Lebenskrimskrams
im August 2024
1.8.
Eine
Nacht im Garten, als führte ich ein instagrammatisches Leben. Als
sei ich mein eigener Kolonialherr auf Safari durch den Bezirk
Linz-Land. Der Hund und ich legen uns mit Sonnenuntergang hin und
schlafen wie bei einer Fahrt mit einem Regionalbummelzug, mit vielen
Unterbrechungen. Ein Igel hat uns mit seinem Geraschle lange wach
gehalten (am Abend wird der Faule fleißig), irgendwann geht ein
absurd leichter Regen nieder, wie Tau, oder wie das Zitat eines
Regens. Um halb neun reiße ich mich los von diesem Erlebnis, Fini
legt sich quer in meine Inszenierung hinein, als wolle sie das
Maximum herausholen.
***
Es
ereilt mich die absurdeste Strafe meines Lebens: Ich, „hierzu
berufener Organwalter“ der Original Linzer Worte habe die Vertreter
des Vereins nicht innerhalb der Frist bekannt gegeben. Das Lustigste
ist die angebotene Ersatzfreiheitsstrafe bei Uneinbringlichkeit der
vorgeschriebenen 40 €: 2 Tage 13 Stunden 0 Minuten. Die Behörden
schätzen den Stundenlohn in der Kunst sehr pessimistisch ein. Und
sie gendern nicht, obwohl ALLES in Paragraphen gegossen wird.
***
Es
ereilt mich das absurdeste Leseerlebnis meines Lebens: Hunderte
Menschen im Museumsquartier hören mir zu, es ist aber ganz leise,
als säße ich vor meinen üblichen 23 Zuhörerinnen. Nein,
noch leiser, denn wenn ein Mann mit zwei Bier in der Birne dabei ist,
ist es aus mit der Ruhe. Bald schreibe ich wirklich einen hospitality
rider,
„Es ist ein Hund vorrätig zu halten“, heute heißt er Lotta.
5.8. GRUNDLSEE
Peter
Waldeck schnürt durch Hamburger Buchhandlungen und schaut, ob sie
„Selbe Stadt, anderer Planet“ haben. Zweimal ja! Bester.
***
Wieder
auf die Gimpelinsel. Zum ersten Mal schaue ich mir Bad Aussee
wirklich an. Die Glocke der Pfarrkirche heißt „Kunigunde“.
6.8.
Ohne
Kaffee ins Gebirg. Kann man machen, muss man aber nicht. Vielleicht
Steinadlerküken gehört, wahrscheinlich aber nicht. Fini und ich
sind von den Kühen auf der Gössler Alm nicht totgetrampelt worden,
nicht einmal annähernd.
Im
Widderkar wieder die größte Schönheit, ich habe jetzt (7.8.) schon wieder Sehnsucht danach, aber ich sehne
mich ja nach dem Widderkar, sobald ich es betrete. Im Finsterkar
hingegen hat man nicht mehr viel verloren. Das kommt auf die Liste der Wanderungen, wenn ich
wirklich schon überall anders war. (Oder, auch wahrscheinlich: Ich
habe nicht gut genug nach dem Weg geschaut).
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Es
folgt ein großer Mittagsschlaf auf den Dielen vor der Jagdhütte
nördlich des Kesselkars, dann beschreite ich die wenigen fehlenden
Meter aus dem Widerkar heraus und über den Rücken hinunter zum
Dreibrüdersee. Der Abstieg ist heute mühsam, vielleicht vom nicht
gelungenen Weg ins Finsterkar bedingt, vielleicht schon ein wenig zu
sehr von der Sehnsucht nach dem Baden getrieben. Und dann, endlich.
Es fühlt sich unwirklich an, von der Gössler Alm den Grundlsee zu
sehen und jemandem dort unten telefonisch zu sagen, man sei in einer
Stunde unten. Nach dieser zähen Zeit verschwindet der Körper zuerst
im See, dann in ihm zwei Bier und eine komplette Portion Kasnockn.
7.8.
Der
Frühstücksraum ist voller postmenopausaler Wienerinnen mit
affektiertem Gebaren und exklusiven Sommerkleidern, eine davon sitzt
ostentativ abseits am Nebentisch. Die Wirtin sagt, das sei ein
Singkreis, der alljährlich herkomme, aber sie sei der Einladung zum
Abschlusskonzert noch nie nachgekommen, weswegen wir spionieren
sollen. Die Dame neben uns mache eine Kur, bei der man beim Essen
nicht mit anderen sprechen dürfe. L. freut
sich, zum inneren Kreis gezählt zu werden, in dem man andere
ausrichtet.
***
Ein
sehr schöner Border Collie verknallt sich in Fini. Ich frage den
etwas dicken, freundlichen Halter, ob er (der Hund, haha) reinrassig
sei. „Das ist der Uwe“ sagt er gutmütig.
8.8.
Auf
den letzten Metern zum Lahngangsee hinauf sprechen L. und ich sehr
angeregt über „Bauer und Bobo“, der letzte Satz ist noch nicht
verklungen, als Florian Klenk sich vor uns materialisiert.
Wir
deuten den Wetterbericht und entscheiden uns gern, zweimal nass zu
werden, einmal im See, einmal beim Abstieg im Regen.
Dann
legen wir uns zufrieden ins Bett und fragen uns, ob wir nicht einfach hungern sollten, um bloß nicht wieder aufstehen zu müssen. Aber
L. muss einen Zirbensprizz beim Staudenwirt trinken, sonst hat sie
nichts gesehen hier. Bei der Rückkehr bittet sie mich, das
Sommerkonzert der Blasmusik in Bräuhof anschauen zu dürfen, nur
kurz, sie zahlt mir auch einen Schnaps bei der Marketenderin. Die
Musikanten sitzen absurd dicht geschlichtet in der schwimmenden
Musikmuschel. Die Witze des Moderators haben das selbe Alter wie die Landschaft (Altsteinzeit).
Danach
endlich wieder ins Bett und wieder Olympia schauen. L. ist ganz
fertig, wie viele Sportarten, Gewichtsklassen und Reglements es gibt.
Sie hat noch nie zuvor Synchronschwimmen gesehen und kann trotz
Müdigkeit die Augen nicht davon abwenden.
9.8.
Beim
letzten Frühstück richten wir den Zwischenmoderator aus dem
Paläolithikum aus. Die Wirtin sagt, das sei noch gar nichts, beim
Muttertagskonzert habe der „Luki aus Bad Ischl“ derart
frauenfeindliche Witze gemacht, dass er große Teile des
Zielpublikums binnen einer halben Stunde vergrämt habe, ohne seine
Strategie zu ändern.
Wir
fühlen sehr unterschiedliche Bedürfnisse, mir fällt der Abschied
schwer, ich werde heuer wohl nicht mehr herkommen. L. aber, der
unter meinen Augen in dieser Woche die Liebe heftig eingeschossen ist
wie dem Border Collie Uwe, hält es kaum noch hier.
10.8.
Minimale
Gartentändeleien, es glüht und dorrt alles. Leichte
Unruhe in Bezug auf meinen Plan, demnächst auf dem Kraxenberg zu
biwakieren. Es ist eine Mischung aus Sommerschlusspanik und Mutsuche
vor dem alljährlichen Tag in der Wildnis.
***
„Die
Babykatzen sind abgezählt!“ sagt die Hausherrin lachend, weil sie mir die Gier an den seit
Wochen erstmals wieder geschminkten Augen ansieht. Wir sind zu einer 60er-Gartenparty geladen, einer der beiden Jubilare wird sechs Wochen später tot sein. Dieses Leben muss man verstehen lernen oder nicht.
11.8.
Große
Sommerstunden an der Traun – und ein Tag mit zwei
Nachmittagsschläfchen.
***
Bodo
Hell ist abgängig auf seiner Alm, und ich hoffe innigst, dass ihn bald
alle schimpfen, weil er sich gar so gut versteckt hat und wir uns alle furchtbare Sorgen um ihn gemacht haben.
12.8.
Wiedereingliederungsstörung.
Ich soll Gstanzln dichten und schnell ein Abendprogramm schreiben.
Die Neuronen ächzen.
***
Facebook
als virtuelles Altersheim (Altersteilzeit), in dem uns die Jungen ab
und zu besuchen kommen müssen (=stalken), ob wir eh noch selbständig
zu schmeißen kommen.
***
Verwunderlich,
dass es „Rümpeln“ nur negativ gibt, das Entrümpeln ist klar,
aber es kann ja nicht aus dem Nichts schöpfen, es gibt ja Prozess des
Berümpelns.
13.8.
Die
Gartenarbeit fühlt sich immer öfter wie eine Eigen-Ergotherapie an. Heute: Erbsenzählen.
***
Der
arme Mann im Schlussverkauf, dem die Ärzte den Arm hoch über
die Schulter erhoben festgegipst haben – in Wurfhaltung, noch dazu mit einem
Ball in der Faust, als suche er seinen dazu passenden Hund.
***
Im
Kultur Hof heißen heute alle Michael, was mein dummes Leben stark
vereinfacht. „Michael, wo is denn da Michael?“ Endlich darf ich
mein eigenes Kunstwollen verdodeln, ohne Rücksicht auf die
Sprechzeit nehmen zu müssen! (Ich hatte ja im Gegenteil Sorge, genug
für diese Stunde zusammen zu kriegen). Sehr schön, dass die
Einzige, die sich eine Tombola gewünscht hat, auch alle
Lose an sich genommen hat. Alle sind zufrieden. Am besten sind meine
männerfeindlichen Witze angekommen, vielleicht sollte ich einmal das
Grundlseer Muttertagskonzert moderieren.
D. ist gekommen, um sich persönlich von mir zum Dank für meine erfolgreiche Verkupplung umarmen zu lassen. M. engagiert mich als
Traurednerin für ihre Hochzeit. Verrücktes Glück! Fini
hingegen verliebt sich unglücklich in einen der Michaels.
Bei
Wind gibt das Skelett des Quadrill-Towers ein Heulen von sich, das im
Film eine Zombie-Attacke ankündigen würde.
14.8.
Die
Donau steht so niedrig, dass man am Hundestrand glaubt, zum anderen
Ufer staksen zu können, weit draußen stehen ein paar Männer auf
Untiefen. Fast unmöglich, sich den Wasserstand vom Juni in
Erinnerung zu rufen.
Regen.
Besser als Netflix.
15.8.
Mein
gutes Leben passt gar nicht mehr zu meinen melancholischen
Grundstrukturen (ich habe gerade Spotify heruntergeladen und höre
Portishead).
Zehre
ich mehr von den Momenten, in denen ich neben einer murmelnden Quelle
im Widderkar schlafe oder zehrt die Sehnsucht danach stärker? Ich
muss etwas anderes horchen! Die
trockene Gluthitze zehrt ein wenig am Gemüt, trotzdem verstärkt sich die
Sommerschlusspanik. Ich weiß aber schon, dass die nur noch bis ca.
1. September dauert, dann greift das Wissen in die Praxis ein, dass
es im Herbst ja noch viel schöner ist.
Die
Perseiden habe ich aber versäumt, letztes Jahr lag ich am 16.8.
unter dem Nachthimmel zwischen Feuertalberg und Spitzmauer, mir
gingen die Wünsche für all die Sternschnuppen aus.
***
Wir
fahren ins Almtal und springen ohne großes Geschrei in die Alm, die
nicht so warm sein dürfte. Dann suchen wir die Freunde heim. R.
hat eine sehr subtile und ausgefuchste Technik des Anwasserns, er
gießt immer nur einen Schluck Weißwein nach, am Ende trinken wir
ihm auch noch seinen extrem guten und sauteuren französischen Edelenzianschnaps weg.
16.8.
Stark
eingeschränkte Vitalität wegen des gestrigen Alkohols. Träges Herumbandeln
im Garten, der aussieht wie ein südkroatischer Campingplatz.
***
Großes
Hadern, ob ich mich der privaten Suche nach Bodo Hell anschließen
soll; ich kenne mich dort oben nicht aus und habe das Gefühl, nur
mir selbst mit sinnlosem Aktionismus helfen zu wollen – oder nicht?
Wahrscheinlich bin ich eine von Tausenden, die ihn so gerne finden
wollen.
17.8.
G.
ist jetzt wieder offen für nachbarschaftliche Treffen, weil er erst
jetzt mit meinem Buch angefangen hat und kein schlechtes Gewissen mehr
haben muss. Er hat ernsthaft geglaubt, ich würde ihn fragen, was er z.B. zu S. 17 sage,
dabei habe ich doch selbst keine Ahnung mehr, was da steht. In Wahrheit will er
sich den Hochentaster ausleihen, den mir der Buttinger soeben im
Voraus zum Geburtstag geschenkt hat.
18.8.
Ein
Regenguss, die Landschaft knackt wie ein Eiswürfel im
Gin Tonic.
***
Unangenehme
Erkenntnis, dass der Platz auf der Grabtafel unter den Namen
der Eltern für den meinen frei gehalten wird.
Weiter
wachsendes irrationales Trauern über das Schwinden der sommerlichen
Optionen – ich kann bald nicht mehr in jedes Gewässer hüpfen und
auf jeden Berg; in Wahrheit bin ich etwas enttäuscht, über den
Sommer schon wieder kein anderer Mensch geworden zu sein. Vor einem
Jahr habe ich exakt das Selbe geschrieben. Im nächsten Sommer möchte
ich ein Mensch werden, der sich in Erinnerung rufen kann, dass noch
im November Almschläfchen möglich sind.
19.8.
Der
pataphysische Kongress rückt näher, den ich letztes Jahr in einer
manischen Dreiviertelstunde der Stadt Linz aus den Hüften gefördert
habe. Fünf Minuten vor Abgabeschluss hatte ich W. und R. noch
schnell gefragt, ob ich das eh auch in ihrem Namen einreichen dürfe. Beim
Orchester (C. meint, ich soll Geige spielen, of all instruments) werde ich keine wichtigere Rolle spielen als die eines
bemühten Orang-Utans.
20.8.
Nach
Monaten wieder ein gelungener Anlauf zur Reduktion meines Erbes.
Wie viele Rexgläser glaubte ich besitzen zu müssen?! 56?
***
Die
stolzen Eingeborenen, die nicht glauben, dass Fremde in ihrer Gegend
jemals wirklich ankommen können, besitzen einen Zweitwohnsitz in der
Toskana und sind voll im Dorfleben eingebunden.
***
K. schreibt gerade am Irrsee seine Weihnachtsgeschichte,
wie ein gemeinsamer Freund berichtet, ich meine wohl drei Stunden vor der Apfent-Lesebühne am 12.12.
***
Bis
1. Jänner 2023 habe ich jetzt meine Phantomereignisse nach
Brauchbarem durchwühlt, ab da ist mein Leben nicht mehr patschert
genug.
***
Ein Mann stakt mit der Feuerwehrzille den Donaustrand
entlang flussaufwärts, er bleibt stehen, weil er mich als Tochter
meines Vaters erkannt hat. Wir wechseln ein paar Worte. Ich sehe
ihm nach, es wirkt im Gegenlicht kurz, als säße ich am
Tonle Sap.
In
Wien kennen sie mich über den Hund, in Wels über den Buttinger, in
Wilhering über den Vater, in Linz über die zwei Jahre bei den OÖN 2006.
21.8.
Ich
liebäugle mit dem Gedanken, die gestern von K. ausgeborgte Geige
zum ersten Mal am 7.9. unmittelbar vor dem Konzert aus dem Kasten zu nehmen, bin aber
nicht mutig genug für dieses Statement, obwohl nach dem ersten Versuch, das Ding unters
Kinn zu klemmen, und nach den ersten sieben Tönen klar ist, dass Üben
oder Nichtüben keinen Unterschied mehr machen wird. Theoretisch
könnte ich noch hochbegabt sein, aber mir ist das zu laut, warum
muss das so nahe am Ohr stattfinden?! Sofortige Verspannung.
***
Zu
meiner Erleichterung erteilt mir die äh... Pekinesin(?) L. bei der Selbstanzeige
„Kulturelle Appropriation“ einen Freispruch.
22.
und 23.8. KRAXENBERG
Leicht
mulmige Schritte aus der Zivilisation heraus, vor allem schwer
beladene, ich trage 8,5 Liter in das Wasser(!)tal hinauf. Ich bin im
Grunde zu früh auf dem Gipfel, ich hatte optimistisch überlegt,
noch bis zum Hochweiß oder der Plankamira hinüber zu kommen, aber
irgend etwas hält mich davon ab. Ich habe den einzigen Abend im
August gewählt, an dem es kühl ist. Beim Herumschnüren auf
dem kilometerlangen Gipfelrücken des Kraxenbergs vier Schneehühner
belästigt. Angstlust
allein heroben. Heuer ist sie besonders stark, ich denke viel an
Bodo. Wirklich sollte ich hier nicht stolpern und bewusstlos in die
Latschen fallen.
In
der Nacht eine Hör-Halluzination, ein sehr starkes Vibrieren, im
Traum fürchte ich, von Aliens entführt zu werden und denke „Es
vibriert, das kann ich nicht träumen!!!!“ Aber Fini rührt sich
nicht, ich hingegen kann es nicht.
Völlige
Überschätzung meiner Möglichkeiten am folgenden Tag; es ist wieder
heiß, der Rucksack fühlt sich kaum leichter an. Bin ich feiger oder
unfitter geworden? PMS? Es reicht das Herumstapfen und Mäandern auch
so für einen ausgiebigen Muskelkater bei Mensch und Tier. Wie war
ich vor fünf Jahren drauf, dass ich diese wilden Touren wagen
konnte, durchs Turmtal, ins Finsterrigelkar, über das nördliche
Wassertal? Es wird einfach so sein, dass ich meine Ängste vergessen
habe wie eine Mutter den Geburtsschmerz.
Die
vom Schneedruck gefällten Bäume unterhalb der Nickeralm wird wohl
niemand mehr herausschneiden.
24.8. Gramastetten
Fini
verhält sich beim Gang durch das Rodltal wie eine alte Hündin, ich
habe sie zerwandert. Der Wald ist so braun, als sei es noch März, es
hat seit Wochen nicht mehr geregnet. Mich plagt das Besteigen der Jahresstiege auch mehr als D., die noch gefürchtet hatte, es nicht zu schaffen. Fini rennt zu einer unbekannten Frau, die hier gärtnert, sie wirft sich ihr zu Füßen und lässt sich streicheln, dabei sieht sie vorwurfsvoll zu mir herüber.
Ein
Gang zu den Häusern der Ahnen. Unsere verschlossene
Urgroßmutter hat das Geheimnis um den Vater ihres Erstgeborenen mit ins
Grab genommen. Beim Wagner wird mir
erst bewusst, was für eine fein verästelte Heiratspolitik hier
betrieben werden musste, um Inzest zu vermeiden. Etwa haben sich pro
Generation oft zwei Familien miteinander praktisch gleichzeitig
vermählt, dann wieder lange nicht.
Meine
Taufe wäre beinahe ins Wasser gefallen, weil es im Oktober 1978 so
einen Sturm gab, dass die Fähre nicht vom Ottensheimer Ufer ablegen konnte. Meine Taufpatin überredete Teddy,
es doch zu versuchen, es gehe ja um die Errettung einer Kinderseele
vorm Fegefeuer.
25.8.
In
Bad Ischl ist es zu einer Verfolgungsjagd gekommen, als ein
69-Jähriger mit fast zwei Promille der Polizei zu entkommen suchte,
da sein Auto nicht mehr zugelassen war – ein TÜRKISER TWINGO.
26.8.
Heute
wird in „Vom Leben der Natur“ über den unter nordamerikanischen
Präiriehunden weit verbreiteten Infantizid berichten. Diese Tiere
werden von meiner Sympathieliste gestrichen (so wie unlängst die
Matriarchin der Nacktmulle, die ihr Personal so mobbt, dass es
unfruchtbar wird).
***
Linz.
Alle sind wieder da.
Im
Wasserwald ein Mann, der mir vage bekannt vorkommt. Wenn es zum
üblichen Hundesmalltalk gekommen wäre, hätte ich ihn gefragt,
woher wir einander kennen. Drei Stunden später sitzt er neben mir im
Café Meier.
***
E. schenkt mir eine schöne Geschichte: Ein Bekannter fuhr von
einer Dienstreise nach Vorarlberg zurück nach Linz und saß in einem
sehr kaselnden Zugabteil einem Mann gegenüber, der Michael Köhlmeier
sehr ähnlich sah, weil er es war. Der Mann jedoch zweifelte, weil
ein Erfolgsautor doch wohl nicht so fäulen könne. Schließlich
stieg der Doppelgänger aus, der Geruch jedoch blieb, weswegen den
Bekannten der begründete Verdacht überkam, dass er selbst so
stinken könnte. So bemerkte er erst, dass ihm seine alemannischen
Kollegen „zum Dank“ einen ihrer sehr gereiften Käse ins Gepäck
geschmuggelt hatten.
27.8.
Schlagzeile
des Tages: „Tochter (13) einer Ärztin bohrte bei OP Loch in Kopf“
28.8.
Gut,
dass ich nicht in einer Großstadt lebe, niemand interessiert sich
mehr für die mittelschlimmen Befindlichkeiten mitteljunger Menschen
in Berlin Mitte. (Wobei ich mich auch für meine eigenen Befindlichkeiten nur mittel interessiere).
Mit
dem Körper des Vaters (körperbetonte Gartenarbeit) das Leben der
Mutter (immer zuhause) führen – und das ohne jede Verpflichtung zu
care work (dem Hund die Zecken aus dem Fell kletzeln reicht nicht) – es
darf keine Klage von mir an die Öffentlichkeit dringen – oder
nicht die Wahrheit über meine „Probleme“ (vgl. #berlin).
29.8.
Es
gäbe schon recht viel vorzubereiten für den schon sichtbaren
Arbeitstsunami (die Termine ziehen sich auffällig weit zurück, um
mit voller Wucht anzubranden), also putze ich bei 31° das Haus
(peinlich lohnend).
Nackt
in die Donau (das liest hier eh niemand).
Apropos
„oder nicht“: Die „Chronik der laufenden Ereignisse“ ist eh
eine anstrengende Vorbereitungsarbeit. Gut, dass Köck sich um die
tolldreisten Aufführungen der Rechtspopulisten und ihrer
Biedermänner annimmt. Gut, dass ich das jetzt nicht sein muss (oder
doch). Österreich ist das Paradies im
weltweiten Vergleich, und die Österreicher sind so deppert – wie geht das?!
30.8.
Weil
weiterhin so viel zu tun wäre, erledige ich das Dringendste: im
Wildensee baden. Ich wühle mich um den Rauhkogel herum, bald ist mein
Kragen voller Lärchennadeln, endlich finde ich einen ahnbaren Steig. Ein Hirsch
führt sein Schmalvieh aus dem Kar des Kühweißhorns. Oben, kurz vor dem steinernen Ghag, ein erstes halbes
Brunftröhren, als übe er noch.
I. bestätigt es, als
ich ihn später vor der Rinnerhütte treffe; auch die „Nachbalz“
des Kleines Hahnes beginne jetzt. Er freut sich, mich zu sehen, was
nicht unbedingt an meiner charmanten Erscheinung liegt, sondern an
seinem langen Sommer drüben auf der Brunnwiesalm. Das hier sei der
erste Ausflug in die Zivilisation, der sich seit Juni ausgehe, sagt
er und sticht glücklich in die Schwarzwälder Kirschtorte, dazu
trinkt er Bier. Ob er nicht traurig sei, bald zurück in den öden
Zentralraum zu müssen? „Nein!“ Er lädt mich ein, noch zu
bleiben, aber ich will – nicht zurück in den Zentralraum, sondern
– in den Offensee.
Die
Schwalben sammeln sich zum Abflug.
31.8.
Einmal
noch in die Traun. Ein heißer Tag, der Kopf wie in Watte.
Im
Black Horse sagt auch B. wieder, wie erleichtert er sei, dass
ihm mein Buch gefallen habe. Wir trinken, denn es ist ja ein heißer Abend. Er kennt den Kerl, der die Hallstätter Luft verkauft.
Wobei „verkauft“ nicht stimmt, es sei ein Spaß gewesen, der
nicht mehr als ein Taschengeld einbringe. (Im Februar wird mir Axel
Scheutz sagen, dass er den Kompressor für seine Flaschen im Haus
seines Vaters stehen gehabt habe)