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Freitag, März 01, 2024

Manchmal ist es besonders schwer, die Dinge zusammenzudenken

Lebenskrimskrams im Februar 2024

1.2.

Der Austrofred, unser Bester: „Grundsätzlich ist meine Position (zu allem): Ja mei!“

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Aktuell stark ausgeprägte Sucht nach Filmchen, in denen Straßenhunde gerettet werden. Der Vorrat ist so unerschöpflich, dass ich mich frage, ob nicht eine eigene Industrie dahinterstecke. Es geht mir so wie mit „Mein Leben mit 300 Kilo“, es entspannt mich sehr. Wahrscheinlich sehe ich gerne schnelle Rettungen hilfloser Wesen, das gibt Hoffnung. Die Hunde stellen sich im Übrigen nicht so an wie die Menschen.

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Das Mariechen ist gestorben – das heißt Frau Maria Assumpta Gabrielle Scholastica Johanna Franziska Gräfin von Mensdorff-Pouilly. Wilma hat ihr einen herzerwärmenden Nachruf geschrieben. Unmut habe sie so ausgedrückt: „Sie will das nicht!“ Am Ende sei sie milde geworden mit Tieren und kleinen Kindern, auch Fini hat sie bald klaglos toleriert. Sie ist Jahrgang 1947, was ein glückliches Wunder ist, nur zwei Jahre früher wäre sie hier in Hartheim umgebracht worden. Manchmal ist es schwer, die Dinge zusammenzudenken.

2.2.

Maria Lichtmess – ich habe den Buttinger zu fragen vergessen, ob er noch bleiben mag.

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Die beste Postkarte erreicht mich aus den geschätzten Händen des Kollegen Roiss: „Man sieht nur mit den Augen schlecht!“ Sie ist total überfrankiert mit zwei Großglocknern und einem Dachstein. 



4.2.

Ein Wochenende voller Besuch. Nicht, dass dagegen etwas zu sagen wäre, aber es ist doch ein rechter Wirbel! (Coala hat seit 1986 recht). Es ist vielleicht Erwähnenswertes geschehen, aber ich hatte keine Muße, es mir zu merken.

5.2.

Zum ersten Mal wieder was ins Altstoffsammelzentrum gebracht. Es geht in die richtige Richtung im Kreislauf der Jahreszeiten.

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Der ältere Herr beim Gössenwirt, der mit einer Handvoll Körner, im Rollstuhl sitzend, sich rückwärts zum Vogelgatter schiebt, wo ihn storch- oder reiherartige Großvögel mit einem absurd exotischen Hupgesang ungeduldig erwarten.

6.2.

Allein im Untergeschoß des Sengsengebirges, vergrämt von Schwarz- oder Grünspechten. 

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Hasi sagt für Max Goldt im Juni ab, weil er Ziegenmelker beobachten müsse.

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In der ZEIT wird über den „Knirschkrachmeister Ben Frost“ berichtet, sowie über einen Gitarristen, der „gleißende Läufe in den Mulm hineinfiepte“.

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Das Valium der DDR hieß „Faustal“.

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Traum von Sonntag auf Montag: Ich habe einen Termin bei Donald Trump, von 11 bis 13:30 Uhr, weiß aber nicht, worum es geht. Ich ziehe mich extraschiach an, damit er auf keine falschen Ideen kommt.

8.2.

Gedopte Eisläuferin gibt Dessert die Schuld“ Orf.on. Es folgt eine Auflistung der besten Doping-Ausreden:

  • Faschiertes vom Hormonrind

  • zu viel Sex, Bier und Zuckerl

  • zur falschen Zeit am falschen Ort (explodierte Asthma-Sprühflasche)

  • Zahnpasta voller Nandrolon

  • wundertätige Salben

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Coala über einen befreundeten Fledermausforscher: „Er könnte ja mein Batman sein... nein, Wingman heißt das!“ Später sagt sie, wir seien Finis „emotional support humans“.  

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Die Graffiti „WILHERING“ und „SCHÖNERING“ hinter der Wilia-Busgarage – besser kann man die Zeichen der Gentrifizierung nicht verbergen. 

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Die Bühnenbildgesamtzerstörung beim Dino-Meteoriten-Aussterbe-Ausdruckstanz! Siehe hier: http://linzerworte.blogspot.com/2024/02/unfreiwillig-lustige-zerstorung-im.html

Sehr erinnernswert ist Martin Fritzens Beschreibung eines Phänomens, das ich ab jetzt „Slamwashing“ nennen möchte: Überall sollen Slams stattfinden, um ein modernes Feeling zu schaffen.

10.2. Cuball Libre

Auch dieses Jahr möchte ich die Schl8hof-Ball-Menschen am liebsten thematisch sortieren, heuer in die Verkleidungskategorien „Miliz“, „Damen mit Blumen auf dem Kopf“ und „Piraten“. Ich war als Fidel Castro Oberhaupt der Guerilla, was aber niemand sonst so zu sehen schien, denn leider gibt es einen sehr viel besseren Castro als mich. Die schönste Blumendame ist ein Mann. 

11.2.

Am Rande eines Katers.

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Wolf of Wallstreet“ richtet sich ausschließlich an ein extrovertiertes Publikum. The horror! Ständig euphorisch brüllende Männerhorden!!!!! (Männerhoden und Männermoden)

12.2.

Ein etwas seltsame Arbeitsphase gerade. Ich weiß, dass sehr bald der Stress ausbricht, trotzdem fällt das prophylaktische und psychomedizinisch indizierte Faulsein überraschend schwer. Kleinste Erledigungen prokrastiniere ich, um Druck aufzubauen, siehe To-Do-Liste „Fini entwurmen“.  

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Im Schöneringer Pfarrblatt wird das Leiden Jesu in der Karwoche der Jugend als Lego-Fotoroman nähergebracht.

13.2.

Im Zug nach Wien Fremden zuhören. „Kreuzfahrt sicher nie. Nie! So ein Schas!“ Von Enns aus gesehen sieht Lichtenberg aus wie eine südfranzösische Felswand.

Aber was habe ich eigentlich in Wien gemacht?! (Ich schreibe das hier im Oktober 2024, die Halbwertszeit der Erinnerung sinkt rapide).
NACHTRAG: Petra Hartlieb hat mich nach Wien zum Falter-Podcast geladen, das war schon denkwürdig!!!

14.2.

Frauen ergeht es beim Erklären der Torheiten des Patriarchats wie Theologinnen mit der Bibel, „das muss man aus der Zeit heraus verstehen!“

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Schon emsige Tätigkeit der Vögel im Kürnbergwald. Ich bin auf den Wegen des Vaters zugange.

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Monuments Men“ ist wirklich erstaunlich fad, dabei fingiert das Drehbuch den Vormarsch der Russen bis ins Salzkammergut hinein, und sie sind selbstverständlich extrem böse. In der Hektik agieren die Kunstretter in der Tradition britischer Grabraubarchäologen. Der Genter Altar als Jausentisch – diese Nazis, ts!!!

16.2.

Bei Walter Kohl im Stifterhaus. Er ist in Wahrheit mein erster Kollege, und ich mag noch länger, was er schreibt. Es ist absurd, wie parallel unsere Schöneringer Leben verlaufen sind, und auf welch anderen Bahnen: selbes Dorf, anderer Planet. Was für einen Unterschied eine Generation macht. Die feinen Unterschiede beschreibt keiner wie er.

In der Alten Welt erzählt Stefan Köglberger von seinem Vater. Der habe von seinen Schulfreunden keinen Rassismus ertragen müssen, aber ein Lehrer schrieb ins Klassenbuch „Lumumba stört“ (und er erkannte damit nicht die Befreiungskämpfe des Hoffnungsträgers der Dekolonialisierung an). Als Heli Köglberger schon ein berühmter Fußballspieler war, stand ein Ländermatch in Maputo an. In Johannesburg wurde Köglberger aus dem Flugzeug geholt, das sei die Maschine für die Weißen. Er musste mit dem Postflugzeug nach Mosambik, was er dann als den besten Flug seines Lebens bezeichnete, weil die Flughöhe so gering und die Landschaft so malerisch war. Ein guter Mensch in schlechten Zeiten.

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Coalas Kollege hat ein Reh totgefahren, die Versicherung beschreibt den Vorgang reichlich verharmlosend mit „Schadensart: Berührung mit Wildtieren“.

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Glück im Singapur mit den Nummern 56 & 60, zuhause mit 2 Pegasus

17.2.

Die Sorgen sind ein wenig heimatlos geworden, sie flattern um das Problem des zweiten Romans herum sowie um die Neurose, dass ich das vor vier Tagen schon aufgeschrieben habe (ich könnte ja leicht nachschauen, aber es beschreibt eine sehr grundlegende Neurose, weswegen ich immer öfter Sätze mit „das habe ich dir bestimmt schon zweimal erzählt, aber...“ eröffne).

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Der gute Köhle hat mir eine Rezension geschickt, die ich für literarischer halte als mein Buch selbst. Am schönsten (wenn auch nicht der beste Beleg für die Literarizität): „Sie furzen, rülpsen und weinen.“

18.2.

Schlechte Träume, weil der Wecker um 5:40 Uhr läuten wird. Darin sagt Nehammer wegen irgendwas „Danke für den Einblick in Ihre vielschichtige Persönlichkeit.“ Ich geniere mich. Wieso träumt es mir dauernd von diesem Kerl? Weil ich im echten Leben glaube, Tänze für die Entscheider machen zu müssen? Es hat ja noch nie so wenig gestimmt wie heute. 

Auf den Großen Knallstein mit der erweiterten Hausfrauen- und Mütterrunde. Clemi, der wieder mühelos plauschend neben mit herstapft und ohne Aussicht auf längere Antworten von mir (Atemnot) fragt: „Minki, wie viele Männer hast denn jetzt schon in deiner Mütterrunde?“ „Sei nicht eifersüchtig, keuch, du bist die Urmutter, ächz.“

Im Sölktal gibt es einen Ortsteil namens „Fleiß“, das passt zu meiner exklusiven Einstellung, wenn es um die Freizeit geht.

Eine Minilawine (oder eher: im Steilhang von mir selbst ins Rutschen gebrachter Firn, hätte ich halt die Schwünge etwas beherzter angelegt) fegt mich in der Kurve für eine Sekunde von den Ski, aber der Körper ist geschickter als der Geist, der ihn zu lenken glaubt. Das wird wohl kennzeichnend für die Leib-Seele-Dialektik sein, unter besonderer Berücksichtigung der Angst: dass sich die Lenkung zu stark auf bewusste Vorgänge verlässt, dabei muss nur das tierische Körpergedächtnis übernehmen.

Es gilt wie immer, dass die Skitouren eine enorme Unbequemlichkeit sind, aber mir ist es viel wert, ein Mensch zu sein, der Skitouren macht. Und immer noch glaube ich an eine Steigerung, so wie beim Bouldern. Ein bisschen besser zu werden ist noch drin, bevor mich das Alter in den Sinkflug zwingt (es ist eine Illusion zu glauben, dass das nicht schon begonnen hat).

Abends schaue ich „Moonfall“ mit Buttinger (zum Zeitpunkt des Schreibens habe ich schon wieder völlig vergessen, was das überhaupt war). Grundgütiger, schon wieder so eine Orgie der Unwahrscheinlichkeit! (s. „Per Anhalter durch die Galaxis“, Unwahrscheinlichkeitsmodus 324545 zu 1). Und doch ein Film, auf dem die Augen wie auf Fliegenpapier kleben. Wir vereinbaren vor Beginn, bei besondere Unlogik nur noch „Au!“ zu rufen, statt einander mit der Schilderung zu behelligen. Allmählich bricht nun auch für mich die Zeit an, in der ich die ganzen Schauspielsleut nicht mehr (er)kenne.

19.2.

Das Jahr nimmt Fahrt auf, der Februar vergeht tatsächlich flotter als der Jänner. #binse

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Im Büro schnell nachsehen, ob es noch da ist.

Kunst als Axt für den gefrorenen Tümpel in deinen Augen.“ (Beschreibung zum Fotofund an der Fassade der Kunstuni).

20.2.

Der Vitamin-D-Flash vom Sonntag (Knallstein) kickt mitten beim Einkaufen rein, außerdem bin ich um 6:50 Uhr aufgestanden! Ist das die Trendwende?

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Sonst war nicht viel los, außer dass in den OÖN eine Rezension vom Schacherreiter erscheinen wird, in der nicht viel mehr bemängelt wird, als dass es mir an „schöpferischer Geduld“ gemangelt habe, um meine Figuren länger zu begleiten. Das stimmt und stimmt nicht, es sind viel dümmere Gründe (mit drei Schwestern aufzuwachsen heißt, mit sehr kurzer Redezeit auskommen zu müssen).

21.2.

Wieso werden mittelwoke Veranstaltungen durch Protestrufe, nicht aber Konzerte sexistischer Gangster-Rapper? Hier brodelt der Irrsinn des Patriarchats, und er kocht mit vielerlei Maß.

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Im Welser Thalia liegt die „Selbe Stadt“ neben André Heller, die Wahl zwischen Skylla und Cholera. Aber vielleicht nehme ich den Meister der Eitelkeit zum Vorbild und interviewe mich bei der Buchpräsentation einfach selbst.

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Das Genre „New Adult“ hat einige lustige Kategorien zur Befriedigung der Leserinnenbedürfnisse geschaffen: Enemy to Lover, Sunshine vs. Grumpy, Friends to Lovers etc.

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Ein Amselmann badet in der Poolpfütze, als wär's sein privates Tröpferlbad.

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Martin Fritz kommentiert meinen Blogeintrag, den ich gestern heimlich gepostet habe (Erscheinungstag 1.6.2023), es ist wie das dezenteste Stalking der Welt. Wahrscheinlich geschieht mir überhaupt dreimal so viel Gutes, als ich wahrnehme.

22.2.

Ich ernähre mich seelisch immer noch von der Viertelstunde im August, die ich um den Hund gerollt auf dem Gipfel des Feigentalhimmels geschlafen habe. 

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Holzspreißeln ist wie Fahrradfahren.

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Coala beschwert sich öffentlich über Diebstahl geistigen Eigentums, konkret wegen der Romanpassage mit dem luftg'selchten Pfarrer. Das muss ihr eine Lehre sein, man soll seine Romane eben rechtzeitig selbst schreiben (ich schreibe das eher für mich selbst auf).

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Die Supermarktsonderangebotskataloge zeigen den Zeitenwandel. Einerseits „Dreierlei Selchspezialitäten“ - ich hatte keine Ahnung, dass sowas noch gegessen wird! Dazu billigste Käsewurst, andererseits aber Biokarotten und „Fungipads“.

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Denk schöner nach“, schreibt Christine Lavant. Und im Abendgebet: „Nicht die gefangenen Tiere vergessen, die eingehn an Heimweh und Entsetzen!“

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Nachgetragener Vorsatz für dieses Jahr: Ab jetzt JEDEN Genderkritiker fragen, warum er seine Energie nicht in den Kampf gegen Femizide, weibliche Altersarmut, Armutsgefährdung der Alleinerzieherinnen und Frauenhass im Netz steckt.

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Kutzenberger hat den Roman schon gelesen und schreibt sehr, sehr Schönes – am Anfang sei er sehr unzufrieden gewesen, er habe alles nur halb lustig gefunden. Bis er erkannte, dass ich alles ernst meine, dann habe er gleich fast weinen müssen. 

Sogar das Internet ist fast nett. Auf Netgallery wird zumindest das Cover allgemein gelobt (die Postings ähneln einander aber sehr, ist das KI?), mich beschleicht der Verdacht, dass sie die Idee des zweiten Hallstatt für die meine halten.

23.2.

Aus Coalas Büroportfolio: einem ungarischen Kollegen beim Kirchenaustritt zu helfen, weil der nicht damit gerechnet hat, dass Katholischsein in Österreich kostenpflichtig ist.

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Sehr gute Idee, um im Windschatten eines nicht angegangenen Problems das restliche Leben geregelt zu kriegen (nachdem mir der Roman als Jammerquell abhanden gekommen ist): ein Kabarett-Programm schreiben wollen! Scheitern für Jahre „vorprogrammiert“!

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Die freitägliche Trinkeuphorie wiegt mittlerweile leicht das Alltagssaufbedürfnis auf.

24.2.

Shopping-Glück, obwohl ich sehr gut weiß, dass ich mein Leben trotzdem nicht so ändern werde, um den neuen Skitoureneispickel öfter als ein- zweimal auch wirklich zu brauchen (optimistische Schätzen, mit Stand Oktober 2024 noch ungebraucht).  

Glück 2: Extra in den Thalia gestromert und feuchte Augen bekommen, als ich sehe, dass mein Buch als einziges direkt auf der Budel liegt. Es muss für die Buchhändlerinnen ja auch schön sein, wenn sich jemand so kindlich freut.

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Immer wieder diese irren Geschwindigkeitsunterschiede beim Vergehen der Zeit, das Rasen am Wochenende.

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Beim Festival der Pataphysik im Schauspielhaus, „der gewaltige furz des geistes“: Fritz Ostermayer schlägt vor, Splittergruppen zu bilden, deren Mitglieder sich mit Eispickeln ermorden, was für ein schöner Zufall, ich kann gleich mit dem Neuerwerb prahlen. Er ist wirklich mit Herzblut bei der Sache! Tex Rubinowitz kommt und sagt „ich kenne Sie!“ Ostermayer betritt schließlich mit vorgetäuschtem Ärger die Bühne und sagt „ohne Orchester, das ist scheiße!“ Dann begrüßt er die Mitglieder der „Pataphysischen Gesellschaft Wien und eine aus OÖ“.

Brandlmayr referiert über die Homophonie von „Hantologie“ und „Ontologie“ im Französischen, das Hirn setzt sich rostknirschend in Bewegung, es erinnert sich nun daran, dass es heuer seit 20 Jahren das Studium vergisst, unter besonderer Berücksichtigung von Derridas diffèrance. Und wieder die Einsicht, dass ich kein Hirn fürs Französische habe.

Ostermayer moderiert die quasi von ihm verursachte Johanna Sebauer an (er hat ihre Eltern gleichsam verkuppel), samit ihrer „Götteridee des Oblivismus“: Die Nincshofer wollen umfassende Ruhe, notfalls mittels Güllesprühern. In der Pause fragt Nicolas Mahler, ob ich nicht seine Nachfolgerin an der sfd werden wolle, aber dann reicht ihm meine zu ehrliche Schilderung der Kernkompetenzen (liegen und second screening) um seinen Irrtum einzusehen. Harriet Nachtwey fragt, ob sie ein Foto machen dürfe, und ohne nachzudenken werfe ich mich in eine recht peinliche Landeshauptmannspose, wie ich später feststellen muss.

25.2.

Hasi kritisiert per Whatsapp, dass meine Tarock-Passage im Buch kulturelle Aneignung sei, weil er nicht weiß, was für eine Teilversagerin ich angesichts des seltsam verteilten Ehrgeizes meines Vaters bin (Latein, Skifahren, Gstießenjagd).

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Beginnende Verkehrsverblödung in Wien.

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Buttinger erzählt nach meiner glücklichen Heimkehr vom Festredner Harald Krassnitzer, der nach dem von mir bestellten Brothers-from-another-mother-Foto seinen Vortrag an ihm übt. Er endet mit der Frage, ob das eh nicht zu pathetisch sei. Nein, das passe so, sagt Buttinger, woraufhin der Krassnitzer den Saal betritt und beim Antifa-Treffen das ganz große Pathos-Fass aufmacht.

26.2.

Alles, was ich angreife, wird Arbeit, es ist wie beim working class König Midas.

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Ein älterer Kollege schickt mir ein Mail mit dem Ansuchen, einer Kollegin seine Korrektur ihrer internen Aussendung zukommen zu lassen. Als ich ihn auf die vielen Ebenen hinweise, auf denen dieses Ansinnen unmöglich sei (u.a. enthält sein eigenes Schreiben drei schwere Rechtschreibfehler), reagiert er mit Trauer, „ich habe meine Lektion gelernt, ich werde nie wieder etwas sagen.“ 

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In der Boulderbar teilt mir einer gratis mit, dass ich „eh gut, aber old school“ klettere, ich solle mich nur nicht in Boulder hängen, bei denen ich keine Chance habe. Nicht, dass er unrecht hat, aber.

27.2.

Daher nun sind wir ein hartes Geschlecht, in Drangsal erfahren, und liefern selbst den Beweis, aus welchem Stoff wir entstanden.“ Ovid

28.2.

Ein Traum mit Decker und Rubinowitz, mit denen ich durch Wien gehe. Es ist Frühsommer und wir schnüren durch Lost Places. Ich muss die beiden schließlich ziehen lassen, weil mein Radschloss plötzlich nur noch aus zerkochtem Mais besteht.

29.2.

Nichts Besonderes ist an diesem geschenkten Tag passiert.

Freitag, September 01, 2023

Wespen unterm Dach, Formationen in der Brust und zerriebene Knorpel im Knie der Gesellschaft


Lebenskrimskrams im August 2023

1.8.

Die nächtliche Traum(a)rbeit geht weiter. Ich soll für die OÖN nach Rhodos, für einen Tag, und gleich dort noch den Artikel schreiben. Am nächsten Tag geht es weiter nach Kanada. Immerhin habe ich die Matura geschafft.

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Zurück in der Routine. Die von Tag zu Tag aufgeschobenen Vorhaben bestimmen meine Tage, kleine Dinge wachsen sich so zu virtuellen Verpflichtungen aus.

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Wespen sind unter mein Dach eingegangen, es werden Wochen vergehen, bis ich mir ein Herz nehme und mein Revier verteidige, wie bei den Ameisen im April.

2.8.

Eine ältere Frau warnt mich auf dem Taubenmarkt: „Die stehlen angehängte Hunde vor den Geschäften, passen Sie auf! Die nehmen sie für Tierversuche!“

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Der angehende Umweltwissenschaftler, dessen Jugend ich miterleben durfte, verrät uns seinen life hack gegen die 40-Stunden-Woche: keine Kinder. Ich sage, das sei ja auch gut für den CO²-Abdruck, was er wiederum als das „Dümmste, was er je in dem Zusammenhang gehört“ habe, bezeichnet. Dabei habe ich noch gar nicht von der Frau erzählt, die sich für die Existenz ihrer Kinder damit rechtfertigen zu müssen meint, es könne sich dabei ja um die künftige Umwelttechnik-Elite handeln.

3.8.

Jeden Sommer das Selbe, zum Glück kennt man's schon: Torschlusspanik und Sozialstress. Es herbstelt.

4.8.

Klassenschande“, danke Max Bezirkowitsch!

5.8.

Anreise zur Vermählung der Freunde im Salzburger Schnürlregen, stilgerecht im hörgerätebeigen Citroën. Wir werden den ganzen Nachmittag lang ein wenig nach Benzin stinken, aber sobald der Kutzenberger (stilsicher in Waldfarben gekleidet) das Auto sieht, sagt er den bereits vereinbarten ride mit einem BMW-SUV ab und springt auf die Rückbank.

Bei der Agape kommen wir bei den Peers (nicht Englisch auszusprechen), beide sind unglaublich nett, tragen Tracht und haben doch das Kino Ebensee mitbegründet. Ich bekomme so viel über Hallstatt erzählt, dass ich am liebsten gleich mitnotieren und den Roman noch schnell umschreiben möchte:

  • Ebenseer haben in Hallstatt Hausverbot (warum, habe ich vergessen, es ist aber bei diesen Stämmen auch ein bisschen wurscht).

  • Gössler sind als Kellner in anderen Ortsteilen unbeliebt, weil sie „Zahlen“ wie „Zoin“ aussprechen, was in den Ohren der anderen Stämme wie das Spezialwort für „Hundekot“ klingt.

  • Ein Gössler hat seinen Familiennamen von „Mauskot“ auf „Pichler“ ändern lassen.

  • Die Geschichte vom Chinesen auf dem Privatklo stimmt verbrieft.

  • Kinder von direkt in Hallstatt lebenden Eltern lernen das Radfahren erst sehr spät, weil sie nie genug Platz dafür haben.

  • Ein Austauschschüler aus Neuseeland konnte sein loderndes Heimweh durch einen Besuch in Hallstatt lindern, nicht nur, weil es hier so aussieht wie am Fjord zuhause, sondern wegen der vielen Touristen aus Asien.

  • Chinesen fragen die Leute in Hallstatt immer wieder, wie lange denn ihre Dienstzeiten seien, die Europäer seien ja eh sehr fleißig! Sie glauben, dass das Leben im Ort eine touristische Dienstleistung sei.

  • Eine Oma fährt ihre neugeborene Enkelin durch den Ort, ein Chinese reißt die Decke im Kinderwagen weg, weil er nachsehen möchte, ob sich eine Puppe darunter verberge.

  • Aus Protest gegen das Vogelfangverbot luden die Ebenseer die interessierte Presse zu einer Vogelfänger-PK, bei der dann einfach ein paar Leute saßen, um sich bestaunen zu lassen, denn es gibt in Ebensee relativ viele von ihnen mit diesem Nachnamen.

  • Herbert Peer war aus tiefster Überzeugung und alpinistischer Regionalregion in seinem Leben noch nie auf dem Traunstein, Rosemarie macht glaubhaft, dass ihr das eine Mal sehr peinlich ist.

  • Wer auch immer nördlich des Traunsees zu tun hat, fährt an schönen Tagen stets vor 15 Uhr los, sonst endet er oder sie im Rückreisestau der Tagestouristen. Zu Lockdownzeiten kam es etwa auf der Zufahrt zur Hochsteinalm zum völligen Kollaps, die Leute ließen ihr Auto einfach mitten auf der Straße stehen, weil ganz OÖ rodeln wollte, same bei den Langbathseen.

Der Tag ist menschlich schön, aber meteorologisch von malerischer Schiachheit. In Kärnten und Slowenien steigen Flüsse und Bäche über ihre Ufer, und auch wir werfen immer wieder besorgte Blicke hinüber, ob der Almsee in seinem Bett bleibe, ob die Hänge halten, ob neue Bäche zu Tale stürzen. Wittmann sagt, dass früher bei so einem Wetter die Alm nicht so dreckig gewesen sei, aber seit die Forstwirtschaft so grob betrieben werde, reiße es den Humus aus den Wäldern; der Bluts- und Geldadel lasse breite Schneisen schlagen, damit sie ihre Hirschen aus dem SUV heraus abknallen können.

Vor dem Anschneiden der Torte (die er wegen ihrer Pracht für eine Attrappe gehalten hatte) schleppt der Buttinger meinen künftigen Verleger an unseren Tisch, zwecks Verlagsvertragsverhandlungen, denn ich habe noch nichts unterschrieben. Potyka sagt, es sei ihm wurscht, was ich unterschreibe, sie machen das Buch auch ohne mich, ich müsse aber noch Einiges ausbessern.

6.8.

Buttinger und der Hund schlafen den tiefen Schlaf der Gerechten, er auf, sie unter der Traberger Pfarrersoff.

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Meg“ - eine Orgie an: Product Placement + Stereotypen des 21. Jahrhunderts + doofe Rollenklischees (toughe Frau, die aber trotzdem die ganze Zeit gerettet werden muss und nur wegen eines frühkindlichen Traumas tough ist) + China & USA-Kollaboration, Benetton-Casting (agieren dürfen aber nur die zwei Leitkulturen) = höchstgradige Unglaubwürdigkeit. Dieses Machwerk ist nicht einmal ironisierbar. Aber für einen verkaterten Sonntag reicht's.

7.8.

Ein Tag, wie um der Klimaerwärmung zu spotten, grad dass das Wort „Schneefallgrenze“ nicht fällt.

9.8.

Die Generation X ist der Knorpel im Knie der Gesellschaft, zerrieben zwischen Boomern und Schneeflöckchen (viele von ihnen ergeben eine Lawine, insofern passt die Metapher).

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Ich kann alles, was ich will! Leider will ich so wenig.

10.8.

Mit den Bergdamen ins Steinerne Meer – es wird grad noch rechtzeitig wieder Sommer. Und wie! Im Riemann-Haus ist es zwar kalt, weil die Fenster schon wegrenoviert worden sind, aber wir haben Durst und werden am nächsten Tag erfahren, dass der Liter Leitungswasser 4 € kostet. Die Halbpension ist so abartig teuer, dass wir befürchten, nicht genug Geld für drei Tage mitgenommen zu haben.

11.8.

Beim Frühstück: „Wer liegt denn in Zimmer 3?“ „Äh, wir.“ „Ihr müsst euer Zeug rausbringen, wir reißen die Fenster raus.“ Wir beginnen etwa überstürzt die Wanderung. Nach ein paar Metern drehen wir uns um und sehen dabei zu, wie eine gigantische Kreissäge das Haus entzwei sägt. 

Es ist wirklich sehr, sehr schön hier. Und wir finden sogar eine Quelle. Irgendwo in der Gegend gibt es einen zweiten Praterstern. 

Am Abend zieht Birgit einen ganz und gar verunstalteten Zeh aus dem Schuh. Drüben in der Ingolstädter Hütte feiert eine Rotte Jäger den Abschuss zweier Gämsen, deren abgeschnittene Köpfe sie stolz auf den Tisch stellen.

12.8.

Auf dem großen und kleinen Hundstod. Das Kärlingerhaus ist die günstigste und schönste Unterkunft dieser Tour, wir sind erleichtert, sie in dieser Richtung gegangen zu sein. Ein höflicher Junggeselle lädt zum Tauschhandel, ich biete erfolgreich zwei Packungen Mannerwafferl gegen ein Glöckchen, auf dem „Ring for sex“ steht. 


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Die Tage zwischen 12. und 23. August sahen ungefähr so aus, es gab offensichtlich keinen Grund zu klagen, also auch keinen, zu schreiben.

23.8.

Im Brennholz, das seit Jahren unter dem Wintergarten lagert, knuspern und knistern die Holzböcke, als säße man in einer Granola-Frühstücks-Hipsterbar. Nie darf ich mit diesen Scheitern den Kachelöfen beheizen, sonst befeuere ich das Artensterben.

24.8.

In vier Monaten ist Weihnachten. Es hat 34 Grad.

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Gute Reformidee: Die Gehälter von ÖVP-Funktionären in bar auszahlen.

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Ineffektive Mikroorganismen.

25.8.

Die „Formation“ aus der rechten Brust ist verschwunden, weil sie nie da war. Seit einem Jahr hypochondriere ich Knoten in die linke, um die es nie gegangen ist. In die Erleichterung mischt sich ein Schuss Wut, weil man das Gewebe bei der ersten Mammographie offensichtlich so fest gequetscht hat, dass es wie ein Knoten wirkte. Ein Jahr unnötiger Hintergrundsorge, danke für nichts. Geht trotzdem zur Mammographie, liebe Damen.

26.8.

Angenehme Erkenntnis, dass die Kinder nicht herbeikommen, um zu sehen, was für coole Leute wir sind, sondern aus Behaglichkeit; und um uns einzureden, dass sie coole Leute sind, etwa so: „Gestern war Release-Party von meinem Hip-Hop-Video, außerdem hab' ich ein Shooting in Mailand und gschichtle grad mit dem Faber, dessen Vater vor der Mafia fliehen musste, und du so?“ Ich so: „Heuer sind mir die Kürbisse gar nichts geworden.“ 

 

27.8.

Traum von einem online und in den Gemeindeämtern ausgeschlagenen Bericht der Bevölkerung über erotische Schnurren, die täglich aktualisiert werden. Ich freue mich verstohlen darauf, das zu lesen, muss aber zuvor noch einen Schreibworkshop absolvieren, der von James Hetfield abgehalten wird. „Which food do you miss?“, lautet die Aufgabe. Ich notiere ein Lob des mütterlichen Schweinsbratens. Nicht wahrheitsgemäß, sondern weil ich mir im Traum einbilde, dass die Amis sowas gern hören wollen.

28.8.

I mog hoid kaane Auslända! Naa, stimmt eh ned. Owa Migranten mog i ned“, sagt die Staffordshire-Halterin. Sie wird sich am Ende der gemeinsam gegangenen paar hundert Meter gefreut haben, mich kennen gelernt zu haben, dabei hat sie mich gar nicht kennen gelernt. Ich muss zivilcouragemäßig endlich aus der Sommerpause kommen. Die Hunde aber raufen glücklich im Schlamm.

29.8.

Barthaare zupfen ist das Ritzen der erwachsenen Frau.

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Coala wirkt auf Hunde harntreibend, etliche ludeln sich vor Freude über sie an.

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Buttinger: „Man derstreichelt diesen Hund nicht!“


30.8.

Im Traum hat mich ein Medium zwecks Berichterstattung zum Begräbnis eines Regionalmagnaten geschickt, eine Mischung aus Mafiaboss, Zuhälter und Mäzen. Die Feier ist familiär und rotlichtig, ich komme mir wie eine Einschleichdiebin vor, und eine leichtbekleidete Nachtclub-Sängerin fragt mich, „sind Sie auch Kind unseres Vaters?“

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Guter Insta-Fund auf „freudintensifies“: „Who is this Rohrschach and why did he paint so many pictures of my father being disappointed by me?“

31.8.

In Ingolstadt hat eine Frau ihre Doppelgängerin ermordet.

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Geplante Obsoleszenz: Keller, Auto-Zahnriehmen, Geschirrspüler. Die Haushaltsgeräte haben wohl eine Gewerkschaft gegen mich gegründet.