frage, ob nicht eine eigene Industrie dahinterstecke. Es geht mir so wie mit „Mein Leben mit 300 Kilo“, es entspannt mich sehr. Wahrscheinlich sehe ich gerne schnelle Rettungen hilfloser Wesen, das gibt Hoffnung. Die Hunde stellen sich im Übrigen nicht so an wie die Menschen.

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Das Mariechen ist gestorben – das heißt Frau Maria Assumpta Gabrielle Scholastica Johanna Franziska Gräfin von Mensdorff-Pouilly. Wilma hat ihr einen herzerwärmenden Nachruf geschrieben. Unmut habe sie so ausgedrückt: „Sie will das nicht!“ Am Ende sei sie milde geworden mit Tieren und kleinen Kindern, auch Fini hat sie bald klaglos toleriert. Sie ist Jahrgang 1947, was ein glückliches Wunder ist, nur zwei Jahre früher wäre sie hier in Hartheim umgebracht worden. Manchmal ist es schwer, die Dinge zusammenzudenken.

2.2.

Maria Lichtmess – ich habe den Buttinger zu fragen vergessen, ob er noch bleiben mag.

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Die beste Postkarte erreicht mich aus den geschätzten Händen des Kollegen Roiss: „Man sieht nur mit den Augen schlecht!“ Sie ist total überfrankiert mit zwei Großglocknern und einem Dachstein. 



4.2.

Ein Wochenende voller Besuch. Nicht, dass dagegen etwas zu sagen wäre, aber es ist doch ein rechter Wirbel! (Coala hat seit 1986 recht). Es ist vielleicht Erwähnenswertes geschehen, aber ich hatte keine Muße, es mir zu merken.

5.2.

Zum ersten Mal wieder was ins Altstoffsammelzentrum gebracht. Es geht in die richtige Richtung im Kreislauf der Jahreszeiten.

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Der ältere Herr beim Gössenwirt, der mit einer Handvoll Körner, im Rollstuhl sitzend, sich rückwärts zum Vogelgatter schiebt, wo ihn storch- oder reiherartige Großvögel mit einem absurd exotischen Hupgesang ungeduldig erwarten.

6.2.

Allein im Untergeschoß des Sengsengebirges, vergrämt von Schwarz- oder Grünspechten. 

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Hasi sagt für Max Goldt im Juni ab, weil er Ziegenmelker beobachten müsse.

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In der ZEIT wird über den „Knirschkrachmeister Ben Frost“ berichtet, sowie über einen Gitarristen, der „gleißende Läufe in den Mulm hineinfiepte“.

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Das Valium der DDR hieß „Faustal“.

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Traum von Sonntag auf Montag: Ich habe einen Termin bei Donald Trump, von 11 bis 13:30 Uhr, weiß aber nicht, worum es geht. Ich ziehe mich extraschiach an, damit er auf keine falschen Ideen kommt.

8.2.

Gedopte Eisläuferin gibt Dessert die Schuld“ Orf.on. Es folgt eine Auflistung der besten Doping-Ausreden:

  • Faschiertes vom Hormonrind

  • zu viel Sex, Bier und Zuckerl

  • zur falschen Zeit am falschen Ort (explodierte Asthma-Sprühflasche)

  • Zahnpasta voller Nandrolon

  • wundertätige Salben

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Coala über einen befreundeten Fledermausforscher: „Er könnte ja mein Batman sein... nein, Wingman heißt das!“ Später sagt sie, wir seien Finis „emotional support humans“.  

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Die Graffiti „WILHERING“ und „SCHÖNERING“ hinter der Wilia-Busgarage – besser kann man die Zeichen der Gentrifizierung nicht verbergen. 

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Die Bühnenbildgesamtzerstörung beim Dino-Meteoriten-Aussterbe-Ausdruckstanz! Siehe hier: http://linzerworte.blogspot.com/2024/02/unfreiwillig-lustige-zerstorung-im.html

Sehr erinnernswert ist Martin Fritzens Beschreibung eines Phänomens, das ich ab jetzt „Slamwashing“ nennen möchte: Überall sollen Slams stattfinden, um ein modernes Feeling zu schaffen.

10.2. Cuball Libre

Auch dieses Jahr möchte ich die Schl8hof-Ball-Menschen am liebsten thematisch sortieren, heuer in die Verkleidungskategorien „Miliz“, „Damen mit Blumen auf dem Kopf“ und „Piraten“. Ich war als Fidel Castro Oberhaupt der Guerilla, was aber niemand sonst so zu sehen schien, denn leider gibt es einen sehr viel besseren Castro als mich. Die schönste Blumendame ist ein Mann. 

11.2.

Am Rande eines Katers.

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Wolf of Wallstreet“ richtet sich ausschließlich an ein extrovertiertes Publikum. The horror! Ständig euphorisch brüllende Männerhorden!!!!! (Männerhoden und Männermoden)

12.2.

Ein etwas seltsame Arbeitsphase gerade. Ich weiß, dass sehr bald der Stress ausbricht, trotzdem fällt das prophylaktische und psychomedizinisch indizierte Faulsein überraschend schwer. Kleinste Erledigungen prokrastiniere ich, um Druck aufzubauen, siehe To-Do-Liste „Fini entwurmen“.  

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Im Schöneringer Pfarrblatt wird das Leiden Jesu in der Karwoche der Jugend als Lego-Fotoroman nähergebracht.

13.2.

Im Zug nach Wien Fremden zuhören. „Kreuzfahrt sicher nie. Nie! So ein Schas!“ Von Enns aus gesehen sieht Lichtenberg aus wie eine südfranzösische Felswand.

Aber was habe ich eigentlich in Wien gemacht?! (Ich schreibe das hier im Oktober 2024, die Halbwertszeit der Erinnerung sinkt rapide).
NACHTRAG: Petra Hartlieb hat mich nach Wien zum Falter-Podcast geladen, das war schon denkwürdig!!!

14.2.

Frauen ergeht es beim Erklären der Torheiten des Patriarchats wie Theologinnen mit der Bibel, „das muss man aus der Zeit heraus verstehen!“

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Schon emsige Tätigkeit der Vögel im Kürnbergwald. Ich bin auf den Wegen des Vaters zugange.

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Monuments Men“ ist wirklich erstaunlich fad, dabei fingiert das Drehbuch den Vormarsch der Russen bis ins Salzkammergut hinein, und sie sind selbstverständlich extrem böse. In der Hektik agieren die Kunstretter in der Tradition britischer Grabraubarchäologen. Der Genter Altar als Jausentisch – diese Nazis, ts!!!

16.2.

Bei Walter Kohl im Stifterhaus. Er ist in Wahrheit mein erster Kollege, und ich mag noch länger, was er schreibt. Es ist absurd, wie parallel unsere Schöneringer Leben verlaufen sind, und auf welch anderen Bahnen: selbes Dorf, anderer Planet. Was für einen Unterschied eine Generation macht. Die feinen Unterschiede beschreibt keiner wie er.

In der Alten Welt erzählt Stefan Köglberger von seinem Vater. Der habe von seinen Schulfreunden keinen Rassismus ertragen müssen, aber ein Lehrer schrieb ins Klassenbuch „Lumumba stört“ (und er erkannte damit nicht die Befreiungskämpfe des Hoffnungsträgers der Dekolonialisierung an). Als Heli Köglberger schon ein berühmter Fußballspieler war, stand ein Ländermatch in Maputo an. In Johannesburg wurde Köglberger aus dem Flugzeug geholt, das sei die Maschine für die Weißen. Er musste mit dem Postflugzeug nach Mosambik, was er dann als den besten Flug seines Lebens bezeichnete, weil die Flughöhe so gering und die Landschaft so malerisch war. Ein guter Mensch in schlechten Zeiten.

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Coalas Kollege hat ein Reh totgefahren, die Versicherung beschreibt den Vorgang reichlich verharmlosend mit „Schadensart: Berührung mit Wildtieren“.

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Glück im Singapur mit den Nummern 56 & 60, zuhause mit 2 Pegasus

17.2.

Die Sorgen sind ein wenig heimatlos geworden, sie flattern um das Problem des zweiten Romans herum sowie um die Neurose, dass ich das vor vier Tagen schon aufgeschrieben habe (ich könnte ja leicht nachschauen, aber es beschreibt eine sehr grundlegende Neurose, weswegen ich immer öfter Sätze mit „das habe ich dir bestimmt schon zweimal erzählt, aber...“ eröffne).

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Der gute Köhle hat mir eine Rezension geschickt, die ich für literarischer halte als mein Buch selbst. Am schönsten (wenn auch nicht der beste Beleg für die Literarizität): „Sie furzen, rülpsen und weinen.“

18.2.

Schlechte Träume, weil der Wecker um 5:40 Uhr läuten wird. Darin sagt Nehammer wegen irgendwas „Danke für den Einblick in Ihre vielschichtige Persönlichkeit.“ Ich geniere mich. Wieso träumt es mir dauernd von diesem Kerl? Weil ich im echten Leben glaube, Tänze für die Entscheider machen zu müssen? Es hat ja noch nie so wenig gestimmt wie heute. 

Auf den Großen Knallstein mit der erweiterten Hausfrauen- und Mütterrunde. Clemi, der wieder mühelos plauschend neben mit herstapft und ohne Aussicht auf längere Antworten von mir (Atemnot) fragt: „Minki, wie viele Männer hast denn jetzt schon in deiner Mütterrunde?“ „Sei nicht eifersüchtig, keuch, du bist die Urmutter, ächz.“

Im Sölktal gibt es einen Ortsteil namens „Fleiß“, das passt zu meiner exklusiven Einstellung, wenn es um die Freizeit geht.

Eine Minilawine (oder eher: im Steilhang von mir selbst ins Rutschen gebrachter Firn, hätte ich halt die Schwünge etwas beherzter angelegt) fegt mich in der Kurve für eine Sekunde von den Ski, aber der Körper ist geschickter als der Geist, der ihn zu lenken glaubt. Das wird wohl kennzeichnend für die Leib-Seele-Dialektik sein, unter besonderer Berücksichtigung der Angst: dass sich die Lenkung zu stark auf bewusste Vorgänge verlässt, dabei muss nur das tierische Körpergedächtnis übernehmen.

Es gilt wie immer, dass die Skitouren eine enorme Unbequemlichkeit sind, aber mir ist es viel wert, ein Mensch zu sein, der Skitouren macht. Und immer noch glaube ich an eine Steigerung, so wie beim Bouldern. Ein bisschen besser zu werden ist noch drin, bevor mich das Alter in den Sinkflug zwingt (es ist eine Illusion zu glauben, dass das nicht schon begonnen hat).

Abends schaue ich „Moonfall“ mit Buttinger (zum Zeitpunkt des Schreibens habe ich schon wieder völlig vergessen, was das überhaupt war). Grundgütiger, schon wieder so eine Orgie der Unwahrscheinlichkeit! (s. „Per Anhalter durch die Galaxis“, Unwahrscheinlichkeitsmodus 324545 zu 1). Und doch ein Film, auf dem die Augen wie auf Fliegenpapier kleben. Wir vereinbaren vor Beginn, bei besondere Unlogik nur noch „Au!“ zu rufen, statt einander mit der Schilderung zu behelligen. Allmählich bricht nun auch für mich die Zeit an, in der ich die ganzen Schauspielsleut nicht mehr (er)kenne.

19.2.

Das Jahr nimmt Fahrt auf, der Februar vergeht tatsächlich flotter als der Jänner. #binse

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Im Büro schnell nachsehen, ob es noch da ist.

Kunst als Axt für den gefrorenen Tümpel in deinen Augen.“ (Beschreibung zum Fotofund an der Fassade der Kunstuni).

20.2.

Der Vitamin-D-Flash vom Sonntag (Knallstein) kickt mitten beim Einkaufen rein, außerdem bin ich um 6:50 Uhr aufgestanden! Ist das die Trendwende?

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Sonst war nicht viel los, außer dass in den OÖN eine Rezension vom Schacherreiter erscheinen wird, in der nicht viel mehr bemängelt wird, als dass es mir an „schöpferischer Geduld“ gemangelt habe, um meine Figuren länger zu begleiten. Das stimmt und stimmt nicht, es sind viel dümmere Gründe (mit drei Schwestern aufzuwachsen heißt, mit sehr kurzer Redezeit auskommen zu müssen).

21.2.

Wieso werden mittelwoke Veranstaltungen durch Protestrufe, nicht aber Konzerte sexistischer Gangster-Rapper? Hier brodelt der Irrsinn des Patriarchats, und er kocht mit vielerlei Maß.

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Im Welser Thalia liegt die „Selbe Stadt“ neben André Heller, die Wahl zwischen Skylla und Cholera. Aber vielleicht nehme ich den Meister der Eitelkeit zum Vorbild und interviewe mich bei der Buchpräsentation einfach selbst.

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Das Genre „New Adult“ hat einige lustige Kategorien zur Befriedigung der Leserinnenbedürfnisse geschaffen: Enemy to Lover, Sunshine vs. Grumpy, Friends to Lovers etc.

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Ein Amselmann badet in der Poolpfütze, als wär's sein privates Tröpferlbad.

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Martin Fritz kommentiert meinen Blogeintrag, den ich gestern heimlich gepostet habe (Erscheinungstag 1.6.2023), es ist wie das dezenteste Stalking der Welt. Wahrscheinlich geschieht mir überhaupt dreimal so viel Gutes, als ich wahrnehme.

22.2.

Ich ernähre mich seelisch immer noch von der Viertelstunde im August, die ich um den Hund gerollt auf dem Gipfel des Feigentalhimmels geschlafen habe. 

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Holzspreißeln ist wie Fahrradfahren.

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Coala beschwert sich öffentlich über Diebstahl geistigen Eigentums, konkret wegen der Romanpassage mit dem luftg'selchten Pfarrer. Das muss ihr eine Lehre sein, man soll seine Romane eben rechtzeitig selbst schreiben (ich schreibe das eher für mich selbst auf).

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Die Supermarktsonderangebotskataloge zeigen den Zeitenwandel. Einerseits „Dreierlei Selchspezialitäten“ - ich hatte keine Ahnung, dass sowas noch gegessen wird! Dazu billigste Käsewurst, andererseits aber Biokarotten und „Fungipads“.

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Denk schöner nach“, schreibt Christine Lavant. Und im Abendgebet: „Nicht die gefangenen Tiere vergessen, die eingehn an Heimweh und Entsetzen!“

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Nachgetragener Vorsatz für dieses Jahr: Ab jetzt JEDEN Genderkritiker fragen, warum er seine Energie nicht in den Kampf gegen Femizide, weibliche Altersarmut, Armutsgefährdung der Alleinerzieherinnen und Frauenhass im Netz steckt.

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Kutzenberger hat den Roman schon gelesen und schreibt sehr, sehr Schönes – am Anfang sei er sehr unzufrieden gewesen, er habe alles nur halb lustig gefunden. Bis er erkannte, dass ich alles ernst meine, dann habe er gleich fast weinen müssen. 

Sogar das Internet ist fast nett. Auf Netgallery wird zumindest das Cover allgemein gelobt (die Postings ähneln einander aber sehr, ist das KI?), mich beschleicht der Verdacht, dass sie die Idee des zweiten Hallstatt für die meine halten.

23.2.

Aus Coalas Büroportfolio: einem ungarischen Kollegen beim Kirchenaustritt zu helfen, weil der nicht damit gerechnet hat, dass Katholischsein in Österreich kostenpflichtig ist.

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Sehr gute Idee, um im Windschatten eines nicht angegangenen Problems das restliche Leben geregelt zu kriegen (nachdem mir der Roman als Jammerquell abhanden gekommen ist): ein Kabarett-Programm schreiben wollen! Scheitern für Jahre „vorprogrammiert“!

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Die freitägliche Trinkeuphorie wiegt mittlerweile leicht das Alltagssaufbedürfnis auf.

24.2.

Shopping-Glück, obwohl ich sehr gut weiß, dass ich mein Leben trotzdem nicht so ändern werde, um den neuen Skitoureneispickel öfter als ein- zweimal auch wirklich zu brauchen (optimistische Schätzen, mit Stand Oktober 2024 noch ungebraucht).  

Glück 2: Extra in den Thalia gestromert und feuchte Augen bekommen, als ich sehe, dass mein Buch als einziges direkt auf der Budel liegt. Es muss für die Buchhändlerinnen ja auch schön sein, wenn sich jemand so kindlich freut.

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Immer wieder diese irren Geschwindigkeitsunterschiede beim Vergehen der Zeit, das Rasen am Wochenende.

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Beim Festival der Pataphysik im Schauspielhaus, „der gewaltige furz des geistes“: Fritz Ostermayer schlägt vor, Splittergruppen zu bilden, deren Mitglieder sich mit Eispickeln ermorden, was für ein schöner Zufall, ich kann gleich mit dem Neuerwerb prahlen. Er ist wirklich mit Herzblut bei der Sache! Tex Rubinowitz kommt und sagt „ich kenne Sie!“ Ostermayer betritt schließlich mit vorgetäuschtem Ärger die Bühne und sagt „ohne Orchester, das ist scheiße!“ Dann begrüßt er die Mitglieder der „Pataphysischen Gesellschaft Wien und eine aus OÖ“.

Brandlmayr referiert über die Homophonie von „Hantologie“ und „Ontologie“ im Französischen, das Hirn setzt sich rostknirschend in Bewegung, es erinnert sich nun daran, dass es heuer seit 20 Jahren das Studium vergisst, unter besonderer Berücksichtigung von Derridas diffèrance. Und wieder die Einsicht, dass ich kein Hirn fürs Französische habe.

Ostermayer moderiert die quasi von ihm verursachte Johanna Sebauer an (er hat ihre Eltern gleichsam verkuppel), samit ihrer „Götteridee des Oblivismus“: Die Nincshofer wollen umfassende Ruhe, notfalls mittels Güllesprühern. In der Pause fragt Nicolas Mahler, ob ich nicht seine Nachfolgerin an der sfd werden wolle, aber dann reicht ihm meine zu ehrliche Schilderung der Kernkompetenzen (liegen und second screening) um seinen Irrtum einzusehen. Harriet Nachtwey fragt, ob sie ein Foto machen dürfe, und ohne nachzudenken werfe ich mich in eine recht peinliche Landeshauptmannspose, wie ich später feststellen muss.

25.2.

Hasi kritisiert per Whatsapp, dass meine Tarock-Passage im Buch kulturelle Aneignung sei, weil er nicht weiß, was für eine Teilversagerin ich angesichts des seltsam verteilten Ehrgeizes meines Vaters bin (Latein, Skifahren, Gstießenjagd).

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Beginnende Verkehrsverblödung in Wien.

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Buttinger erzählt nach meiner glücklichen Heimkehr vom Festredner Harald Krassnitzer, der nach dem von mir bestellten Brothers-from-another-mother-Foto seinen Vortrag an ihm übt. Er endet mit der Frage, ob das eh nicht zu pathetisch sei. Nein, das passe so, sagt Buttinger, woraufhin der Krassnitzer den Saal betritt und beim Antifa-Treffen das ganz große Pathos-Fass aufmacht.

26.2.

Alles, was ich angreife, wird Arbeit, es ist wie beim working class König Midas.

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Ein älterer Kollege schickt mir ein Mail mit dem Ansuchen, einer Kollegin seine Korrektur ihrer internen Aussendung zukommen zu lassen. Als ich ihn auf die vielen Ebenen hinweise, auf denen dieses Ansinnen unmöglich sei (u.a. enthält sein eigenes Schreiben drei schwere Rechtschreibfehler), reagiert er mit Trauer, „ich habe meine Lektion gelernt, ich werde nie wieder etwas sagen.“ 

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In der Boulderbar teilt mir einer gratis mit, dass ich „eh gut, aber old school“ klettere, ich solle mich nur nicht in Boulder hängen, bei denen ich keine Chance habe. Nicht, dass er unrecht hat, aber.

27.2.

Daher nun sind wir ein hartes Geschlecht, in Drangsal erfahren, und liefern selbst den Beweis, aus welchem Stoff wir entstanden.“ Ovid

28.2.

Ein Traum mit Decker und Rubinowitz, mit denen ich durch Wien gehe. Es ist Frühsommer und wir schnüren durch Lost Places. Ich muss die beiden schließlich ziehen lassen, weil mein Radschloss plötzlich nur noch aus zerkochtem Mais besteht.

29.2.

Nichts Besonderes ist an diesem geschenkten Tag passiert.

Montag, Januar 01, 2024

Existenzielles Schokoschneiden, Schiachperchten und gegenderte Idioten

Phantomereignisse und -geräusche im Dezember 2023

1.12.

Schneefall bedeckt gnädig den spätherbstlich abgefrühstückten Zentralraum. Mehr aus Glück denn Planung habe ich schon Winterreifen an der Karre.

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Eine Hochzeit im Strandgut, Besiegelung eines späten Happy Ends. Es ist eigentlich eine extrem sinnvolle Sache, dass manche unserer Festlichkeiten jetzt schon am frühen Abend enden. Ich fahre, nur ganz mild alkoholisiert, durch das dichter werdende Schneetreiben heim. Fini rennt mit zwei riesigen Dobermännern und einem Labrador als Herde schwarzer Schatten über das nun ganz weiße Feld. Der Winter bricht mit solcher Vehemenz ein, dass wir um ein Haar nicht den „Berg“ zur Bundesstraße hinaufgekommen wären (was wäre die Alternative gewesen? Mit der Fähre nach Ottensheim und heim über Linz?!). Dann eine ätzende Stunde hinter Menschen nach Wels, die ihr Leben noch schlechter im Griff haben als ich. #sommerreifen #winterunreif

2.12.

Eigentlich wollte ich mit den Hausfrauen und Müttern von Wels die Skitourensaison eröffnen, aber über Nacht ist der Berg in die Stadt gekommen. Der Schneepflug hat sämtliche Autos in der Gasse eingemauert.

Ich mache stattdessen eine leicht apokalyptische Wanderung in den Norden, was ästhetisch und menschlich schön ist, denn die Leute sind einander in diesem wenig tragischen Ausnahmezustand behilflich. Es wird ungeschickt Auto gefahren, aber nicht geschimpft. Erstaunlich viele sind in Sneakern unterwegs. 

Bücherstierln bei Fasthubers. Wenn ich bis zum nächsten Jahr ein Drittel meines eh nicht sehr hohen Stapels lese, kann ich schon zufrieden sein.

Abends suche ich mein eigenes Auto, und wie durch ein Wunder steht da tatsächlich eine Schneeschaufel an der Wand. Ich arbeite im Schweiße meines Angesichts. Ein Typ kommt daher und verwickelt mich in Smalltalk. Zum Glück bin ich dank Hundes dafür jetzt offen. Irgendwann geht er. Bald kommt er zurück, mit einer zweiten Schaufeln, er hilft mir, und erst da checke ich, dass schon die erste Schaufel ihm gehört.

3.12.

Ein Verkehrsreferent sagt in den OÖN, die Ergebnisse des Planquadrats seien „ernüchternd“ gewesen, einer der Erfassten habe sogar 3 gehabt.

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Ein junger blonder Mann von ziemlichem Ausmaß steht im Zug und lächelt mir direkt ins Gesicht hinein. In einem kurzen Rückfall in soziophobe Zeiten schaue ich genervt weg. Beim Aussteigen sehe ich, dass er einen riesigen Perchtenkopf mit langen Bockshörnern in der Hand hält, und nicht nur mich freundlich anschaut, sondern alle um ihn herum. „Lächeln Sie jetzt noch einmal alle an, bevor sie uns erschrecken?“ frage ich ihn. „Naa“, sagt er entrückt. (Nachtrag 2024: in „Minihorror“ gibt es eine großartige Passage über die Fragilität der Perchtenläufer!)

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Facetten-Lesung mit Günther Kaip und Magdalena Wieser. Danach „beschwert“ sich Christian Steinbacher, dass er wegen Fini seinen Wein verschüttet habe, weil ich sie darauf trainiert habe, bei Nennung des Namens seines Enkels zu kläffen. 

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Sehr niedliche Kinder bei der Heimfahrt im Regionalzug: „Deine Mama in meiner Fresse!“ „Du kleiner Hundesohn! Du kleiner Hundesohn!“ „Ich hab die gleichen Schuhe wie du.“ „Hast du sie dir gewünscht?“ „Meine Mama hat sie mir einfach so gekauft, sie hat mich nicht einmal gefragt.“

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Heidi List ist krank und schreibt darüber im Falter. „Ich musste mir eine Autosendung bei lebendigem Leibe ansehen.“

4.12.

Ein Pensionist in den USA arbeitet ehrenamtlich als „Catnapper“ im Tierheim, er macht dabei exakt das, was das Wort verspricht, nämlich Nickerchen mit den armen Katzerln.

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Wenn ich mich bei dieser Kälte eilig für Termine außerhalb des Hauses herrichten muss, fühlt es sich an wie dieses Spiel, wo man hektisch in Handschuhen, Haube und Schal Schoko schneiden muss. Eine leicht zermürbende Mischung aus Pseudostress und Spaß.

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Arno Geiger trifft einige meiner Nerven – die Hinfälligkeit der Eltern und das Ausmisten, die Gesellschaftsanalyse anhand dessen, was sie wegschmeißen, und das öffentliche Leben: „Trotzdem vermag ich mich nicht an viel zu erinnern, denn das Gesehenwerden ist eine ernsthafte Angelegenheit, die einen ganz in Anspruch nimmt.“ „Das glückliche Geheimnis“ ist eines der wenigen Bücher, bei denen es wurscht ist, wo ich aufgehört habe zu lesen, gerne steige ich bei bereits Bekanntem wieder ein, weil es ja triftig bleibt (und weil ich natürlich wie immer schlampig gelesen habe).

5.12.

Im Traum bin ich in einer meiner Berglandschaften. Jörg Piringer berichtet von einer Hütte im Ochsenkar, wo er ein Aufenthaltsstipendium erhalten habe. Ich beneide ihn und bin fertig, weil ich dieses Kar im Toten Gebirge gar nicht kenne. Da rennt zweimal eine Herde Büffel hinein. Ich weiß plötzlich, dass ich im Zorn über Hulk-artige Kräfte verfügen könnte, aber nicht absichtlich hervorrufen kann. Selbst nicht, als ich zu Fleiß in das Orban-Ungarn reise.

6.12. Glöcklkar

Die Hausfrauen- und Mütterrunde ist wieder aktiv! Möge es mir von nun an weniger bedrängend vom Nichtbergsteigen träumen. L. rast elegant durch den Lärchenwald, Fini japst ihm entsetzt fiepend hinterher durch den hundshohen Schnee. H. und ich taumeln unbehelligt zwischen den Stämmen zu Tal.

7.12.

Wieder einmal lange mit Walter S. telefoniert, trotz Zeitmangels – aber wir kommen einfach immer auf die existenziellen Themen, Körperbehaarung, sexuelle Überforderung etc. Er habe etwa nur Einschlägiges bei James Bond gesehen und war dann entsetzt, als mehr von ihm erwartet wurde, als brummend auf der Dame zu liegen. „Meine Beine haben gezittert!“ Es ist generell, befinden wir, jedes lebensrelevante Vorgehen ein Rückfall ins Tierische (GV und Stuhlgang).

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Geflügel“ heißt auf Holländisch „Gevogelte“. Diese Sprache ist nicht ernst zu nehmen.

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Am Parkplatz des Einkaufscenters West trägt ein kleines Mädchen seine eigene Windel zum Mistkübel, während ich Finis Morgengeschäft im Begleitgrün eintüte. Die junge Mutter streckt mir die Hand in Mulde hinab entgegen, „geben Sie's mir, ich muss ja sowieso zum Mistkübel.“

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Bei der LH-Visite in den neuen Büros spiele ich einen jovialen Menschen, so wie er auch. Unser Raum ist so minimalistisch eingerichtet, dass er noch als „leer“ bezeichnet werden muss, also bekomme ich Asyl drüben beim PEN. Beim Foto-Posing frage ich den Stelzer, welche Power-Gesten man aktuell mit den Händen mache. „Die meistn mochn so a Merkel-Raute.“ „Ok, i loss' afoch hänga.“ (Das Foto sieht dann wieder aus, als habe ich eine Sportverdienstnadel bekommen für meine Verdienste um die Schwerathletik in der Gemeinde Wilhering:)

Opake Glasfensterbeschriftung im Amtsgebäude:

8.12.

Wirken andere sicherer, weil sie sich nichts anmerken lassen oder scheißen sie sich wirklich weniger?

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Wie jeden Freitag ziehe ich abends mit einem komplett vollen Kofferraum beim Buttinger ein. Den Grund dieses Irrsinns möchte ich bei Gelegenheit erforschen, aber ich komme nie dazu, da ich wegen einer unheimlichen Macht in meinen Genen fortwährend mit Glumpertlogistik von A nach B okkupiert bin.

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Dank Melanie Mader kann ich aber in drei, vier Jahren vielleicht meine Friseursneurose auflösen. Sie schneidet mir die Federn, ohne dass ich viel über meine Wünsche („an da Seitn kurz und obn an Schopf, waast as eh, hoid a bissl flott wieda“) radebrechen müsste, und sie drängt mir nie einen neuen Trend auf.

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Die jungen HipHopperinnen sind alle so lieb und so extrem talentiert! Wenigstens habe ich einen Frack und eine neue Frisur. Alle sind 20 Jahre jünger als ich, weswegen ich mich selbst als Teil des Diversitätsgedankens von Beatzarilla bezeichne, „oder ist hier irgend jemand in diesem Raum älter als 40?“ Natürlich nicht, was frage ich auch. Wäre ich heute in diesem Alter auch ein wenig geschickter oder wieder so eine ambitionslose Lusche? 

Für den letzten vernünftigen Zug nach Hause verplaudere ich mich leider. Hektisch hosle ich in irriger Hoffnung aus der Kapu. Ein kleines Auto setzt sich neben mir in Bewegung, ich denke intensiv daran, dass es mich jetzt retten könnte, und mein Leben so viel schöner wäre, wenn es mich zum Bahnhof brächte. Da bleibt es stehen, eine freundliche Dame fragt mich, ob sie mich irgendwohin mitnehmen könne. Bis zum Bahnhof sind Charlotte Wagner aus Altenberg schon ganz dings miteinander. Ich will mir zumindest ihren Namen auf ewig merken, wenn ich schon kein Hirn für Gesichter habe.

9.12.

Engagiertes Nichtstun.

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Das Vögelfüttern hat jetzt auch Buttinger erreicht, nachdem die Meisen unsere Koks&Nutten-Kerze zerhackt haben vor lauter Hunger.

10.12.

H. erzählt bei der Jause auf der Bärenalm (während uns Schnee in die Krägen rieselt), dass er sich heuer für die weihnachtliche Mischpochenbespaßung etwas Unterhaltsames ausgedacht habe, da man einander ja nichts mehr schenke. Also wird er mit seinen Geschwistern Schoko schneiden. → Mein Grundgefühl ab -1° bzw. 4.12. 

Wir fahren immer eine Minute ab, dann besprechen wir fünf Minuten lang die Weltlage unter besonderer Berücksichtigung des zeitgenössischen Kunstschaffens (da höre ich aber mehr zu, als selbst berichten zu können). Von drüben grüßt der Stoderkamm. Es ist die apere Jahreszeit seine eigentliche, der Schneerock steht ihm aber schöner. Wir brauchen hinunter genauso lange wie hinauf.

12.12.

Ein schüchterner Schwärm-Traum, in dem ich mit DD Händchen halte, als wüsste mein Unterbewusstsein nicht, dass es frei ist. Sofort werden wir von RF beobachtet, deren Stirnrunzeln mir klar bedeutet, „ich kann's gar nicht erwarten, dich beim Buttinger zu verzünden!“ D flirtet daraufhin mit einer anderen, es kommt heraus, dass ihm mein Outfit zu „sportiv“ ist. Umfassender Ärger.

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Dame an der Kassa beim Fressnapf: „Darf man den Betriebsrat füttern?“ „Natürlich, er steht ja auf der Seite der ArbeitnehmerInnen.“ 

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Wir rasten nach der Radioaufnahme im GAV-Büro, ich sage „Fini, nicht auf die Couch“, woraufhin sie sich pflichtbewusst zwischen die zwei dort ruhenden Kolleginnen zwängt, da sie ja kein Nicht versteht. „Ich wusste gar nicht, dass du Hunde-Fan bist“, sagt Erstere, und Zweitere „bin ich auch nicht“, und ich „Fini mag eh auch keine Hunde.“

13.12.

Die Hoferin erzählt, wie ihr Sohn zu seiner älteren Schwester „du Idiot!“ sagt, gefolgt von einer kleinen Nachdenkpause: „Nein, du bist eine IdiotIN!“ Wir müssen schon korrekt bleiben, sonst wird unsere Rede unglaubwürdig.

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I.M. erzählt im Strandgut die großartige Geschichte von ihrem allerersten Interview für die HTL-Zeitung mit dem Pornojäger Humer. Ich würde sie gerne hier herschreiben, aber sie gehört nicht mir. 

GAV-Apfent, auch sehr schön! Aber das Foto gehört nicht mir:

Foto: Dieter Decker

14.12.

Vor der OÖN-Redaktion steht ein Herrenquartett in dunkelblauen Partnerlook-Anzügen, der FPÖ-Kerl stürzt sich auf Fini, beide sind begeistert von einander. Buttinger weniger, er brummt „Vorsicht, Klassenfeind!“ Aber der Populist sieht das Betriebsratsbrustgeschirr und sagt, er sei doch auch Betriebsrat gewesen! Es ist alles so komplex geworden.

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Nach der Pataphysikbesprechung kommen wir auf das Thema Autostoppen. WS erzählt, eine Freundin sei einmal naiv mit ins Haus eines Typen gegangen, der im Keller ein Damenbindenmuseum eingerichtet hatte. Seine Mutter habe sich zuhause im Mühlviertel direkt vor die Autos gestellt (Autos stoppen im ganz engen Sinn) und die Fahrer „gefragt“, ob sie ihren Buam nach Linz brächten.

15.12.

Der Hautarzt fragt nach dem Hausarzt, auch das Zuhören ist komplex geworden. Während er mir im Zuge seines Amtes eng auf die Pelle rückt, verfalle ich in Smalltalk-Übersprungshandlung. Plaudern als Abwehrversuch.

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Mit einer Schachtel voll soeben im Verlag abgeholter Romane stolziere ich durch das überfüllte Wien, es kostet mich viel Kraft, den Stadtmäusen nicht völlig ungefragt „DAS IST MEIN EIGENER ROMAN!!!!!“ in die grauen Mäusegesichter zu schreien.

Der Buttinger bekommt das Allererste, das zweite trage ich vor mir her in den Schl8hof, ich muss keinen Eintritt zahlen und an der Bar steht Herr Wenzel, der das zweite Buch geschenkt bekommt. Ich muss dauernd an mich halten, um nicht ein bisschen durchzudrehen. 

Der Mitter Klaus überprüft mir die Hartkirchner Mosambik (=Moser Bäck)-Geschichte, meine oft und gern erzählte Version ist noch halbwegs korrekt (gerne bei nächster Gelegenheit nachfragen, sie ist sehr gut). Übrigens nur klug und kommunikationsökologisch, dass man sich mit fortschreitendem Alter immer dieselben Geschichten erzählt, statt irgendwas Dummes sich auszudenken oder Fades zu berichten.

Während des Austrofred&Razelli-Konzerts steht Klaus neben mir und kommentiert es so begeistert, als habe er seinen Freund nicht schon tausend Mal auf der Bühne gesehen, als sei das hier für ihn keine Arbeit. „I glaub', heit darreißt as!“ sagt er nach den ersten drei Minuten.

Von mir aus könnte das hier schon Weihnachten gewesen sein.

16.12.

Mit Coala in der Welser Metro. Wir sind in großer Sorge, dass es hier keinen Non-Food-Bereich gibt. Gibt's natürlich. Dort erklären wir einer müden Weinverkostungsdame, dass wir jetzt (11:30 Uhr) noch keinen Wein trinken können, dabei hat sie gar kein Wort an uns gerichtet. 

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K. schreibt: „Ich freue mich auf verantwortungslose Stunden!“ Die Damen entspannen sich zwischen mildem Alkohol und Staubmäusen (Putzen zahlt sich in diesen Tagen nicht aus, die Menschen machen eh nur Mist). Buttinger liegt oben beim Kachelofen und lässt sich servicieren, er meidet das Reich der in der Küche über Alltag und Geschlechterverhältnisse schwadronierenden Frauen („Ich habe keine Hobbys, ich habe drei Kinder“).

17.12.

Tage voller Menschen, 30mal den Geschirrspüler ein- und 33-mal ausräumen, anderen Leuten die Wohnzimmer versauen, die Leber knarzt jetzt schon. Ich habe das an anderer Stelle schon gesagt, aber WEHE, ICH MUSS EINMAL EINSAM STERBEN!!!!!!!!!

18.12.

Eine Skitour zwischen Angerkogel und Warscheneck, auf dem Grat zwischen Schönheit und Qual. Mit jedem Schritt muss ich sieben Kilo Schnee heben, der an den alten Fellen klebt, bei jedem Schritt die Sinnfrage. Im Schatten aber Pulver und schließlich ein neuer Gipfel (was selten geworden ist). 

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Zuhause repariert ein patenter Mann das Backrohr und erklärt mir, dass ich nach dem Stromausfall die Uhr hätte einstellen sollen, deswegen der Gesamtausfall des Geräts. What!?

19.12.

Zum ersten Mal in der Geschichte des Anthropozäns liegt Winkeln nur ganz knapp unterhalb der Nebelgrenze, auf Höhe des Alpakageheges zeigt die Sonne ihre winterliche Barmherzigkeit. 

WJ, Halter des schönsten Labradors des Bezirks, sagt, er verstehe nicht ganz, warum man Hunde an die Leine legen muss, wo doch das gefährlichste Lebewesen der Mann sei.

Kurz vor Wiedereintritt in die Wolkensuppe, im mystischen Zwischenreich, bleibt eine redselige Frau stehen, sie sei heute in Linz am Christkindlmarkt gewesen, so voll die Stadt!, und lauter Kinder, haben die denn nicht Schule?! „Alle dunkelhaarig, naja. Die leben alle auf unsere Kosten.“ Was an mir wiegt sie im Vertrauen, dass ich sie nicht für so deppert halte, wie sie ist?! Offensichtlich sind auch alle anderen vor mir zu müde gewesen, um sie darauf hinzuweisen. Ich drehe mich um und gehe in den Dunst hinab. 

 

20.12.

Wojtek und Kurt Hörbst kommen eine Viertelstunde zu früh, wodurch sich in der Küche ein authentisches ErdäpfelmitButter-Ess-Arrangement ergibt. Ich frage den bekannten Architekturfotografen, ob er für diesen Auftrag hier nicht total überqualifiziert sei? Er sagt: Wir sind für alles überqualifiziert.

Die beiden Herren begeistern sich schon an der Tassensammlung (ich habe ja noch alle davon im Schrank) und am synkretistischen Eck im Herrgottswinkel, weswegen ich beiden bei der Ablichtung und Begutachtung des Hauses freie Hand gebe. Insgeheim hoffe ich, dass es das Verkleidungszimmer in den Standard schafft. Fürs Hauptfoto soll ich mich im Frack auf den Kachelofen stellen, da ruft die Mutter aus dem Jenseits, dass das verboten sei. 

Es ist ja heikel, den Rückzugsort herzuzeigen, aber erstens sind die beiden extrem angenehme Herren, zweitens räume ich ja am ordentlichsten für mich selbst auf, drittens ist es einfach die lautere Wahrheit, dass das Haus als Begegnungszone gedacht ist. „Das ist ein Geisterhaus“, sage ich, „es spuken die Eltern darin herum, aber es ist nicht gruselig, sondern schön.“ Ich mache Wojtek auf die Stille aufmerksam, man hört nur Kurt gaustern. Einige Tage später wird sich Coala über die Phantomgeräusche des Vaters freuen, als ich Holz hole und den Kachelofen einheize, umgekehrt beschwört sie die Mutter akustisch durch engagiertes Kochen.

Später Fischlehrpfad mit Fini. Die Sonne ist schon lange untergegangen, aber es wird mit jedem Schritt wärmer, heller und prächtiger im Mondschein. 

Abends sitzen wir mit den Berlinern beim Wirten. Es ist entspannend, dass ihr Metropolleben auch nicht soooo viel aufregender ist, sie bleiben ja auch schon gern im eigenen Grätzl. Wir trinken Welser Rosé, „fesch zan Herdringa ba da Jausn.“

21.12.

Ein überraschend beglückendes Einkaufserlebnis beim lokalen Fleischhacker: „Ned reserviern, afoch herkumma!“, sagt die Frau fröhlich am Telefon (ich hatte panisch, weil viel zu spät angerufen). Das Geschäft ist bummvoller Leute, eine Zeitkapsel aus den 1980ern. Ich war noch nie hier, bekomme aber einen Stammkundenrabatt – und als ich den Hund erwähne, langt der Fleischhacker in den Topf mit Abschnitten und klatscht mir eine Faust voll Rindfleisch in die Folie.

22.12.

Das Wetter dramatisiert sich, am Gipfelpunkt der Garstigkeit rüttelt der Sturm wie eine Schiachperchte an allem, um zu sehen, was lose ist. Im Mittagsjournal spricht der Einsatzleiter von Pfandl, er heißt Landl.

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Seit ich beim Augenarzt war, sehe ich viel schlechter.

23.12.

Es bleibt überraschend wenig zu tun, ich liege stabil auf der Couch. Raus muss der Buttinger, der nach einer Stunde nass, zerstürmt und leicht fassungslos zurückkehrt; der Hund wäre ihm um ein Haar in der reißenden Traun ersoffen.

Später taumeln Coala und ich aus dem Auto, alle drei Schritte sagt eine von uns „wieso hob i eigentlich nu kaa Bier in da Haund!?“

24.12.

C. hat das stillschweigende Herlegen von Süßigkeiten, die ihr nicht so dolle schmecken, von der Mutter auf mich vererbt. 

Obwohl der Kühlschrank in den Wanten knarrt vor Zeug, machen wir uns Sorgen, zu wenig Bier, Fleisch und Eier eingekauft zu haben, vielleicht verhungern wir trotz Viennetta und Sekt (bzw. sterben an Skorbut).

In der traditionellen Weihnachtsansprache wünsche ich meinen Völkern ein Jahr voll konsensueller Sexualität und Tierbussis. 


Das "Kind" schaut mich an: „Minki, wieso host du eigentlich kaan Mullett?!“ (Ich weiß bis heute, 11.6.2024, keine Antwort). Das andere "Kind" setzt die Brille auf, die Mama in den 70ern getragen hat, dazu trägt er ein Hemd aus den 90ern. „Jetzt schau i aus wie da Jeffrey Dahmer.“

25.12.

Im Fernsehen lauter Blockbuster aus den 1990ern, die kaum gute Frauenrollen, dafür viel männliche Dauerwelle hervorgebracht haben (am schlimmsten in „Robin Hood“). Die einzige Schwarze Person in „Dead Poets' Society“ ist Personal (oder fantasiere ich gerade, gibt’s überhaupt eine?). Die einzige Frau in „Der Name der Rose“ ist stumm, schön und geil. So stellt sich der Regisseur das mittelalterliche Proletariat vor – beim Lausen und Raufen um Abfälle. Trotzdem hoffe ich jedes Mal, dass die Bibliothek dieses Mal nicht abbrennt. „Das Schweigen der Lämmer“ wird mir verweigert, ausgerechnet, dabei darf Jodie Foster hier eine ganze Menge sprechen und muss keine Buserl herzeigen. Eine Vorschau auf den 28. Dezember, da läuft „Braveheart“: Hier ist ganz besonders viel gewelltes Herrenhaar zu sehen. Ganz bestimmt DER Film für romantisch veranlagte FPÖ-Wähler. Gibson ergeht sich wieder einmal in der Nachahmung des Leidens Christi. Man möchte die schottische Armee auf keinen Fall riechen. Sie kämpfen für das Recht, durch den Dreck zu stapfen und Felle von der Wäscheleine zu holen.

26.12.

Binnen einer halben Stunde füllt sich die Begegnungszone Leitenweg 7. Die Band „Flötenwahnsinn“ übertrifft sich heuer selbst, vor allem outfitmäßig, weil ich sie gebeten habe, sich im Verkleidungsraum keine Zügel anzulegen. Mein Großneffe verliebt sich spontan wie ein Entenküken in mich, weil ich zwei Darth-Vader-Kostüme besitze.

27.12.

Wir räumen bei 15° das Baumhaus und machen die Poolplane fest; bizarrer Klimawandel.

28.12.

Beim Notar staunen wir ernut über das gewaltige Myzel des juristischen Regelwerks, das unser Zusammenleben notdürftig regelt, als wären wir ein Volk von Teufeln.

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Neue Felle für alte Ski, teurer als echter Nerz (und doch aus Plastik).


29.12.

Die Sternsinger läuten, schnell werfe ich mir das Stahlkleid über, denn sie dürfen mich gern für die skurrile Alte in der Siedlung halten. Und ich werfe einen 20er in die Box, denn ich will auch die großzügige Alte sein. Eines der Kinder musste übrigens seinen einzigen Satz, den es an diesem Tag schon 57mal aufgesagt hatte, vom Blatt ablesen.

30.12.

Die Annen besuchen mich, wir tunken Cantuccini in Süßwein und stapeln tief, um einander zu erfreuen. AW sagt, sie werde dauernd von der Polizei aus dem Verkehr geholt und gefragt, ob sie getrunken habe, „dabei weiß ich doch schon nüchtern nicht, wo vorn und hinten ist!“

C. bringt wieder ein Sortiment an prachtvollem Glumpert und erzählt nebenbei eine Schnurre aus dem Showbiz: Als Lordi in der Tabakfabrik gastierten, bekam er eine Anfrage, ob er sie dorthin chauffieren könne, weil er in der Gegend den einzigen Sprinter im Fuhrpark habe, der hoch genug für den aufwändigen Kopfputz der Truppe ist.

31.12.

Auf dem Leitersteig Richtung Windischgarsten. Smalltalk mit einem freundlichen Paar, während Fini deren hilflos verliebten Dobermannmischling anknurrt. Der Mann ist von Weißkirchen, sie einheimisch, ich erzähle vom Mann in Wels. „Üwaroi find' si wos!“ stellt sie fest, der Mann seufzt. „Asso, i hob gmaant, wir redn üwa Freizeitaktivitätn.“ 

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Eine abschließende Mini-Orgie mit russischen Eiern, norwegischem Lachs und englischen Menschen, die bei „Auld Laung Syne“ auf BBC ein bisschen weinen. So kann 2023 enden.