Montag, Januar 31, 2022

Die Enteignung der Alpen, schlechte Sex- und Gartentipps sowie Katzenlinguistik.

 Phantomereignisse im Jänner 2022

1.1.

Erst nachdem wir wieder zuhause angekommen sind, besteigen wir den Berg wirklich, falls wir das jemals tun.“ Thoreau, „Ktaadn“ (Ich bin erst wieder herunten, wenn ich auf den nächsten steige).


2.1.

Von der Ehre geträumt, gemeinsam mit „Texta“ einen Auftritt im Stift Wilhering zu haben. Während sich die Stars mit imposanten BMX-Tricks auf der Bühne aufwärmen, verzettle ich mich in ausufernden Textvorbereitungen, obwohl ich genau weiß, dass ich gar nicht mehr zum Lesen kommen werde, weil alle eigentlich nur den Burschen beim Radfahren zusehen wollen. Außerdem habe ich die Texte zuhause vergessen.

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Es brennen nur sechs von zehn Fingerspitzen, aber diese 6cm² reichen in die Haut hinein (Erkenntnis zum Ende der Kletterkarenz).


3.1.

...in dieser Stunde fiel es dem Kaiser selbst schwer zu glauben, dass er der Kaiser sei.“ Roth, „Radetzkymarsch“ (Ich vergesse, dass ich die Bundespräsidentin bin, sobald ich den Frack ablege).

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In der Nacht wollte der Buttinger ein Logistikunternehmen für den Warentransit Mexiko – Wels aufziehen, „alles außer Drogen, versprochen“, einfach nur, weil er so gern hinfährt.

4.1.

Die verehrungswürdige Betty White wurde in späteren Jahren zur Ehrenförsterin ernannt. Martin Fritz schreibt unter die Dezember-Berichte vom „Ehrenmaus“-Verhör, dass er sich die entsprechende „Vom Leben der Natur“-Reihe heruntergeladen habe und mir in der Zukunft einmal vorspielen werde. Es kann mit dem Lebensabend nicht mehr viel schiefgehen (außer Buttinger lässt sich doch in den Koksschmuggel verwickeln).

7.1.

Im Grunde warte ich nur noch auf zwei Technologien: 1. Whatsapp ins Jenseits („Papa schau, ich hab mein Diplomprüfungszeugnis wiedergefunden, lauter Einser! Aber wie krieg' ich die scheiß Reifen vom Auto?!“). 2. Eine Art aktueller Lebenserwartungsanzeige, so wie die Verbrauchsanzeige im Auto. 

 

10.1. Vorderstoder

Zu meiner beträchtlichen Entrüstung muss ich erfahren, dass das ganze Stodertal zwei piefken Monarchendynastien gehört, JA IST DENN DAS DIE MÖGLICHKEIT!? Der Kleine Priel ist entzweigeteilt zwischen irgendwelchen reichsdeitschen Württemberg-Hohenzollern-Degenerationen! Hier bin ich vehement für eine Geschlechterdiskriminierung, ja: -enteignung! Die Alpen entkolonialisieren! Das Tote Gebirge gehört mir! #renaturierung = #renationalisierung

11.1.

Dienstag ist Eurofighter-Tag im Gebirge. Auch das kann man abschaffen, dieses Sausen und Brausen stört mich sehr bei der Erholung. Außer man nutzt die Flugabwehr, um den Adel aus dem Tal zu jagen wie ich die Nachbarskatzerl aus meinem Garten. Apropos: Eigens zu deren Vergrämung habe ich mir einen Hund angeschafft. Aber damit habe ich den Teufel mit dem Beelzebuben ausgetrieben. Und „ausgetrieben“ stimmt auch nicht, weil sie jetzt einfach neben den Hundekot gacken, vielleicht sogar mehr als zuvor. So soll das Ende der Monarchie in der Region Pyhrn-Priel nicht enden, dass am Ende noch mehr von diesem Herrschaftsgesocks herkommt.

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Das Eis, das sich gegen die Windrichtung an den Gipfelkreuzen bildet, ist der „Anraum“. „Windgangeln“ heißen „Zastrugi“, so könnte man auch sibirische Windhunde nennen. 

 

14.1.

Große Freude mit der Ö1-CD „Vom Leben der Natur“. Ein Pfützenforscher berichtet enthusiasmiert von der bunten Mini-Fauna in Tormannmulden. Alle paar Sekunden fallen ausgeflippte Sätze: „Ob die Urkrebsmutter dabei stirbt, ist ihr – biologisch gesprochen – wurscht.“ Natürlich ist die Katzenlinguistin Dr. Schroll am schönsten, wenn sie sich ins Zeug legt, um etwa das frustrierte Katzenschnattern phonetisch exakt nachzuahmen.

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Selig sind die leicht zu Unterhaltenden! In den OÖN wird über den Lehrlingsmangel berichtet (nicht lustig). Im Artikel weist eine Fußpflegerin darauf hin, dass junge Menschen durchaus einmal zum Schnuppern kommen könnten (sehr lustig).

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Beim Hundeentäußern treffe ich meinen Deutschlehrer aus der Unterstufe, wir gehen ein paar Schritte gemeinsam des Weges, an der Weggabelung erzählt er mir, dass mich seine Töchter (ohne von meiner Existenz zu wissen) oft gegen ihn selbst zitiert hätten, aus einem Erlebnisaufsatz aus der ersten Klasse, in dem ich meine Eltern verschergelt habe: „In meiner Familie herrscht Diktatur!“

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Abends Experiment Literatur. Premium-Prosa + wirklich einnehmende Freundlichkeit: Thomas Arzt ist der Autor, dem die Frauen vertrauen. (Ob ich das für die Ewigkeit so stehen lasse, muss ich mir noch überlegen. Might delete later).  

 

15.1.

Fast bin ich erleichtert, dass mir niemand auf den Hund schauen kann, weil ich sonst um 4 Uhr aufstehen hätte müssen. Zu Mittag bittere Reue, dass ich nicht mitgekommen bin, am Höhepunkt meiner Tagesform vergesse ich immer, wie tödlich ein zu früher Tagesbeginn ist. Hätten die Götter gewollt, dass ich im Finstern aus dem Bett gehe, wäre ich ein Huhn oder ein früher Wurm geworden. 

 

16.1.

Kaum ist der Motor auf der Kiss N' Ride-Lane des Bahnhofs (eine Art infrastruktureller Mistelzweig) verstummt, schlendert der Wort-Bild-Meister Dieter Decker einher. Wie ein Prolet pfeife ich ihn an, und schon sitzt er auf der Rückbank, um Coala zu erschrecken. Das misslingt, weil sie sich so über den Zufallsfund freut. Decker bleibt daraufhin einfach sitzen und lässt sich mit einer angstfreien Bereitwilligkeit entführen, als sei er ein Alien-Narr angesichts des landenden UFOs. Er weiß wirklich nicht, wo wir ihn hinbringen. Später täuscht er eifriges Interesse an den „Sehenswürdigkeiten“ Winkelns vor, besonders skurril wird es bei der Schautafel, die das Tote Gebirge benennen soll, aber weder sieht man die echten Berge noch jene auf dem vergilbten Ding.

Weil es mir selbst schon peinlich ist, wie ich meine peinliche Heimat anpreise, sage ich angesichts einer verlorenen Haube auf einem Zaunpfahl „Schau, die verlorene Haube schaut ein bisschen wie ein Mäusebussard aus“, woraufhin die Haube ihre Schwingen ausbreitet und mit beleidigter Eleganz aus der Szene gleitet. Durch Deckers freundliche Augen verwandelt sich mein dröges Dorf in ein dröges Dorf, das jemand freundlich anschaut.

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Coala und ich tauschen wieder einmal die Zimmer, dabei entsteht Anlass zur Ausmistung. Wieder finden wir ein Mathematik-Hausübungsheft! Wie viele von diesen schrecklichen Teilen mussten wir denn damals bloß ausfüllen?! Alles für die Katz, so wie der Hund (siehe dazu obigen Eintrag zum Thema „Garten entkoten gescheitert“). Coala entsorgt, weil sie in Fahrt ist, auch gleich ihre Studienunterlagen. Ja, kann sie denn mit Sicherheit sagen, dass ihr der Titel nicht einmal aberkannt wird (zu wenig Stempelmarken, der Hass Stefan Webers, Bücher nicht zurückgebracht etc.)?

Das Beste am emsigen Kampf gegen die Entropie im Haus: Ich bekomme jetzt ein eigenes Verkleidungszimmer mit Schubladen für „gnarly teeth“, aufklebbare Schusswunden und eklige Hautkrankheiten, dazu ein Regal für meinen Kakadu-Cluster (ich könnte eine ganze Piratenbande damit ausstaffieren).


17.1.

Weiter heftiges Räumen = 674 Indoor-Höhenmeter


18.1.

Achternbusch auf Ö1: „Jetzt habe ich mir in die Hose geschissen! Wenn das so ist, dann gehe ich heim.“ 

 

19.1.

Dem Hirschl rede ich ein, dass wir seinen Hausstand bei der Lesung nächste Woche zu Geld machen, so wie mit Heiligenreliquien. Ich womansplaine, dass sein Glumpert als „Epiphernalien“ gehandelt würde. Dann erst google ich und muss feststellen, dass es im gesamten Internet kein solches Wort gibt.

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Für mich ist eigentlich schon Teetrinken Homoöpathie. Ich glaube nicht daran.

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Die Arbeit in der Entrüstungsindustrie

 

20.1.

Nie ist viel los, trotzdem vergehen die Tage wie von selbst.


21.1.

Besitze jetzt unbequeme italienische Damenschuhe zum Preis von 600 € (Farben: „punch lime“ + petrol), aber weil man damit auf einen Berg gehen kann, ist daran NICHTS VERWERFLICH!!!!!! Ok?!

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Your genuinely afwul existence“: „The Afterlife“ ist wieder wunderbar, Buttinger und ich weinen beide heimlich, damit es der andere nicht merkt, was wir natürlich tun. „Derek“ ist auch sehr schön, am besten gefällt uns der maulige, existenzialistische Hausmeister: „Praying is just noble moaning.“

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Vom Leben der Natur“: Neues über die Nacktmulle! Sie leben zwar wirklich „eusozial“, aber die Königin ist eine echte bitch. Sie braucht nur ein paar fertile Männchen for the job, alle anderen drangsaliert sie so hart durch Püffe und Knüffe, dass ihr ganzes Volk vor lauter Stress unfruchtbar wird. Ist das eine Art?! Mit so einer Attitüde kann sie ja gleich den Kleinen Priel aushöhlen, die Monarchensau. So geht’s jedenfalls nicht mit dem #matriarchat.

Der Inzestgrad im Nacktmullschwarm ist übrigens so hoch, dass es wenigstens keinen hohen Kinderwunsch seitens der Untertanen gibt. Da könnte man jetzt dumme Analogien zum Innviertel ziehen (fill in the region you wish to diss, z.B. „Vatikan“), mir ist das zu billig! 

 

24.1.

Ein Tag auf der Flucht vor dem Roman. Das ist nicht mehr Prokrastination, das ist schon Schaffensangst.

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Es ist so süß verpeilt, wie in „Und täglich grüßt das Murmeltier“ Murrays humanistic turn dargestellt wird, indem er fünf dicke Klassiker-Schwarten auf eine Imbiss-Theke stapelt (dazu Klaviermusik, damit's ja recht ausgibt). Als ob er sie telepathisch und osmotisch alle zugleich rezipieren könnte. Und als ob man in Wahrheit nicht sieben Wochen an jedem Buch herumliest, das mehr als 300 Seiten hat. 

 

25.1.

Jetzt müssen wir die Pareidolie auch noch befreien, das Patriarchat steckt uns augenscheinlich in allen Poren. Siehe: https://science.orf.at/stories/3211035/


26.1.

Der Borkenkäfer-Thread unter der FB-Hirschl-Ankündigung macht mir große Freude. Diese unnützen Tiere haben sich in unser aller Oeuvre genagt, das wird man rückblickend einmal über die Literatur Mitteleuropas im beginnenden 21. Jahrhundert feststellen können. Peter Waldeck hat überhaupt nach eigenen Angaben „ein Theaterstück mit nicht nur einer Borkenkäfer-Ballettszene als auch einem schmutzigem Dramolett rund um eine befremdliche Borkenkäfer-Sex-Hotline an (Crackhouse of Horrors, 2006 im Rabenhof)“ geschrieben. Ich mag nicht recherchieren, ob das stimmt, weil ich will, dass es stimmt.

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In dieser Pandemie brauche ich keine Tipps, wie man zuhause die Zeit totschlagen kann, sondern wie man gern nach draußen geht oder sich langweilt.

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Bei Lesungen habe Karl May dem Publikum ungefragt seine fake Abenteuer-Narben gezeigt.

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Hirschl erzählt von seiner Reise zu einem Poetry Slam in Assen-Aich (googeln, ob es diesen Ort tatsächlich gibt!), der Ort, zu dem man von überall in Österreich mindestens fünf Stunden anreisen müsse. Dort angekommen musste er erfahren, dass er gar nicht eingeladen war. Geslammt wird dort übrigens in einem Schlachthof, aber nicht in einem durch die Kultur gentrifizierten, sondern in einem aktiven, in dem immer noch Tiere zu Wurst gemacht werden.

Seine Lesung eröffnet er damit, dass er eine Rede anlässlich eines 60. Geburtstages mir persönlich widmet. Thema: „Blut spenden“, es fließt angenehm viele Gewaltfantasien zwischen den Zeilen.


27.1.

In meiner zwölfjährigen Erfahrung hat noch nie eine Frau gefragt, ob sie „bei mir“ einmal lesen könne, dafür aber 324315 Männer. Als ich das am nächsten Tag ins Facebook schreibe, dauert es nicht lang, bis der erste Mann „Völliger Quatsch“ drunterschreibt („Die Frauen laden sich alle gegenseitig ein!“). Ärgerlich ist daran aber nur, dass ich mich darüber ärgere, obwohl alle anderen sehr Liebes kommentieren, etwa Yasmo, dass sie für ein entsprechendes Honorar durchaus das von mir „konzipierte“ Erste Schöneringer Schlager-Grunge-Festival kuratieren würde.

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Vögel deiner Heimat: Die Hündin verbellt einen Grünspecht durch die Terrassentür, der sich nicht stören lässt, weiter in ihrer Kacke zu picken. Das Alpaca-Gehege wird heute vom Bussard und vom Falken überwacht, auch diese machen das Hundetier ganz wucki.

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Die Dinge um mich herum schreien nach meiner Aufmerksamkeit. 

 

 Obacht, KUNST!!! Bzw. Clickbaiting.

28.1.

Wir machen wieder ein Lesebühnenvideo, und ich will von der Welt, dass sie annimmt, dass das meine Hauptarbeit sei (emotional stimmt's ja). Am lustigsten ist wahrscheinlich, wie René als dritter Hitler ins Bild hoserlt. Oder wie er mit viel zu weiten Hosen als Indiana Jones für sehr Arme einen Krapfen stiehlt und damit eine „Todesfalle“ auslöst (ein Petziball verfolgt ihn bis aufs Klo). Buttinger sieht als Frau aus wie seine eigene Schwester nach ein paar sehr falschen Lebensentscheidungen. Meine Mitarbeiter machen mich sehr glücklich! Wir geben der Welt unseren letzten Rest Würde wie der Orsolics sei letzts Hemad.

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Leider rutscht es mir nach dem Lesebühnendreh heraus, dass ich eh seit einiger Zeit wieder am Hallstatt-Roman arbeite (und gleich einmal die ersten elf Seiten ersatzlos gestrichen habe, 37 weitere müssen weg), denn Buttinger gibt mir nun literarische Sextipps: „Sein gelbes Glied versteifte sich.“  

 

29.1.

Deutschen Adelsgeschlechtern wünsche ich wie gesagt eine schnelle Abschaffung, aber für die Dynastie der Lippfische kann man mich begeistern. (Ja, ich höre immer noch „Vom Leben der Natur“, das Gute, Wahre und Schöne muss man sich ein wenig einteilen, damit die Freude länger hält). Manche von den Barschartigen „erbunten“, alle sind total genderfluid.

 

31.1.

Bei Arbeitsanfragen, für die ich das Haus verlassen müsste, verhält es sich neuerdings so, dass das Honorar dafür eine gewisse Höhe (aktuell 150 €) überschreiten muss, andernfalls würde ich das Geld aktiv von mir aus zahlen, um mich von der Verpflichtung freizukaufen. So wird’s nichts mit dem Reichtum, höchstens etwas mit einem Ö1-Porträt über Menschen, die sich verhalten wie gemäßigte Nacktmulldiktatorinnen oder faule Urzeiteinsiedlerkrebse.

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