Mittwoch, Oktober 25, 2023

Leise singen die Borkenkäfer

Weil ich aus bodenloser Verpeiltheit seit MONATEN hier nichts mehr gepostet habe, ist es eh gleich schon wurscht, wenn ich dann recht antusche mit der Beachtung meines Kunstwollens von der Wiener schule für dichtung. Weil: Na, ist das was? 

Symbolbild "Borkenkäfer"

Der sehr stark von mir geschätzte Peter Waldeck lud zu Folgendem: 

"der wilhelmsschrei aus deinem mund – wenn autofiktion & horror zusammentreffen! / schule für dichtung

experimentelle online-übung über die gelungene fusion von alltagsbeschreibungen mit horrorsituationen mit autor peter waldeck

Es geht um das verfassen merkwürdiger texte (kurzprosa), die autofiktion mit klassischen horrorszenarien vermischen. introspektion trifft splatterorgie: lade deine alltagsbeobachtungen mit einer explosion von b-movie-klischees auf.

bonuspunkte gibt’s für: borkenkäfer-perspektive, traurige grundstimmung, hochliterarische sprache für niedrigsten splatter!"


Und das schrieb ich ihm (synchron verlesen am 20.10. sowohl im Schauspielhaus Wien als auch im Strandgut Linz)

Leise singen die Borkenkäfer. Drehbuch

Doug Burndale, Abkömmling norwegischer Einwanderer, die durch harte Waldarbeit im Forst nördlich von Baltimore zu Wohlstand gelangt und zu hartherzigen Menschen geworden waren, ist durch harte Arbeit als Psychiater zu wissenschaftlicher Anerkennung gekommen und zu einem kannibalistischen Serienkiller geworden.

Auf tritt die angehende FBI-Agentin Therese Bark-Beetle, die von ihren skrupellosen Ausbildnern auf den im Hochsicherheitsgefängnis sitzenden Burndale angesetzt wird, um herauszufinden, was da in den Wäldern nördlich von Baltimore sein Unwesen treibt. Holzfäller werden tot aufgefunden, hunderttausende Morgen Fichten vertrocknen. Burndale ist sofort von der hochbegabten jungen Kriminalbeamtin fasziniert. Schnell findet er Bark-Beetles wunden Punkt – sie entstammt einer Sippe derber Holzknechte, die seit dem Waldsterben in vollgemüllten Mobile Homes saufen.

Hier Handlung einfügen, in der sie durch den Wald hetzt, Schusswechsel etc. Dann die Schlüsselszene, wie der Psychopath hemmungslos in Bark-Beetles Seele wühlt. „Was war mit den Fichten, Agent?“ „Sie waren... von Borkenkäfern ganz zerfressen...“ „Und was haben sie gemacht, Therese? Sagen Sie es mir!“

Sie haben leise gesungen, Dr. Burndale!“

Review Peter Waldeck:

Perfekt! Dieser Text erfüllt nun wirklich alle Träume dieses Kurses. Er bedient sich unbekümmert einer großen Vorlage, bleibt dabei immer angenehm schlampig und faul („hier Handlung einfügen“) und erzählt so auf einer Meta-Ebene viel Autofiktionales über den Arbeitseifer des Erzählenden. Nebenbei räumt der Text mit den Borkenkäfern alle Extrapunkte mühelos ab.


Und trotz allem Ready-Gemachten jagt mir das Schlussbild der singenden Käfer einen eiskalten Schauer über den Rücken. Seit Tagen muss ich daran denken, und es kommt mir vor, als könnte ich in meiner alten Villa, in der es an Holzvertäfelungen nicht mangelt, das feine Gewinsel an vielen Stellen hören. Wenn ich nächtens aus dem Fenster blicke, sehe ich unter dem Kirschenbaum eine dunkle Borkenkäfer-Gestalt stehen. Schwer zu sagen, ob es sich um einen Menschen in einem Borkenkäfer-Kostüm handelt oder um einen Borkenkäfer in Menschengröße. Nachsehen mag ich nicht, ich habe Angst vor einer Falle. Die Tür fällt hinter mir ins Schloss, und die Borkenkäfer übernehmen mein Zuhause, genau wie es dem irischen Naturdichter Butler Keegan im Jahr 1917 passiert ist.

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