Dienstag, März 15, 2005

Hühnerglück und Haubenschmach

Nachdem sich die vielen neuen Grazerlebnisse schon ein wenig in meinem zerebralen Echoraum der Erinnerungen absedimentiert haben, ist es an der Zeit, ein wenig darüber zu reflektieren (die harten Fakten bzw. die im jeweiligen Moment entstandenen Gedankenprotokolle der Grazcrew sind dann auf Gurlas Homepage unter http://cordinka.co.funpic.de/Events/Gruuhgrazausflug05.htm einsehbar). Was konnte ich auf dieser Reise lernen? Was habe ich mitgenommen? Nun, materiell betrachtet außer einem gestohlenen Hader-Plakat und einem gekauften Jesus/Maria-Kipphologramm gar nichts. Aber ideell ging die Lutzi ab! Das waren 48 Stunden Lektionen in gelebter Menschlichkeit und tief empfundener Freundschaft! Ich möchte zur Illustration aus einer Werbung für Freilaufeier zitieren: „Glück bedeutet für Hühner [bzw. Kinder, DM] aber auch: Am Tag völlig frei und entspannt in kleinen Gruppen auf einer Wiese [bzw. auf dem Schlossberg; DM] herumzuspazieren. Und sich auf ein gemütliches Plätzchen zum Schlafen zurückzuziehen.“ Und dieses Hühnerglück durften wir erfahren.
Ich will die versammelte Leserschaft auch nicht länger auf die Folter spannen, was Gurlas und Ultras beiderseitige Schwangerschaft betrifft: Ja, es stimmt, und wir freuen uns alle sehr! Wie es passiert ist, wissen wir auch nicht, Fakt ist aber, dass es eh schon hoch an der Zeit war.

Foto: MNK

Foto: MNK

Abgesehen von diesen zwischenmenschlichen Jubelmeldungen möchte ich noch notiert haben, dass man in steirischen Telefonzellen den „Wachturm“ auflegt (und zwar auf Steirisch, mit „ei“ statt „e“ und „ou“ statt „o“ – würd ich dem neuen Graz-Ableger des „Falters“ übrigens auch empfehlen), dass es im todschicken Café auf der Murinsel todgrauslich nach Hundekot stinkt und dass Graz nach der Abreise des Kunsthauptstadtsstatus voll von Kunstrelikten ist, die das Stadtbild mal mehr (Bahnhofgestaltung, Murinsel, Kunsthaus), mal weniger bereichern (die Wäscheleineninstallation in der Pomeranz[sic]gasse etc.), und die uns immer wieder zu wertvollen Reflexionen zum Thema „Soll Kunst gefallen oder weh tun?“ anregten – meine Position zu dieser Frage erachte ich als mittlerweile bekannt (wenn nicht: sofort das Posting „Mein Kunstwollen“ durchstudieren!).

Jaaaaaaa!!!!! Her damit!! Foto: MNK
Worüber ich gerne noch ein paar Wörtchen verlieren möchte, ist Gerhards Idee, uns zur besseren Identifikation im Kleinstadttrubel beim Grazbesichtigen mit knallroten Einheitshauben auszustatten. Nicht nur dass uns die Leute angafften als wären wir eine Delegation Gartenzwerge, nein, sie alle konzentrierten ihr Gegaffe auf mich! Warum ich!? Wahrscheinlich harmonierte das Rot der Mützen mit meinem Teint ganz besonders schlecht, vielleicht auch sahen sie mir an, was diese Haubenschmach mit dem empfindlichen Pflänzchen meines Egos anrichtete (Schreckliches!): Hier soll ein Mensch gebrochen werden! Immer wieder versuchte ich mich davon hinter Gerhards Rücken zu befreien, doch auch der ließ sein scharfes Auge auf mir ruhen und zwang mich stets umgehend wieder unter sein Modediktat. Zur Strafe dachte er sich zusätzlich noch besondere Demütigungen für mich aus: „Du wüüst jo do Kabarett mochn, jetzt stöö di amoi auf de Kasemattnbühne und spüü uns olle wos voa!“ oder „Moch a poa Liegestütz, daun schlogt si dei Gsicht nu mehr mid da Haum!“ Warum alle anderen die Pein so duldsam ertragen konnten? Oder wollten? Das frage ich mich heute.
Ich wollte über diesen negativen Aspekt des Ausfluges in die Welt der Mur-Mürz-Furche nicht gleich den Mantel des Schweigens breiten, denn ein schlecht gelüftetes Bett der Erinnerungen ist ein perfekter Nährboden für Traumatamilben .
So, das war’s aus Graz.

Die Haubenschmach. Foto: MNK


Auch die freundliche Dame muss die Scheaglhaum tragen! Ihr Kommentar: "Entsetzlich!"
Foto: Coala

2 Kommentare:

jules hat gesagt…

das Haubenschmach Foto ist genial! leben in Graz echt so viele Kommunisten? Rot bis in den Tod!

Dominika Meindl hat gesagt…

Rot-Blau: Tod!