Sonntag, Januar 31, 2021

Kackende Spatzen, Wasserklotzkatzen, hauchende Glasaugen und Multipla-Orgasmen. Neues aus der Reihe „Phantomereignisse“

1.1.2021

Das System ist nicht mehr relevant (alternativ statt „System“ z.B. einfügen: Patriarchat, Kapitalismus oder After 8: „The After-8ful-Hate!“)

5.1.

Der Buttinger wird immer tiefer in den Strudel seines neuen Hobbywahnsinns gezogen; er sieht keine Welt mehr, sondern nur noch Fliegenbindematerial. Er rupft Filzengel, seinen Schnurrbart, das Haupthaar der Tochter, die Wamme des Hundes, um daraus Insektenattrappen zu basteln, um damit Forellen in den Tod zu locken. 

Medienfund des Tages: Kaiserschnurrbarttamarinendrillingein Schönbrunn geboren. orf.at

6.1.

Wäre der grundliederlichen Gesellschaft nicht gedient, nach Yakuza-Art zu entsühnen, sich also zB ein Fingerglied abzuhacken, wenn man beim Fremdgehen erwischt worden ist?

12.1.

"Haha, der Gaisch muss sich jetzt um Flüchtlinge kümmern!"

"Whoever that is."

"Na, der sich so aufgepudelt hat, dass man ihn nicht kennt!"

Medienfund des Tages: „Erst Glasaugen hauchen Präparaten Leben ein.“ Oö. Kulturbericht

13.1.

Den letzten Weihnachtsschoko vom Baum grasen = Osternestsuchen für Arme

Profi-Tipp für schwächelnde Egos: alte Appläuse umjubelter Symphonien auf Youtube anhören, aus der Ferne klingt das auch angenehm nach warmem Regen.

15.1.

Hohe Schimpfbereitschaft in der Bevölkerung.

Die Spatzen hassen es offensichtlich, wenn ich ihnen beim Esse zusehe. Sobald ich wegsehe, stürzen sie sich auf meine teure Bio-Hirse, sie setzen sich in spätrömischer Dekadenz mitten ins Futter, manchmal gacken sie auch aus Protest hinein, wenn ich zu offensichtlich spechtle.

Medienfund des Tages: „Das Leben bietet so viel mehr als Brüste!“ „Body Shockers“, Sixx

Der Wahnsinn des Fliegenbindens greift auf andere Bereiche über. Buttinger zeigt mir die scheußlichsten Tuning-Varianten des Fiat Multipla, des ab Werk schon inakzeptabelsten Autodesigns der Welt. „Schau, das gediegene Plastik-Interieur!“ Grundgütiger. Ob es diese Woche noch zum Beischlaf kommen kann? Mit dieser Einstellung nicht. 


16.1.

Sehr viele Träume zuletzt, alle dumm: In der Nacht kommen wir zufällig bei einem chinesischen Skigebiet vorbei. Ich möchte gern auf die Piste, kann aber nicht, weil alles vollautomatisiert ist. Buttinger fordert mich auf, bei der Suche nach dem Liftkartenverkaufspersonal die Leute auch gleich darauf hinzuweisen, dass ich einen Roman hätte, der auch in China verlegt werden sollte. Meine schwächlichen Einwände, dass es hier mit dem Urheberrecht nicht weit her sei, machen ihn ungehalten.

Im echten Leben macht er mir aber milde gelaunt Frühstück und dreht dazu Ö1 auf. Das Gesprochene kommt mir im Halbschlaf bekannt vor. Es spricht nicht für Zugewandtheit zu den eigenen Hervorbringungen, wenn man erst googeln muss, um draufzukommen, dass man das selbst geschrieben hat. 

Rationalrat

17.1.

Der Manufactum-Katalog und „Die moderne Hausfrau“ kommen gleichzeitig mit der Post, und ich bin jetzt so weit, dass mir die offene Biederkeit der Hausfrau beim Arsch lieber ist als der versnobbte Nachhaltigkeitselitarismus samt selbstbetörter Anpreisungsprosa. Produktvorschlag: ein Vibrator aus malayischem Bio-Kautschuk mit verzinkter Handkurbel. 

Medienfund des Tages: „Der Biber ist nicht umsonst als der Helmut Berger des Tierreichs bekannt.“ Martin Fritz, „Die Vorbereitung der Tiere“

18.1.

Heute per Videokonferenz Aerobic unter Anleitung Martin Fritzens getanzt – wenn ein Ereignis aus diesem Text für die Germanistik der Zukunft erhalten bleiben soll, dann schlage ich dieses vor.

19.1.

Im Traum war ich heute mit Clint Eastwood zusammen, dem ich beim Kampf gegen seinen Erzfeind helfen soll, aber keine große Hilfe bin, weil ich davon abgelenkt bin, dass ich mir immer vorstelle, was für ein Hallo die Neuigkeit auf Facebook geben wird: „He, die Meindl Mink ist jetzt mitm Eastwood Clint zaum!“ 

Medienfundstück des Tages, Thema "Gerechte Strafe", OÖN

20.1.

Der Siphon leckt. Die unbeschreiblichen Reste der einst schmackhaften Speisen, derer man beim Reparaturversuch ansichtig wird, stimmen nachdenklich (Vanitasgedanken für Doofe). Das Dichten misslingt mir heute nicht bloß literarisch.

21.1.

Mit PMS ausmisten ist noch schwerer, da schauen einen die Dinge so traurig an, wenn sie in die Mistmulde fallen. Dennoch darf ich nicht lockerlassen. In einem Kastenwinkel ist heute eine Mappe mit handgeschriebenen Maths-Matura-Aufgaben aufgetaucht. ES IST NOCH GAR NICHTS GESCHAFFT UND ICH BIN SO SCHWACH!!!!! Mit knapper Not konnten mich die ASZ-Damen davon abhalten, ein braunes Eierhälftenservierkeramikteller mit nach Hause zu nehmen. 

Symbolbild für den sinnlosen Kampf gegen die Materie im Eigenheim

22.1.

Mit dem Nachbarn (Jg. 1972) heute besprochen, dass wir beide eben Spätzünder seien und unsere große Zeit noch komme. Sobald ich einmal weiß, was ich beruflich mache, geht’s los.

Ich verkehre übrigens jetzt in extrem klugen Kreisen, in denen man mich fragt, „aber du bist schon auch zumindest einmal sitzen geblieben?“ und dann ehrlich entsetzt ist, wenn ich verneine.

23.1.

Allem Anschein nach gibt es den Trend, Hausmüll zu tragen. Ist das Upcycling oder ein zynischer Scherz? Im Internet gibt es hunderte Bastelanleitungen für Ohrringe aus Nespressokapseln, Gummiringerlhalsketten (als Kinder hätte man uns dafür ausgeschimpft!), Sukkulenten in ollen Schuhen. Was kommt als nächstes? Plastiksackerl über dem Kopf, Barockperücken aus Klopapierrollen, Lampenschirme aus Joghurtbechern? Ist das ein Symptom einer volkstümlichen Wohlstandsverblödung? Steht ein Salzteig-Revival bevor?!

24.1.

Medienfund des Tages: „In Kyoto bin ich, doch beim Schrei des Kuckucks sehn ich mich nach Kyoto.“ Gstrein, aber eigentlich Bashô, eigentlich Matsuo Munefusa. Wer auch immer: Er hat genau erfasst, wie es mir im Toten Gebirge geht. 

 
Hier bin ich an einem der Orte, an denen ich mich danach sehne, an Orten wie diesen zu sein

28.1.

Heute zum ersten Mal in meinem Leben den IBAN auswendig richtig hingeschrieben. Kommt jetzt schon die große Zeit?!

31.1.

Hyperactive Wear

Sollte ich wirklich eine Fortsetzung der „Heimat der Fußkranken“ schreiben, muss ein quotenträchtiges Kapitel über das rote Katzerl am Hengstpass hinein. Es steigt nicht nur bereitwillig auf die Schultern der Wandernden, sondern legt sich in den frisch ausgeschaufelten Schneeschichtabstich der Lawinenprüfer oder stakst auch selbst ab und zu auf den Wasserklotz, dann lässt es sich schnurrend wieder heruntertragen wie eine Madame in der bestellten Sänfte. 

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