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Mittwoch, Februar 19, 2025

Dad Jokes vom Horrorclown. Neue Dekrete

Ein Text für die Februar-Lesebühne:

Der Fasching bietet Gelegenheit zur Triebabfuhr: Endlich das schwere Joch der Vernunft abwerfen und richtig zum Tier werden! Das System sprengen und sich selbst im Suff das Augenlicht nehmen! Teilzeitnihilismus!

Bin ich die einzige, die derzeit das unangenehm satirische Gefühl hat, dass wir die Eltern sind und die Politiker die ungezogenen Kinder? Die Herrschenden rebellieren gegen uns. Derzeit ist es verflucht schwer, Satiren zu schreiben. Wie soll man die Realität noch überhöhen? Oder besser: unterbieten? Ich meine: Trumps Dekretflut am ersten Tag, in einem Habitus, der zweifeln ließ, ob er überhaupt gut genug schreiben könne, um seine eigene Unterschrift zu schaffen, geschweige denn lesen zu können, was für einen Schmarrn er da unterschreibt. Die Tage seit Trumps Inauguration wirken so, als habe das US-amerikanische Franchise der Original Lindsey Vorte die Scripted Reality in die Weltpolitik geschmuggelt.

Aktuell kämpft Trump für die Wiedereinführung des Plastikstrohhalms. DAS sind weltbewegende Anliegen des leider mächtigsten Mannes der Welt! Putin und Selenski sollen sich die Hand geben und „tschulligung“ nuscheln. Den Gazastreifen will Trump in eine neue Riviera verwandeln, sind ja lauter Top-Strandlagen dort. Was noch? Ein Disneyland Ost in Tschernobyl? Grönland annektieren, mit Heizpilzen erwärmen und mit Maisplantagen überziehen? Wenn er den Panamakanal hat, dann den Donaukanal, den Youtube-Kanal der OLW?!

Meine Analyse: Die Autokraten werden wieder bunter, grauer Büromausstyle à la Scholz-Merkel-Stocker ist out. Regimemäßig geht der Trend zu Fashio-FAschismus, also vintage. Es wird wieder Michael-Jacksonischer, Gaddaffi Duckiger. Als Petra Filzmayer der Despotie weiß ich, warum der Volkskanzlerkelch an uns vorüber gegangen ist: Kickl kickt nicht, er ist keiner, der herbärt, er hat keine main character energy, zu grau, zu viel Nagetier-Vibe, keinen Sex, keine Aura, kein Sigma-Typ. Toxisch, aber nicht männlich. Man setzt mit ihm auf ein zu kleines Pferd.

Zurück zu Trumps Dekreten – ich habe ihm folgende Anliegen mit Schwerpunkt Linz-Land bzw. „Dominika Meindl“ untergejubelt, der Depp hat's blanko unterschrieben!

  • Meine Postings sind fürderhin jubelpersisch zu kommentieren, also „lieb gesagt!“, und nicht „Dachte du bist Feministin, warum lässt du dich vom Hallstätter Bürgermeister würgen“ oder „Du hast sehr tiefe nasolabiale Falten!“

  • Österreich steigt sofort aus der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer aus, sucht euch einen neuen Staat, ihr Standortfetischisten

  • Frau Schmitzberger, ist es ab sofort untersagt, mir immer so neugierig in den Garten zu spernzeln

  • Konjunkturmaßnahme Bauwirtschaft: Errichtung eines Entlastungshallstatts beim Autobahnknotenpunkt Haid

  • Sofortige Einführung einer Qualitätsmedienförderung, sofern diese den Namen „Elon Musk“ nicht erwähnen

  • Ab sofort ist es bei Todesstrafe verboten, dass nahe Angehörige sterben – analog dazu sind sämtliche Biolog*innen dazu angehalten, daran zu forschen, die Lebenserwartung von Hunden zu verfünffachen

  • Kriese darf ab jetzt mit langem i geschrieben werden, und orthographisch ebenfalls dem eigenen Ermessen übergeben werden: Terrasse, Komitee und Karussel. Das ist die Rechtsschreibung, die das Land braucht.

  • Extreme Zölle auf unnötige Importe wie Dubai-Schokolade, K-Pop, Kim-Kardashian-News, Fracking-Öl, demokratiefeindliche Arschpopulisten, Gulaschdiktatoren, Genua-Tiefs, After Eight, Tesla-Trucks, Vogelgrippe

    Es ist ab jetzt generell verboten, oasch zu sein. 

Mittwoch, Januar 15, 2025

Death Cleaning. Wenn man nicht einmal im eigenen Haus noch Herrin ist (nur noch ein Gespenst)

Unbegrenzt ist meine Vorstellungskraft nur, wenn es um neue Sorgen geht. Derzeit male ich mir lebhaft aus, was passierte, würde ich als Geist in meinem eigenen Haus übrig bleiben. Im Grunde kaum anders als jetzt, nur dass ich der Meinung bin, dass meine Schwestern noch leben und ich auch - aber was weiß man schon Genaueres? Vielleicht stelle ich mich ja lebend wie ein umgekehrtes Opossum. Und schließlich gibt es das Cotard-Syndrom; wer davon befallen ist, leidet unter der quälenden Überzeugung, tot zu sein, aber niemand nimmt einen ernst. Gibt es Geister, gibt es auch die Möglichkeit, dass sie ein umgekehrtes Cotard-Syndrom entwickeln. Sie halten sich für lebendig, sind es auch irgendwie, aber ohne Materie. 

Das führt freilich auf dünnes Eis, aber 1. bleibt die Todesgrenze ein Mysterium und 2. schauen Leute ja auch gerne Filme wie "Kindsköpfe" zwei, sie sind immer noch auf X und mögen After Eight, man kann uns Menschen also mit dem blödesten Unfug behelligen. 

Ich stelle mir also vor, dass meine Familie in Gespensterform wiedervereint durch das Haus strolcht. Die Eltern haben mir vergeben, dass ich ihre Reisebildbände entsorgt habe, wir Schwestern zanken um das beste Zimmer, aber nur aus Respekt vor den Traditionen, wir können ja durch Wände gehen. Privatsphäre muss ganz neu verhandelt werden. 

Die Nachbarn vermissen uns, weil wir nette Leute waren, sie schneiden alle Hecken ab, die auf die Straße hereinwachsen und glauben manchmal, dass sie die Eltern lesend im Wintergarten sehen, aber das ist wohl nur eine Einbildung. Zu Silvester, behauptet einer, sei ein blecherner Farbkübel hoch in die Luft geflogen, mit lautem Knall, er schwört, niemand habe einen Schweizer Kracher drunter gelegt! Niemand von den Lebenden, es war der freundliche Knall-Spuk des Vaters. 

Aber da! Eines Tages stehen neue Leute mit dreckigen Schuhen im Haus, sie sagen "Ui, so viel dunkles Holz!" "Der Zeitstempel ist deutlich zu sehen!" Aber auch "die Bausubstanz ist gut". Die Maklerin sagt, es habe eine recht ordentliche Familie hier gelebt, etliche geisteswissenschaftlich gebildet, aber viel zu früh verstorben. 

Und so weiter. Soll ich darüber einen Familienroman schreiben, in dem wir hilflos versuchen, die Neuen zu vertreiben? Das ließe sich entweder zuspitzen, es kommt zum Endkampf gegen wohlstandsverwahrloste Windkraftkritiker und Volkskanzlerfans. Oder sie sind nett, sie spüren das Unheimliche im Haus, dann rufen sie eine Schamanin, die will aber nur ihr Geld, wir Geister kippen ihr mit vereinten Kräften Katzenpisse ins Genick und so weiter und so weiter. 

Unernst gemeinte Zuschriften bitte an den Verlag!

Donnerstag, Dezember 19, 2024

Aus Kinshasa in 100 Klicks

Es ist mit diesem Blog wie mit dem Verkehrssystem der Demokratischen Republik Kongo, wo der Bus erst abfährt, wenn er voll ist. Sobald das letzte Posting 100 Views hat, kommt das nächste. Ihr habt es in der Hand! 

Die realen Produktionsverhältnisse sehen derweil so aus, dass ich etwa gestern einen Text vom 15.11.2024 gelesen habe, der mir in Grundzügen bekannt vorkam, da ich ihn ja selbst vor vier Wochen geschrieben hatte. Entweder bin ich also ein bissi blöd oder schon sehr müde. (Das Geschriebene war nicht extrem schlecht, das gebe ich mir lobend mit wie eine Lehrerin ihrem doofen Schulkind, das sich im Rahmen seiner Möglichkeit sehr bemüht hat in diesem Herbstsemester). 

Vielleicht mag ja jemand diese kleine Ächz-Mitteilung hundertmal anklicksen, dann überlege ich mir was Schöneres (zweiköpfige Ziegen im Wintersturm, ein Familienepos in den Wirren der Neolithischen Revolution, ein Berliner Befindlichkeitsdrama loster Endzwanziger, eine zeitgemäße Adaption des "Bergkristall" mit besonderer Berücksichtigung des Toten Gebirges oÄ).

Dienstag, August 20, 2024

Der Kostenfaktor Mensch ist für uns leider nicht mehr darstellbar

Irgendwann wird die Raika Selbstschussanlagen in ihren Filialen installieren, um den Kostenfaktor „Kundenbetreuung“ positiv zu saldieren bzw. den Kostenfaktor "Personal" besser darstellen zu können. Es wird wohl Unmut geben, aber Anzeigen können nur in den Landeshauptstädten aufgegeben werden, in Polizeiwachstuben mit Parteienverkehr von Dienstag 8 bis 8:15. Der Postbus fährt um 7:59 ab und um 15:38 zurück. Telefonisch kann man 24/7 anzeigen, unter einer kostenpflichtigen 0900-Nummer, die in ein Callcenter in Bangalore führt. 34 Minuten Wartezeit sind fix programmiert, abgespielt wird der WKO-Song über die Vorteile des 12-Stunden-Tages. In Minute 35 sagt das Tonband mit der Stimme von Christiane Hörbiger „Derzeit sind alle Leitungen besetzt, die nächste freie Leitung ist für Sie reserviert.“ Nach weiteren 13 Minuten sagt die KI-Hörbiger „Wollen Sie eine Vignette online bestellen, drücken Sie die 1. Wollen Sie ein Leumundszeugnis für einen Heimkredit beantragen, drücken Sie die 2. Wollen Sie eine Personenstandsänderung im Zuge einer Bankfilialenbetretung melden, warten Sie auf die nächste freie Leitung.“ Die Warteschleife entspricht subjektiv dem Sonnenjahr des Uranus. (84 Erdjahre), denn der Kunde will es so. 


Das Bild ist eigentlich lustiger als der Text drüber: Raiffeisen "Jungfrau" hat Harold "Smile the Pain away" als Testimonial fürs Erben und Sterben verwendet.

 

Freitag, März 01, 2024

Manchmal ist es besonders schwer, die Dinge zusammenzudenken

Lebenskrimskrams im Februar 2024

1.2.

Der Austrofred, unser Bester: „Grundsätzlich ist meine Position (zu allem): Ja mei!“

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Aktuell stark ausgeprägte Sucht nach Filmchen, in denen Straßenhunde gerettet werden. Der Vorrat ist so unerschöpflich, dass ich mich frage, ob nicht eine eigene Industrie dahinterstecke. Es geht mir so wie mit „Mein Leben mit 300 Kilo“, es entspannt mich sehr. Wahrscheinlich sehe ich gerne schnelle Rettungen hilfloser Wesen, das gibt Hoffnung. Die Hunde stellen sich im Übrigen nicht so an wie die Menschen.

***

Das Mariechen ist gestorben – das heißt Frau Maria Assumpta Gabrielle Scholastica Johanna Franziska Gräfin von Mensdorff-Pouilly. Wilma hat ihr einen herzerwärmenden Nachruf geschrieben. Unmut habe sie so ausgedrückt: „Sie will das nicht!“ Am Ende sei sie milde geworden mit Tieren und kleinen Kindern, auch Fini hat sie bald klaglos toleriert. Sie ist Jahrgang 1947, was ein glückliches Wunder ist, nur zwei Jahre früher wäre sie hier in Hartheim umgebracht worden. Manchmal ist es schwer, die Dinge zusammenzudenken.

2.2.

Maria Lichtmess – ich habe den Buttinger zu fragen vergessen, ob er noch bleiben mag.

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Die beste Postkarte erreicht mich aus den geschätzten Händen des Kollegen Roiss: „Man sieht nur mit den Augen schlecht!“ Sie ist total überfrankiert mit zwei Großglocknern und einem Dachstein. 



4.2.

Ein Wochenende voller Besuch. Nicht, dass dagegen etwas zu sagen wäre, aber es ist doch ein rechter Wirbel! (Coala hat seit 1986 recht). Es ist vielleicht Erwähnenswertes geschehen, aber ich hatte keine Muße, es mir zu merken.

5.2.

Zum ersten Mal wieder was ins Altstoffsammelzentrum gebracht. Es geht in die richtige Richtung im Kreislauf der Jahreszeiten.

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Der ältere Herr beim Gössenwirt, der mit einer Handvoll Körner, im Rollstuhl sitzend, sich rückwärts zum Vogelgatter schiebt, wo ihn storch- oder reiherartige Großvögel mit einem absurd exotischen Hupgesang ungeduldig erwarten.

6.2.

Allein im Untergeschoß des Sengsengebirges, vergrämt von Schwarz- oder Grünspechten. 

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Hasi sagt für Max Goldt im Juni ab, weil er Ziegenmelker beobachten müsse.

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In der ZEIT wird über den „Knirschkrachmeister Ben Frost“ berichtet, sowie über einen Gitarristen, der „gleißende Läufe in den Mulm hineinfiepte“.

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Das Valium der DDR hieß „Faustal“.

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Traum von Sonntag auf Montag: Ich habe einen Termin bei Donald Trump, von 11 bis 13:30 Uhr, weiß aber nicht, worum es geht. Ich ziehe mich extraschiach an, damit er auf keine falschen Ideen kommt.

8.2.

Gedopte Eisläuferin gibt Dessert die Schuld“ Orf.on. Es folgt eine Auflistung der besten Doping-Ausreden:

  • Faschiertes vom Hormonrind

  • zu viel Sex, Bier und Zuckerl

  • zur falschen Zeit am falschen Ort (explodierte Asthma-Sprühflasche)

  • Zahnpasta voller Nandrolon

  • wundertätige Salben

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Coala über einen befreundeten Fledermausforscher: „Er könnte ja mein Batman sein... nein, Wingman heißt das!“ Später sagt sie, wir seien Finis „emotional support humans“.  

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Die Graffiti „WILHERING“ und „SCHÖNERING“ hinter der Wilia-Busgarage – besser kann man die Zeichen der Gentrifizierung nicht verbergen. 

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Die Bühnenbildgesamtzerstörung beim Dino-Meteoriten-Aussterbe-Ausdruckstanz! Siehe hier: http://linzerworte.blogspot.com/2024/02/unfreiwillig-lustige-zerstorung-im.html

Sehr erinnernswert ist Martin Fritzens Beschreibung eines Phänomens, das ich ab jetzt „Slamwashing“ nennen möchte: Überall sollen Slams stattfinden, um ein modernes Feeling zu schaffen.

10.2. Cuball Libre

Auch dieses Jahr möchte ich die Schl8hof-Ball-Menschen am liebsten thematisch sortieren, heuer in die Verkleidungskategorien „Miliz“, „Damen mit Blumen auf dem Kopf“ und „Piraten“. Ich war als Fidel Castro Oberhaupt der Guerilla, was aber niemand sonst so zu sehen schien, denn leider gibt es einen sehr viel besseren Castro als mich. Die schönste Blumendame ist ein Mann. 

11.2.

Am Rande eines Katers.

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Wolf of Wallstreet“ richtet sich ausschließlich an ein extrovertiertes Publikum. The horror! Ständig euphorisch brüllende Männerhorden!!!!! (Männerhoden und Männermoden)

12.2.

Ein etwas seltsame Arbeitsphase gerade. Ich weiß, dass sehr bald der Stress ausbricht, trotzdem fällt das prophylaktische und psychomedizinisch indizierte Faulsein überraschend schwer. Kleinste Erledigungen prokrastiniere ich, um Druck aufzubauen, siehe To-Do-Liste „Fini entwurmen“.  

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Im Schöneringer Pfarrblatt wird das Leiden Jesu in der Karwoche der Jugend als Lego-Fotoroman nähergebracht.

13.2.

Im Zug nach Wien Fremden zuhören. „Kreuzfahrt sicher nie. Nie! So ein Schas!“ Von Enns aus gesehen sieht Lichtenberg aus wie eine südfranzösische Felswand.

Aber was habe ich eigentlich in Wien gemacht?! (Ich schreibe das hier im Oktober 2024, die Halbwertszeit der Erinnerung sinkt rapide).
NACHTRAG: Petra Hartlieb hat mich nach Wien zum Falter-Podcast geladen, das war schon denkwürdig!!!

14.2.

Frauen ergeht es beim Erklären der Torheiten des Patriarchats wie Theologinnen mit der Bibel, „das muss man aus der Zeit heraus verstehen!“

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Schon emsige Tätigkeit der Vögel im Kürnbergwald. Ich bin auf den Wegen des Vaters zugange.

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Monuments Men“ ist wirklich erstaunlich fad, dabei fingiert das Drehbuch den Vormarsch der Russen bis ins Salzkammergut hinein, und sie sind selbstverständlich extrem böse. In der Hektik agieren die Kunstretter in der Tradition britischer Grabraubarchäologen. Der Genter Altar als Jausentisch – diese Nazis, ts!!!

16.2.

Bei Walter Kohl im Stifterhaus. Er ist in Wahrheit mein erster Kollege, und ich mag noch länger, was er schreibt. Es ist absurd, wie parallel unsere Schöneringer Leben verlaufen sind, und auf welch anderen Bahnen: selbes Dorf, anderer Planet. Was für einen Unterschied eine Generation macht. Die feinen Unterschiede beschreibt keiner wie er.

In der Alten Welt erzählt Stefan Köglberger von seinem Vater. Der habe von seinen Schulfreunden keinen Rassismus ertragen müssen, aber ein Lehrer schrieb ins Klassenbuch „Lumumba stört“ (und er erkannte damit nicht die Befreiungskämpfe des Hoffnungsträgers der Dekolonialisierung an). Als Heli Köglberger schon ein berühmter Fußballspieler war, stand ein Ländermatch in Maputo an. In Johannesburg wurde Köglberger aus dem Flugzeug geholt, das sei die Maschine für die Weißen. Er musste mit dem Postflugzeug nach Mosambik, was er dann als den besten Flug seines Lebens bezeichnete, weil die Flughöhe so gering und die Landschaft so malerisch war. Ein guter Mensch in schlechten Zeiten.

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Coalas Kollege hat ein Reh totgefahren, die Versicherung beschreibt den Vorgang reichlich verharmlosend mit „Schadensart: Berührung mit Wildtieren“.

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Glück im Singapur mit den Nummern 56 & 60, zuhause mit 2 Pegasus

17.2.

Die Sorgen sind ein wenig heimatlos geworden, sie flattern um das Problem des zweiten Romans herum sowie um die Neurose, dass ich das vor vier Tagen schon aufgeschrieben habe (ich könnte ja leicht nachschauen, aber es beschreibt eine sehr grundlegende Neurose, weswegen ich immer öfter Sätze mit „das habe ich dir bestimmt schon zweimal erzählt, aber...“ eröffne).

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Der gute Köhle hat mir eine Rezension geschickt, die ich für literarischer halte als mein Buch selbst. Am schönsten (wenn auch nicht der beste Beleg für die Literarizität): „Sie furzen, rülpsen und weinen.“

18.2.

Schlechte Träume, weil der Wecker um 5:40 Uhr läuten wird. Darin sagt Nehammer wegen irgendwas „Danke für den Einblick in Ihre vielschichtige Persönlichkeit.“ Ich geniere mich. Wieso träumt es mir dauernd von diesem Kerl? Weil ich im echten Leben glaube, Tänze für die Entscheider machen zu müssen? Es hat ja noch nie so wenig gestimmt wie heute. 

Auf den Großen Knallstein mit der erweiterten Hausfrauen- und Mütterrunde. Clemi, der wieder mühelos plauschend neben mit herstapft und ohne Aussicht auf längere Antworten von mir (Atemnot) fragt: „Minki, wie viele Männer hast denn jetzt schon in deiner Mütterrunde?“ „Sei nicht eifersüchtig, keuch, du bist die Urmutter, ächz.“

Im Sölktal gibt es einen Ortsteil namens „Fleiß“, das passt zu meiner exklusiven Einstellung, wenn es um die Freizeit geht.

Eine Minilawine (oder eher: im Steilhang von mir selbst ins Rutschen gebrachter Firn, hätte ich halt die Schwünge etwas beherzter angelegt) fegt mich in der Kurve für eine Sekunde von den Ski, aber der Körper ist geschickter als der Geist, der ihn zu lenken glaubt. Das wird wohl kennzeichnend für die Leib-Seele-Dialektik sein, unter besonderer Berücksichtigung der Angst: dass sich die Lenkung zu stark auf bewusste Vorgänge verlässt, dabei muss nur das tierische Körpergedächtnis übernehmen.

Es gilt wie immer, dass die Skitouren eine enorme Unbequemlichkeit sind, aber mir ist es viel wert, ein Mensch zu sein, der Skitouren macht. Und immer noch glaube ich an eine Steigerung, so wie beim Bouldern. Ein bisschen besser zu werden ist noch drin, bevor mich das Alter in den Sinkflug zwingt (es ist eine Illusion zu glauben, dass das nicht schon begonnen hat).

Abends schaue ich „Moonfall“ mit Buttinger (zum Zeitpunkt des Schreibens habe ich schon wieder völlig vergessen, was das überhaupt war). Grundgütiger, schon wieder so eine Orgie der Unwahrscheinlichkeit! (s. „Per Anhalter durch die Galaxis“, Unwahrscheinlichkeitsmodus 324545 zu 1). Und doch ein Film, auf dem die Augen wie auf Fliegenpapier kleben. Wir vereinbaren vor Beginn, bei besondere Unlogik nur noch „Au!“ zu rufen, statt einander mit der Schilderung zu behelligen. Allmählich bricht nun auch für mich die Zeit an, in der ich die ganzen Schauspielsleut nicht mehr (er)kenne.

19.2.

Das Jahr nimmt Fahrt auf, der Februar vergeht tatsächlich flotter als der Jänner. #binse

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Im Büro schnell nachsehen, ob es noch da ist.

Kunst als Axt für den gefrorenen Tümpel in deinen Augen.“ (Beschreibung zum Fotofund an der Fassade der Kunstuni).

20.2.

Der Vitamin-D-Flash vom Sonntag (Knallstein) kickt mitten beim Einkaufen rein, außerdem bin ich um 6:50 Uhr aufgestanden! Ist das die Trendwende?

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Sonst war nicht viel los, außer dass in den OÖN eine Rezension vom Schacherreiter erscheinen wird, in der nicht viel mehr bemängelt wird, als dass es mir an „schöpferischer Geduld“ gemangelt habe, um meine Figuren länger zu begleiten. Das stimmt und stimmt nicht, es sind viel dümmere Gründe (mit drei Schwestern aufzuwachsen heißt, mit sehr kurzer Redezeit auskommen zu müssen).

21.2.

Wieso werden mittelwoke Veranstaltungen durch Protestrufe, nicht aber Konzerte sexistischer Gangster-Rapper? Hier brodelt der Irrsinn des Patriarchats, und er kocht mit vielerlei Maß.

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Im Welser Thalia liegt die „Selbe Stadt“ neben André Heller, die Wahl zwischen Skylla und Cholera. Aber vielleicht nehme ich den Meister der Eitelkeit zum Vorbild und interviewe mich bei der Buchpräsentation einfach selbst.

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Das Genre „New Adult“ hat einige lustige Kategorien zur Befriedigung der Leserinnenbedürfnisse geschaffen: Enemy to Lover, Sunshine vs. Grumpy, Friends to Lovers etc.

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Ein Amselmann badet in der Poolpfütze, als wär's sein privates Tröpferlbad.

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Martin Fritz kommentiert meinen Blogeintrag, den ich gestern heimlich gepostet habe (Erscheinungstag 1.6.2023), es ist wie das dezenteste Stalking der Welt. Wahrscheinlich geschieht mir überhaupt dreimal so viel Gutes, als ich wahrnehme.

22.2.

Ich ernähre mich seelisch immer noch von der Viertelstunde im August, die ich um den Hund gerollt auf dem Gipfel des Feigentalhimmels geschlafen habe. 

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Holzspreißeln ist wie Fahrradfahren.

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Coala beschwert sich öffentlich über Diebstahl geistigen Eigentums, konkret wegen der Romanpassage mit dem luftg'selchten Pfarrer. Das muss ihr eine Lehre sein, man soll seine Romane eben rechtzeitig selbst schreiben (ich schreibe das eher für mich selbst auf).

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Die Supermarktsonderangebotskataloge zeigen den Zeitenwandel. Einerseits „Dreierlei Selchspezialitäten“ - ich hatte keine Ahnung, dass sowas noch gegessen wird! Dazu billigste Käsewurst, andererseits aber Biokarotten und „Fungipads“.

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Denk schöner nach“, schreibt Christine Lavant. Und im Abendgebet: „Nicht die gefangenen Tiere vergessen, die eingehn an Heimweh und Entsetzen!“

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Nachgetragener Vorsatz für dieses Jahr: Ab jetzt JEDEN Genderkritiker fragen, warum er seine Energie nicht in den Kampf gegen Femizide, weibliche Altersarmut, Armutsgefährdung der Alleinerzieherinnen und Frauenhass im Netz steckt.

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Kutzenberger hat den Roman schon gelesen und schreibt sehr, sehr Schönes – am Anfang sei er sehr unzufrieden gewesen, er habe alles nur halb lustig gefunden. Bis er erkannte, dass ich alles ernst meine, dann habe er gleich fast weinen müssen. 

Sogar das Internet ist fast nett. Auf Netgallery wird zumindest das Cover allgemein gelobt (die Postings ähneln einander aber sehr, ist das KI?), mich beschleicht der Verdacht, dass sie die Idee des zweiten Hallstatt für die meine halten.

23.2.

Aus Coalas Büroportfolio: einem ungarischen Kollegen beim Kirchenaustritt zu helfen, weil der nicht damit gerechnet hat, dass Katholischsein in Österreich kostenpflichtig ist.

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Sehr gute Idee, um im Windschatten eines nicht angegangenen Problems das restliche Leben geregelt zu kriegen (nachdem mir der Roman als Jammerquell abhanden gekommen ist): ein Kabarett-Programm schreiben wollen! Scheitern für Jahre „vorprogrammiert“!

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Die freitägliche Trinkeuphorie wiegt mittlerweile leicht das Alltagssaufbedürfnis auf.

24.2.

Shopping-Glück, obwohl ich sehr gut weiß, dass ich mein Leben trotzdem nicht so ändern werde, um den neuen Skitoureneispickel öfter als ein- zweimal auch wirklich zu brauchen (optimistische Schätzen, mit Stand Oktober 2024 noch ungebraucht).  

Glück 2: Extra in den Thalia gestromert und feuchte Augen bekommen, als ich sehe, dass mein Buch als einziges direkt auf der Budel liegt. Es muss für die Buchhändlerinnen ja auch schön sein, wenn sich jemand so kindlich freut.

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Immer wieder diese irren Geschwindigkeitsunterschiede beim Vergehen der Zeit, das Rasen am Wochenende.

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Beim Festival der Pataphysik im Schauspielhaus, „der gewaltige furz des geistes“: Fritz Ostermayer schlägt vor, Splittergruppen zu bilden, deren Mitglieder sich mit Eispickeln ermorden, was für ein schöner Zufall, ich kann gleich mit dem Neuerwerb prahlen. Er ist wirklich mit Herzblut bei der Sache! Tex Rubinowitz kommt und sagt „ich kenne Sie!“ Ostermayer betritt schließlich mit vorgetäuschtem Ärger die Bühne und sagt „ohne Orchester, das ist scheiße!“ Dann begrüßt er die Mitglieder der „Pataphysischen Gesellschaft Wien und eine aus OÖ“.

Brandlmayr referiert über die Homophonie von „Hantologie“ und „Ontologie“ im Französischen, das Hirn setzt sich rostknirschend in Bewegung, es erinnert sich nun daran, dass es heuer seit 20 Jahren das Studium vergisst, unter besonderer Berücksichtigung von Derridas diffèrance. Und wieder die Einsicht, dass ich kein Hirn fürs Französische habe.

Ostermayer moderiert die quasi von ihm verursachte Johanna Sebauer an (er hat ihre Eltern gleichsam verkuppel), samit ihrer „Götteridee des Oblivismus“: Die Nincshofer wollen umfassende Ruhe, notfalls mittels Güllesprühern. In der Pause fragt Nicolas Mahler, ob ich nicht seine Nachfolgerin an der sfd werden wolle, aber dann reicht ihm meine zu ehrliche Schilderung der Kernkompetenzen (liegen und second screening) um seinen Irrtum einzusehen. Harriet Nachtwey fragt, ob sie ein Foto machen dürfe, und ohne nachzudenken werfe ich mich in eine recht peinliche Landeshauptmannspose, wie ich später feststellen muss.

25.2.

Hasi kritisiert per Whatsapp, dass meine Tarock-Passage im Buch kulturelle Aneignung sei, weil er nicht weiß, was für eine Teilversagerin ich angesichts des seltsam verteilten Ehrgeizes meines Vaters bin (Latein, Skifahren, Gstießenjagd).

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Beginnende Verkehrsverblödung in Wien.

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Buttinger erzählt nach meiner glücklichen Heimkehr vom Festredner Harald Krassnitzer, der nach dem von mir bestellten Brothers-from-another-mother-Foto seinen Vortrag an ihm übt. Er endet mit der Frage, ob das eh nicht zu pathetisch sei. Nein, das passe so, sagt Buttinger, woraufhin der Krassnitzer den Saal betritt und beim Antifa-Treffen das ganz große Pathos-Fass aufmacht.

26.2.

Alles, was ich angreife, wird Arbeit, es ist wie beim working class König Midas.

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Ein älterer Kollege schickt mir ein Mail mit dem Ansuchen, einer Kollegin seine Korrektur ihrer internen Aussendung zukommen zu lassen. Als ich ihn auf die vielen Ebenen hinweise, auf denen dieses Ansinnen unmöglich sei (u.a. enthält sein eigenes Schreiben drei schwere Rechtschreibfehler), reagiert er mit Trauer, „ich habe meine Lektion gelernt, ich werde nie wieder etwas sagen.“ 

***

In der Boulderbar teilt mir einer gratis mit, dass ich „eh gut, aber old school“ klettere, ich solle mich nur nicht in Boulder hängen, bei denen ich keine Chance habe. Nicht, dass er unrecht hat, aber.

27.2.

Daher nun sind wir ein hartes Geschlecht, in Drangsal erfahren, und liefern selbst den Beweis, aus welchem Stoff wir entstanden.“ Ovid

28.2.

Ein Traum mit Decker und Rubinowitz, mit denen ich durch Wien gehe. Es ist Frühsommer und wir schnüren durch Lost Places. Ich muss die beiden schließlich ziehen lassen, weil mein Radschloss plötzlich nur noch aus zerkochtem Mais besteht.

29.2.

Nichts Besonderes ist an diesem geschenkten Tag passiert.

Montag, Juli 03, 2023

Literarische Fischstäbchen

Ein wenig Beifang von der letzten Lesebühne zum Thema "Fisch" zur freundlichen Kenntnisnahme seitens der lesenden Bevölkerung: 

 

Fischgerichte 1:

Verstöße gegen das Oö. Fischereigesetz betreffend die Zuweisung von Fischereirechten, die Arten der Fischwässer, die Eintragung in das öffentliche Fischereibuch, fischereiwirtschaftliche Maßnahmen wie Bewirtschaftung, Besatz, Aussetzen von nicht heimischen Wassertieren und die Fischereiordnungen werden straf- oder zivilrechtlich geahndet.

Fischgerichte 2:

Forelle Müllerin, Forelle Bäckerin, Forelle Postlerin, Forelle Zerspanungstechnikerin, Forelle Hort- und Freizeitpädagogin, Forelle Bundespräsidentin.

Letzteres geht so: Einen Fliegenfischer auftreiben, sexuell binden und bitten, seinen Fang möglichst schmackhaft zuzubereiten. Dazu passen Petersilerdapferl und ein Sauvignon Blanc.

 ***

Frage an die Generation Schneeflocke in Wokistan (mit lieben Grüßen): Captain Iglo – geht der überhaupt noch? Und was will er? Ein alter weißer Mann allein mit lauter unbegleiteten Minderjährigen auf einem Schiff mit unbekannter Mission – eine Werbung, die uns die Enkerl einmal nicht mehr glauben werden. 

Ich könnte eine Meuterei beschreiben, eine Abenteuergeschichte, in der sich die Waisen gegen den Tyrannen auflehnen, ihn kielholen, weil er sie zur Kinderarbeit im Schiffsbauch zwingt, oder ihn auf einer einsamen Insel aussetzen, wo er sich in jahrelanger Arbeit eine tropische Kopie seiner Heimat erbaut, also einen Bungalow mit Carport und gemauertem Grill. Oder die Kinder betäuben den bärtigen Schinder mit Liquid Ecstasy, färben ihm den Bart schwarz, setzen ihn in einem Schlauchboot vor Lampedusa aus und rufen Frontex an, die versenken ihn dann vor der Festung Europa. Wenn's ambivalenter in der Figurenzeichnung sein darf, zwingen die armen Kinder Captain Iglo irgendwie, sich als deutscher Side-Kick vom gemeinen Grissemann allwöchentlich sekkieren zu lassen.

Übrigens sagt man nicht mehr Iglo, sondern Inuit.




Donnerstag, Juni 01, 2023

Schnitzelzwang, Daydrinking und Pudelbabys

Lebenskrimskrams im Mai 2023

1.5.

Kindheitsflashback: Am Feiertagvormittag mit der Fähre ins Mühlviertel. Wir rasen auf dem Hochwasser dahin, was zur immer stärker werdenden Wahrnehmung der Lebensverraschung passt. Dem Hund das Fährenfahren zeigen wie einem Kind. Der Fährmann bringt den winzigen Ticketstreifen zurück, den ich übereifrig für das Tierkind gelöst habe.

Der Onkel geht über Stunden immer wieder in den Garten, um nachzuschauen, ob der Maibaum drüben in Gramastetten schon steht. So kann man wohl eine Staustufe im Verrinnen der Zeit einbauen.

Der Hund wutzelt mit Absicht und Ausdauer eine stummelbeinige Mini-Ausgabe ihrer selbst die Ottensheimer Dammböschung herunter. An der ordentlich verbreiterten Mündung des Bleicherbaches sitzen vier junge Männer mit Dosenbier und spielen Schach, sie grüßen mich höflichst, als sei ich einmal ihre Volksschuldirektorin gewesen. 

Wenn man selbst keine Kinder hat, ist es vielleicht etwas einfacher, sich einzureden, dass man eh noch nicht so alt sei, ein wenig so wie man glaubt, die Umwelt zu retten, wenn man sich noch nie ein eigenes oder ein neues Auto gekauft hat.

2.5.

Stimmungsabfall aufgrund von Erwerbsarbeit (ohne Erwerb) + Regen. #banal

***

Wegen massiver Verplauschung begehe ich den Tatbestand der Parkzeitüberschreitung. In meiner Hilflosigkeit entfährt mir der existenziell depperte Klagsruf an die Parkraumbewirtschafterin „I bin eh do!“ „I hob's scho eigem!“ sagt sie fast so klagend wie ich. „Fini, fass die Frau!“ sage ich, der Hund schmiegt sich herzlich an deren Unterschenkel. Ich gebe sinnlose Heullaute von mir, die Frau sagt „mei“, ich heule, sie sagt "mei!", so geht es weiter, bis sie sagt, es tue ihr leid, „grad bei wem so Liabn!“ Ich sage irgendwas Einsichtiges, schließlich verabschiedet sie sich mit „Gsund bleibn!“ 

4.5.

Entspannungsmusik wirkt bei mir paradox.

5.5.

Den Decker an seiner Arbeitsstelle abgeholt, die er sich hauptsächlich wegen eines Wortwitzes im Slogan ausgesucht habe, wie er behauptet. Er arbeitet wirklich mit Schweißgeräten, nun ist es kein Mythos mehr.

Auf den Straßen von Wien werden wir trotz LL-Kennzeichens kein einziges Mal angehupt oder geschnitten. Das ist nicht mehr mein Wien. Decker steigt in Ottakring aus dem Auto und ist sofort entfacht, mit dem Fotoapparat verwandelt er einen Stapel Sommerreifen und einen Turm Bettzeug in poetische Frühlingsillustrationen.

GAV-Vollversammlung. In der Kulturtankstelle geht es um einen „antihegemonial erweiterten Literaturbegriff“, „Präsenztauglichkeit“, dicke Gegenwartsromane und die Verrücktheit, unsere Branche auszuüben (Ilse Kilic, meine Präsidentin <3). „was man nicht sagen kann, muss man sich selber holen“ steht auf einer Karte von Herbert J. Wimmer („wittgenstein im haushalt“). Piringer über soziale Medien und ihren Stromhunger: TikTok hat einen norwegischen Rüstungskonzern beim Bieten um eine Stromzuteilung ausgestochen. Es fällt der gute, leider sehr treffende Begriff „Rezensionsrezession“. Martin Fritz hört zu, dabei kritzelt er sehr hübsche Pläne mittelalterlicher Städte auf seine Unterlagen. Ich kritzle diese Notizen hier; wie erwartet kann ich sie später kaum noch entziffern (irgendwas mit „Bei Gelegenheit KI mit der schlechten Unendlichkeit von Hegel assoziieren“).

Martin Wimmer referiert: „Bummeln, träumen, leben, lieben“ – und sein kulturpolitisches Programm: Jeder Mensch soll in der Lage sein, ein Buch zu verfassen. In der schiachen Realität wäre man schon froh, wenn jeder eins lesen könnte. Im schönen Teil der Realität gibt es die GAV. 

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Eine junge Frau flaniert durch den 7. Bezirk und erkennt sich selbst auf einem Porträt in einer kleinen Galerie – diese Geschichte glaube ich mir selbst fast nicht, obwohl ich dabei war; ich hatte es für übertrieben gehalten, dass Markus Lehner gar nicht mehr weiß, wessen Gesichter er da aus Filmen und Serien herauslöse. Ich kenne nicht einmal die Sendung, mit der die Frau bekannt geworden ist („Dark“), aber ich würde wohl nicht einmal mein eigenes Gesicht auf einem Bild wiedererkennen. 

Foto: Decker oder Minniberger? 

Eine sehr schöne Vernissage. Die Bescheidenheit der beiden Herren Lehner und Decker steht in sehr sympathischem Kontrast zum Ego einiger VernissagenbesucherInnen. Eine Frau erzählt mir, sie habe den Kurzhaarschnitt erfunden, vom Gatten einen Keller für eine Galerie geschenkt bekommen und dort schon so manchen jungen Literaten bei Lesungen vor bis zu 20 handverlesenen Gästen groß herausgebracht. Ein Typ, der nackte Damen mit Bodypainting fotografiert, gibt dem Decker „wertvolle Tipps“ für den Erfolg am Kunstmarkt. Andererseits ist auch ein wirklich sehr lieber ehemaliger Palliativsachbuchautor anwesend. Er habe einige Jahre lang als „Senior Content Manager“ eines internationalen Konzerns extrem gut verdient, aber doch wieder gekündigt, weil er sein Hochstapler-Syndrom nicht in den Griff gekriegt habe. So, wie mir der Decker am nächsten Tag erzählen wird, dass er täglich mit der Sorge zur Arbeit fahre, ob er das Aufgetragene eh hinkriege. Wir müssen wirklich bald so etwas wie den „Empower-Hof“ gründen, in dem wir den unnötig von Selbstzweifeln blockierten guten Menschen gut zureden (also wir einander). 

Mitteilung in der Wiener Parkraumbewirtschaftungszone

6.5.

Coala erzählt mir von einer Deutschen, deren Nachbarn über Jahrzehnte zweimal jährlich den Maschendrahtzaun mit Seife und Bürsten gewaschen hatten (und einmal im Jahr das Dach). Als sie zu alt für diesen Unsinn wurden, überkam sie große Unruhe, bis ihnen der Sohn den Zaun kurzerhand entfernte, da er glaubhaft vermittelte, nicht mehr unachtsam aus dem Garten auf die Straße zu rennen.

7.5.

Der Garten explodiert. <3

8.5.

Die Pool-Wärmepumpe erweist sich als Willhaben-Hüter – aber nicht wegen der Vernunft der Leute, sondern weil ich den sinnlosen Stromfresser noch nicht billig genug verramsche für die gierige Konsumbrut.

9.5.

Top-Tag: Auto gesaugt + 50 Jahre GAV im Stifterhaus halbwegs hingekriegt. Am schönsten vielleicht, dass Anna Weidenholzer sich über meine frisch gemachten Pudelbabyfotos mehr freut als über ihr Honorar (war auch nicht hoch).

Alle sollt ihr euch freuen, gratis

10.5.

Peinliche, aber beträchtliche Freude über die elektrische Fensterputz-Ente in gelber Enterprise-Form: mein Drecksproblem ist gelöst! Jetzt brauche ich nur noch eine Admin-KI („Wie hoch ist das Honorar?“) und einen Außentermin-Feminoiden.

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In der Kletterhalle spiegelt sich mein ganzes Leben. Kraft der Routine nudle ich das Meiste ganz ok herunter, aber stellt mich bitte nicht in einen Überhang.

11.5.

Ein älterer Kollege mailt gesammelte Klagen (Frauenüberhang auf den Bühnen, von den Institutsleiterinnen wurde er nicht ordentlich gegrüßt, er sei auf weniger Fotos zu sehen als andere). Boomer und die Generation Y + Z sind offensichtlich Konkurrenten auf dem Aufmerksamkeitsmarkt.

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Das Tosen des Wassers, das über die Schleusenwand donnert. Die Welt könnte ertrinken, der Hund würde immer noch Stöckchen aus der Donau holen wollen. 

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Kaktus-Award im Schloss. Großer Zuspruch für das Matriarchat von den anwesenden Damen, bei den Herren muss immer noch Vermittlungsarbeit geleistet werden („Wäre es nicht schön, mehr Freizeit zu haben?“). Ein Immobiliensachverständiger sagt nach der Preisverleihung, seine Frau sei stur, ich sage, sie hat einfach recht, er solle seinen Widerstand zu seinen eigenen Gunsten aufgeben, dann werde alles gut. Unnötig hinzuzufügen, dass mein Ego sich aus Frack und Junghopfenpilsrausch speist. 

Insgesamt ein prächtiges Ereignis, etwa weil Haderer sen. gleich seine Kooperationspartner mit einem ordentlichen Anwaltswitz begrüßt: „Olle Aunwälte san Oarschlecha!“ „Tschuldigen, das ist eine totale Verallgemeinerung, außerdem ist das eine Beleidigung für die Oaschlecha.“ Bei der Preisverleihung werde ich zum glühenden Til-Mette-Fan. Später lege ich dem sehr freundlichen Hauptpreisträger meine rassetheoretischen Überlegungen ("genetisches Medley") dar, während er versucht, aufgrund der Junghopfenpilse nicht im Stehen zu stolpern.

12.5.

Dani bringt Süßkram aus dem Ostblock-Markt, der in Öd dem Billa nachgefolgt ist. Das usbekische Karakum-Stollwerk ist ok, rechtfertigt seinen Import über die Seidenstraße aber kaum. Das kalmückische Wafferl überzeugt mehr durch Exotik als durch Geschmack. Sobald die Menschen aus dem Osten z.B. ein Mignon-Wafferl zu kosten bekommen, kollabiert die russische Schokoindustrie und sie können nur noch Gas am Markt positionieren.

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Lesebühne im Ottensheimer Bauhof. Das Publikum kommt eher vom Jazz, also viel zu spät, weil sonst nie was vor Mitternacht anfängt. Deswegen bin ich von Beginn an nicht mehr nüchtern im engeren Sinn, aber auch das scheint zum subkulturellen Zugang zu passen. Das Prinzip „Tombola des Grauens“ wurde von den Einheimischen insofern missverstanden, als recht viel Brauchbares gespendet wurde (Wachsmalmäuse, Storm-Novellen, Saatgut, geschnitzte Fische), sodass ich wegen Unterschlagung fast mehr mit nach Hause genommen habe, als ich hergeschafft hatte. Bester Witz des Abends: Renés „Polka-Geister“. Noch mehr zum guten Ereignis für Lese-Junkies und Wort-Messies hier im Lesebühnenblog.

13.5.

Heute war nichts los <3

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Selbst wenn Böhmermann & Schulz den Songcontest moderieren, zündet nichts. Jede Ironie prallt am bunten Rausch der Belanglosigkeit an. Von nun an wieder ohne mich. Bzw. glaube ich allmählich, dass Böhmermann doch nicht lustig ist.

14.5.

Die eigene Leistungsfähigkeit tiefer zu stapeln ist der Gruß der in die Jahre gekommenen Boulderin. Übrigens gehe ich seit 2001 bouldern und schreibe seit 2004 Blog – reicht das nicht allmählich für den Status „Pionierin/Urgestein“ oder zumindest eine Landeskulturmedaille in Weißblech?

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Finis empörter Blick, immer wenn ich sie wieder aus der Fressnapfbudel hervorzerre, weg von den bereitwillig fütternden Händen der Kassadamen, denen ich dann ein Vermögen für das Insektenhundemüsli zahle. 

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Margaritenneid. Bei mir wächst nur, was eh schon immer gewachsen ist (Giersch und Löwenzahn).

Symbolbild "Der Neid ist schiach"

16.5.

Die vor drei Tagen verstorbene Sibylle Lewitscharoff hat zwischen 12 und 16 immer wieder LSD probiert. Ihr inniglicher Wunsch fürs jetzt hoffentlich eintretende Paradies war, sich mit Tieren unterhalten zu können.

17.5.

Mein Leben wird mir als ziemlich ok vorkommen, wenn ich mich später wirklich nur noch an das erinnere, was ich fotografiert und aufgeschrieben habe: Eigenzensur im Sinne einer geglückten Schlussbilanz. Alle müssen wir hoffen, dass uns die Demenz am Ende nicht bloß den Schas übrig lässt, wie auf dem Grabbeltisch nach dem Schlussverkauf im Nicht-so-Supermarkt.

Eine schöne Erinnerung wäre etwa, dass Ljuba Arnautovic und ich einmal gleichzeitig das Aufenthaltsstipendium in der Villa Bielka am Grundlsee bekommen haben und erst am Ende der vierzehn Tage eine halbe Stunde miteinander geplaudert haben (ich für meinen Teil habe meine Leutscheu dabei ab Minute 1 bereut). Beim Bericht, dass ich wegen guter Führung dann noch zweimal hindurfte (wahrscheinlich weil ich die Bibliothek sortiert hatte), rede ich mir selbst die Augerl nass. So wie ich zehn Jahre nach diesem Experiment-Literatur-Abend nasse Augerl bekommen möchte, wenn ich an Arnautovic und Peschka denke. Nur noch Leute einzuladen, bei denen ich nicht zwischen Werk und Autorin unterscheiden muss, ist eine meiner besseren Lebensentscheidungen. 

Meine Leutscheu wurde zum einen natürlich durch die Hundehaltung überwunden, zum anderen aber, weil ich mich heute dem Mitmenschen zwischendurch so vollständig entziehen darf.

18.5

Putzen am Feiertag – aber was soll ich tun, die Putzente ist voll der Bringer (und ich werde verbrieft grad schrullig)

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Spektakuläres Scheitern beim Ausmisten, weil ich gleich beim ersten ollen Tierbildband über den Geranienwagerl-Neufundländer in Verzückung gerate:

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In jedem Berg suche ich auf den ersten Blick einen Gipfel des Toten Gebirges. Ich muss dringend wieder wandern, mir träumt schon wieder recht bedrängend.

19.5.

Ausnehmend ereignisarmer Tag, ausuferndes Rasenmähen. Mein Mitleid ufert jetzt allmählich auf Pflanzen aus, nur die wirklich expansiven Beikräuter hasse ich.

20.5.

Hoch im Norden bei einer 80er-Feier. Der Jubilar ist ein dezenter und hervorragender Entertainer. Er begrüßt den Abt als „Emeritus, i sog des, weil's Lateinisch ist, und weil i's woaß.“ Einer sei nicht gekommen, weil er „haudi“ sei, was man als „temporär gebrechlich“ übersetzen kann. Etliche der Anwesenden fragen mich, ob ich noch bei „die Nochrichtn“ oder beim „Laund, bam Kuituabericht“ sei, denn im Mühlviertel steht die Zeit still.

Katholiken fällt es leicht, sich mit 80 glücklich auf der Zielgeraden zu sehen. Der Abt entschuldigt sich, er käme am Nachmittag nicht mit, „weil ma wer gstoam is.“ Das Geburtstagskind erzählt von seinem Großvater, dem gleich drei Ehefrauen gestorben sind. Er habe sich eine Fotomontage anfertigen lassen, die ihn inmitten der drei zeigt, darüber stand: „Die ewig Fromme, die ewig Tüchtige, die ewig Fröhliche“. (Siehe dazu das vorige Posting über die Phänomenologie des rustikalen Totenbildes.)

Es ist sehr, sehr schön im Oberen Mühlviertel, aber die Hügel verstellen die Sicht auf die Berge.

21.5.

Endlich wieder zuhause oben im Toten Gebirge. Es war bis heute keine große Skitourensaison, aber nach dem gemeinsamen Mittagsschläfchen auf der Sigistalhöhe auch menschlich ein schöner Abschluss. 

Die ungläubigen Blicke der leicht Bekleideten unten in der frühsommerlichen Baumschlagerreith, als wir das Skizeug in den Kofferraum schlichten.

23.5.

Fund in der ZEIT: Totenkopfäffchen mögen Menschen nicht besonders und lassen sich nie ganz zähmen. Während der Dreharbeiten zu Pippi Langstrumpf wurden die Darstellerinnen von Herrn Nilsson laufend gebissen, angepinkelt und angeschissen. Viele Menschen gehen mit dieser Attitüde in die Arbeit und sollten eigentlich allein im Wald leben dürfen.

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Die SPÖ sollte in drei gleich große Teile zerfallen wie ein mürber Keks. In der Nacht träumte mir, ich hätte was mit dem Babler, war aber auch erleichtert, dass der nun wohl sehr viel unterwegs sein werde, sodass ich einfach gemütlich mit dem Buttinger zusammenbleiben kann.

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Gestern nach monatelangem Herumgefröstel gleich wieder zu heiß – sowie ich das feststelle, wird mir bewusst, dass ich das in meiner Jugend als sicheres Symptom für „ab jetzt alt“ festgelegt habe.

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Wenn ich ehrlich bin, hätte ich auch ohne Arbeit genug zu tun.

24.5.

Porzellan kommt vom Italienischen „porcella“, also „kleines Schweinchenartiges“. Und das englische „ferret“ stammt vom Lateinischen „fur / furritus“ ab, also der „kleine Dieb“. Eine Gruppe englischer Frettchen wird „business“ genannt. Zwei Krähen als "conspiracy", eine Gruppe als "murder". 

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Der neue junge Mann aus der Gen Z am Anfang seiner Berufslaufbahn heißt „Valentin“ oder „Tassilo“. (Eine Gruppe der jungen Männer heißt „bubble“).

25.5.

Pfingsten ist die Oberösterreichische Verballhornung von „die Fingisten“, vom Lateinischen „fingis“, also „du erfindest“. Heute ist somit der Gedenktag für Literatur und Staatsanwaltschaft.

26.5.

Es gibt das Stück „Ein musikalischer Witz“ von Mozart, in dem er sich über schlechte Komponisten lustig macht. Meinen dummen Ohren fallen nur die derfäulten Waldhörner auf. Bei Gelegenheit auch die „Spatzenmesse“ anhören.

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In der „Standard“-Berichterstattung über die Weigerung der WKO & Gastro, vegane Kochlehren zu erlauben, kommt das Wort „Schnitzelzwang“ vor. Willkommen Österreich.

27.5. KRUMAU

Der Grenzstreifen ist schon ziemlich durchgentrifiziert, jetzt müssen sogar schon die billigen Casinos und Outletcenter renoviert werden. Die Gartenzwerg-Vietnamesen sind in andere Branchen migriert (High End Crystal Meth?) oder verkaufen hölzerne Windmühlen in Gartendeko-Shops. Nur die Roma von Vetrinj hausen nach wie vor in vernachlässigten „Sozial“-Bauten. In der overtouristischen Altstadt werden Chinesen derzeit von Koreanern vertreten (erkennbar an den Wimpeln ihrer Reiseführerinnen). Eine Dame fragt, ob sie Daeny streicheln dürfe, weil sie ihren Hund zuhause in Kalifornien so vermisse. 

Geglückte Stunden beim Daydrinking mit dem guten Krumlov-Bier in einem Hipster-Gartenbüdchen. Bene geht Zahnpasta-Shoppen. Dani erzählt, dass ein automatisches Übersetzungsprogramm unlängst die Genderkategorie „divers“ mit „Taucher“ übersetzt habe.

Die Braunbären im Burggraben werden immer noch nicht artgerecht gehalten, fressen aber immerhin vom veganen Büffet, dazu gibt’s zum Spielen ein Bierfass (Lokalkolorit).

Wir stellen eine gemeinsame Abneigung gegen barocke Gartengestaltung und Poltergruppen fest. Es ist angenehm, dass wir alle schon oft in Krumau gewesen sind, so können wir auf das Sightseeing völlig verzichten und uns aufs Trinken und Lästern konzentrieren: Die Menschen in den Schlauchbooten müssen jetzt Helm und Schwimmweste tragen, oder sie sitzen statisch auf einem Pensionistenfloß, das langsamer als die Moldau dahindümpelt, während ihnen von hinten und vorne von Männern in pseudobäuerlichen Leinenhemden die Landeskunde gemansplaint wird.

Auf der Heimfahrt halten wir beim jüdischen Friedhof nahe Rožmberk. Mittlerweile stehen etliche philanthropische Sponsoren auf dem Schild an der Mauer, aber das Gras steht so hoch wie in den frühen 1990ern. Wir klauben kleine Kiesel aus den riesigen Maulwurfshügeln zwischen den Gräbern und legen sie auf die Grabsteine.

Langsame Heimfahrt über Langzwettl, es wird ein Freiwilliges Feuersportwehrfest gefeiert, alle haben rote Backen von Bier und Sonnenbrand. Weiter nach Wels, es wird das Schl8hof-Voixfest gefeiert, alle haben rote Backen von Bier und Sonnenbrand. 

 

28.5.

Die Eröffnung der Sommersaison im Sengsengebirge artet ziemlich aus, aber der Drang ist stärker als die Vernunft. Ich treffe mindestens sechs falsche Entscheidungen und sieben richtige. Gerade in der anstrengendsten Stunde des Herumkofferns auf der Koppenalm dackelt mir der Hund am ergebensten nach. Wieder neue Wege und verlassene Almen gefunden. Wie es hier vor hundert Jahren ausgesehen haben mag? Der Nationalpark verwandelt den Bergstock außerhalb der markierten Wege in einen Lost Place. Auf dem Weg zum Rohrauer Größtenberg ein Paar, das sich auch verkoffert hat, ich kann nicht einmal mit meiner Karte auf dem Handy behilflich sein, weil der Mann (natürlich der Wegfinder) seine Lesebrille nicht mitgenommen hat. Stunden später Verwünschungen gegen mich selbst, aber ich weiß da schon, dass ich gleich wieder hinauf will, sobald der Muskelkater abgeklungen ist.

29.5.

Enttäuschendste Hunderasse: der Disappointer

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Schlagzeile des Tages: „Mutmaßlicher Spionagewal verlässt Norwegen in Richtung Süden“. Vor vier Jahren war der zahme und neugierige Belugawal vor der Küste Finnmarks gefunden worden; er trug einen Gurt mit Kamerahalterung. Drei Jahre trödelte „Hvaldimir“ nahe Norwegen herum, jetzt schwimmt er davon, aus Einsamkeit oder wegen der Hormone, glauben Meeresbiologen.

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Statt „sick kids“ lese ich „side kicks“. Die Lesebrille wird wohl auch mir bald zuteil werden.

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Eigentlich ein Traum, der es nicht in die Zukunft schaffen muss, aber es war einer der wenigen, in denen mir der Vater erschienen ist. Es war seine Aufgabe, mich mit Barbituraten zu euthanasieren, da ein Tumor schon meine Schädeldecke absorbiert hat. Im Traum ermahne ich mich, bloß nicht hinzugreifen, wäh. Ob das wirklich sein müsse, die Sterbehilfe?, frage ich den Vater traurig, er sagt traurig ja, es gehe sonst sehr schlimm aus, es sei besser, wir brächten das gleich hinter uns. Daraufhin ordne ich Spar- und Notizbücher, lege Dokumente heraus und gerate in Unmut, weil es mich gerade überhaupt nicht sterben freut. Ich lasse meinen Ärger am Vater aus, der sich in meiner Sterbstunde mit irgend einem zufällig getroffenen Bekannten vertratscht.

30.5.

Irgendwo in den USA ist die kaum verweste Leiche einer Nonne exhumiert worden. Unter der schützenden Schimmelschicht schaut sie tatsächlich ganz propper aus (das gönne ich auch Tina Turner). Fassungslos Gläubige pilgern herbei, um ihre Hände auf die Schimmelschicht zu legen. Es handle sich im Übrigen um die erste Mumie einer afroamerikanischen Frau.

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Interview mit einem 97-jährigen Komponisten in der ZEIT.

Wie geht es Ihnen?“

Es geht mir irgendwie.“

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Ein Herr „Walzer“ (=Walter) entschuldigt sich in einer Willhaben-Nachricht für seine Rechtschreibung: „händitastatur dicke finger“

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Mit solidarischem Wohlwollen schaue ich der Nachbarin dabei zu, wie sie mit großer Geschwindigkeit Cola und Wurstsemmi inhaliert, bevor sie ins Haus geht und für vier Kinder + Gatten etwas Gescheites kocht.

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Das jämmerliche Heulen einer Alarmanlage irgendeiner Firma irgendwo.


31.5.

Auf orf.at: Ein Skriptum aus dem 15. Jahrhundert ist „entdeckt“ worden, in dem sich ein Stand-Up-Comedian seine drei besten Nummern aufgeschrieben hat, zum Beispiel die satirische Hasenjagd, bei der die Killerkarnickel den Jägern die Kehlköpfe herausreißen.