Dienstag, Oktober 21, 2008

Es ist jemand faul im Staate Österreich

Gnä' Leserschaft,

in meiner "Funktion" als Inhaberin eines Lehnstuhls für Angewandte Prokrastination an der Uni Lenz bin ich bekanntlich den ganzen Tag damit beschäftigt, im Internetz herumzustrolchen, anstatt meine Haut, oder besser: mein Wort gewinnbringend zu Markte zu tragen.
Auf einem meiner Streifzüge fand ich das rechts, pardon: links abgebildete Büchlein. Darin steht viel über den Missmut beim "Versuch, eine Lebensweise anzunehmen, die im Schritt kneift".
Denn Selbstdisziplin ist eine Kettensäge: Man kann mit ihr ganze Wälder fällen, sich aber auch nebenbei ein Bein amputieren. [...] Das realistische Minimalziel ist, dass Sie dieses Buch lesen, in Ihrem Leben nichts ändern, sich damit aber besser fühlen als vorher.
Was für eine überaus gute Sache! Ich fühle mich zudem völlig in meinem Kunstwollen bestätigt: Welches andere Ziel verfolge ich schon seit Jahren mit der Lebensbeichte, der augenfälligsten Symptomanhäufung meiner persönlichen Aufschieberitis-Anamnese?

Im Buch findet sich allerlei Kluges. Einer von vielen Tipps für Prokrastinierer: "Auch mal ein Getränk zwei Jahre vor Ablaufdatum austrinken. Schon hat man eine Aufgabe lange vor der Deadline erledigt." Was man nicht zu tun braucht: "Laub mit dem Gebläse anderswohin blasen."

Damen empfehle ich die Lektüre des Kapitels "Schön, schlank und fit in 30.000 Tagen".

Vom Segen der akzeptierten Prokrastination: zwei auf der Insel der Saumseligen

12 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

ausserdem wären romeo und julia schließlich gemeinsam alt geworden, wenn doch nur der romeo seinen selbstmord ein bisserl aufgeschoben hätte.

Dominika Meindl hat gesagt…

Wow - genau das steht im schlauen Buch! Schön mitgedacht, liebe Frau Brummel!

Die sich rechts, äh links im Bild befindliche Coala Lumpi möchte im Übrigen festgestellt haben, dass die Seligkeit, der wir hier unser Gesicht leihen, keine postsexuelle ist.

Anonym hat gesagt…

Widerspruch! Selbstdisziplin ist ein schreckliches Wort, zugegeben. Nur: ohne diese hätte Shakespeare Romeo und Julia gar nicht geschrieben, er wäre bestenfalls ein spätmittelalterlicher Couchpotato geworden. Shakespeares Selbstdisziplin ermöglichte Jahrhunderte später mein Lesevergnügen. Drum: für mich ist Selbstdisziplin (gibts da kein Synonym dafür?) nichts erstrebenswertes, aber allen anderen empfehle ich es ganz dringend! Selbstlose Grüße!

Anonym hat gesagt…

Naja, ich seh das Ganze so: Wenn der Romeo nicht so ein Gschaftlhuber gwesen wär, sondern nach dem Motto "Was Du heute kannst besorgen, geht sicha auch noch morgen" gelebt hätte, na dann wär der gute William Shakespeare halt die Rosamunde Pilcher seiner Zeit geworden. Und Romeo und Julia wär kein Drama sondern eine romantische Liebeskomödie. Denken Sie da mal drüber nach.

Dominika Meindl hat gesagt…

Die Selbstdisziplin, diese Husqvarna unter den Seelenkräften, überlasse ich gerne denen, die damit umzugehen wissen. Die kernigen Holzarbeiter unter uns Menschenkindern mögen Wälder fällen und dickleibige Romane schreiben. Ich finde mich immer besser in meine Rolle als spatzenpostmoderner Faulsack ein.

So, und jetzt geht und lest fleißigerer Leute Weblogs!

Anonym hat gesagt…

aufrichtige bedankung für den buchtipp + link.
dieses buch wurde eindeutig für mich geschrieben und ich wundere mich nur noch warum die scheiberlinge mich nicht auf jeder seite persönlich ansprechen!

Dominika Meindl hat gesagt…

Als sensibles Menschenkind fühle ich mich ja permanent gemeint - vom Anspruchscharakter der Dingwelt ("Trink mich!" ruft das Bier), vom Dasein der Freunde (meine Antwort führt auch zum Wirten) und von pfiffigen Gesellschaftsanalysen wie der vorliegenden.
Es schweigen still jedoch Über-Ich, Chef und Konsumsirenen.

Anonym hat gesagt…

Sehr geehrte Fr. Brummel,

das stimmt schon, und, bitte nicht weitersagen, ich hatte mir ein happy-end sooo sehr gewünscht. Romeo und Julia, hätten sie sich doch Gedanken über die Selbstdisziplin gemacht, nichts böses wäre ihnen geschehen. Sie wären Philosoph/in geworden, und die/der handelt bekanntlich nicht. Leider ist das pures Wunschdenken: Pubertierende männliche Jugendliche sind beim Gedanken an die Liebste einfach nicht zurechnungsfähig, der Chemiecocktail im Hirn verursacht da eine Art Vollrausch. Und Julia? Mir bricht das Herz und auch das Hirn, es ist zu traurig, ich brauche vorerst mehr Abstand.
Und bin anscheinend auch verliebt, da schreib ich Fallstaff mit zwei L, und mir fällt nicht einmal eine originelle Ausrede ein. Das geschriebene noch einmal durchzulesen, dazu hatte ich wohl nicht die Selbstdisziplin, aber jetzt bleib ich dabei, trotzdem: sorry.
Nachtrag: ich wurde von Minkasia auf ihren "blogspot" aufmerksam gemacht, danke! LG

Dominika Meindl hat gesagt…

Höhö, Mooooment! Philosoph_innen handeln sehr wohl, eingedenk der Tatsache, dass man nicht nicht handeln kann. Sie verzichten bloß gern auf hektische Aktionismen.

Handlungsverweigerung in diesem Sinn ist eine sehr wichtige und sehr anstrengende Sache. Ich geh am besten gleich ein wenig napfitzen...

Vorher noch - hat da jemand nach "Originelle Ausreden"-Girl gerufen? Hier bittesehr: Du kannst ja sagen, dass du aus Fallstaff bei Baltimore kommst oder zur "Herbstbelegschaft" gehörst, die das Laub von einem Ort zum anderen bläst.
Verleibt, pardon: verliebt sein (den Tippfehler wollte ich jetzt nicht ausmerzen) ist zwar keine originelle, dafür aber eine gute Ausrede, auch wenn's nur anscheinend ist.

Anonym hat gesagt…

A geh! Wos?! Nicht handeln kann man sehr wohl. Man braucht nur kein Händler sein. Zum Beispiel Beamte handeln nie. Auch die meisten Kindergartenkinder nicht.
Romeo und Julia waren, glaub ich, Abkömmlinge von Handelsdynastien, von daher hatten sie praktisch keine Chance, ihren Schicksalen zu entrinnen. Shakespeare wusste solche Dinge.

Anonym hat gesagt…

ad "lest fleissigerer Leute Weblogs": So fleissig wie du blogst, blogt nicht leicht wer. Aber hier senden viele fleissig schöne Bilder ein: http://dappledphotos.blogspot.com/2005/
01/biretta-sightings.html
(Statt Zeilenwechsel zusammenschliessen.)
Der Blogger braucht nicht viel selber tun.

Dominika Meindl hat gesagt…

Njaaaa, schon. Philosophisches Nichthandeln ist jedoch stets von der Aura des reflektierenden Widerstands umhaucht. So würde ich das zumindest gerne verstanden wissen.
Reflektieren möchte ich auch noch ein wenig über die Schicksalshaftigkeit elterlicher Profession. Was mir da wohl blüht? Die Mandeln kann ich ja gar nicht mehr verlieren.

Ad Blofleiß: Hier manifestiert sich ja gerade meine Faulheit.