Donnerstag, September 13, 2018

Im Satirekombinat der „Original Linzer Worte“


Manche Landsleute haben sich von meiner zeitweiligen Verfügung in Hitler-Kostüme blenden lassen: In Wahrheit bin ich recht links und lege mein Präsidentschaftsamt hochgradig antifaschistisch und antiautoritär an.

Die Befreiung meiner Brüder Monet und Buttinger aus der kapitalistischen Verwertungslogik war mir eine Herzens- und Nierenangelenheit. Deswegen habe ich auch den volkseigenen Satirebetrieb „Original Linzer Worte“ gegründet. Motor meines revolutionsorientierten Wirtschaftens ist der Kampf gegen neoliberale Vernutzungssysteme und ausbeuterische Rationalisierungsstrategien.

Die Arbeit in meinem Kombinat beruht auf Selbstverpflichtung, Selbstführung und Einsicht in die Vorteile der literarisch-kollektivierten Zentralwirtschaft. Unsere Produktion ist auch wegen des Verzichts auf Urheberrecht und Privateigentum jener des kapitalistischen Auslandes (vgl. Coehlo, Rowling, Brown) weltanschaulich überlegen.

Wir sind vorerst nur zu dritt, und einer muss eben die Nomenklatur bilden. Da die Genossen Buttinger und Monet erstens einen geringeren Bildungsabschluss haben sowie im Sinne der antiphallozentristischen Emanzipationsdoktrin nicht über einer Frau arbeiten sollen, blieb mir nichts anderes übrig, als auch hier die Funktion des Zentralkommittees zu übernehmen. Ich darf dazu den Komsomolzen Mandlbauer („Prawda OÖ“) zitieren: „Die Führung darf nicht übersehen, dass das Volk geführt werden will.“ In diesem Sinne habe ich, das ZK, meine Angst vor Autorität überwinden müssen. Obwohl mir das mehr weh tut als euch.

So kaufte ich also eine Immobilie in der Innenstadt, damit die Produktionsmittel in unseren Händen bleiben. Von außen mag das Büro eher wie ein alter Baucontainer aussehen, der einfach in einer NachtundNebelaktion in den Landhauspark gestellt wurde, aber das ist wieder nur eine Verblendung des imperialen Blicks. Uns bzw. den Schreibgenossen ist es der Arbeiterhimmel. Da sitzen Monet und Buttinger nun täglich elf Stunden und dichten. Abends übernehmen sie verkleidet Lesungen.

Ich gab ihnen folgende Planaufgabe: Täglich zehn Manuskriptseiten Text, einen Roman pro Quartal, nach Möglichkeit einen Bestseller im Semester. Vorgeschriebenes jährliches Wachstum acht Prozent. Im Fünfjahresplan ist mindestens ein Literaturnobelpreis vorgesehen. Bei Verfehlen des Plansolls folgen Selbstkritik und Kritik durch das Feuilleton. Dazu die Beschlagnahmung von Kraftfahrzeugen, Nylonstrümpfen und Südfrüchten.

Nun! Was für ein schöner Start, als Monet nicht nur unter dem Synonym Robert Menasse und Michael Köhlmeier veröffentlichte wie eine Stalinorgel, sondern 2004 mit „Die Klavierspielerin“ gleich den Nobel-Plan erfüllte. Genial auch seine Taktik, die Rolle als Jelinek scheu und zurückgezogen anzulegen, so fiel seine eher unglaubwürdige Verkleidung als Frau nicht weiter auf.

Selbstverständlich war der Buttinger schnell neidig, er durfte sich zwar über internationale ökonomische Erfolge seiner fingierten Schriftstellerinnen (Donna Leon, Paulo Coelho, Rosamunde Pilcher) freuen, die im Plansoll geforderte avantgardistisch-künstlerische nationale Anerkennung blieb aber aus.

Intensiv arbeitete er am Gegenschlag. Bis Buttinger schließlich im Oktober 2007 in einer einzigen Schicht „Gut gegen Nordwind“ zutage förderte. So ernannte ich den eifrigen Mehrleister zum Stachanow des Monats und versprach, zur Belohnung seine Heimatstadt Wels nach ihm umzubenennen. Als kurz darauf schon alles umgeschrieben, alle Amtsschreiben angepasst waren, musste ich zu meinem beträchtlichen Missfallen erkennen, dass es das Städtchen „Klaus“ bereits gibt. Ich seah mich gezwungen, das alte Klaus durch Sprengung der Staumauer fluten zu lassen. Die Motivation meiner Mitarbeiter ist mir nun einmal unendlich wichtig.

Monet aber schimpft und grummelt seither, er nennt Buttinger oft einen „Normbrecher“ und Schleimer, er leiste des Abends sexuelle Hilfsdienste für das ZK. So trug ich unlängst dem aufmüpfigen Monet die Leistung der Königsübung, pardon: Arbeiterführerübung auf: Verfasse dem ZK einen dermaßen tollen Text für die Europawahlkampflesebühne, dass es die Volksmassen beim Zuhören aus dem Drillich wirft.

[René von der Seite anschauen:] Ich bin mir nicht sicher, ob dir der Auftrag gelungen ist.

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