Sonntag, Dezember 01, 2024

Altspatzengrant, Deppendeckel, Pensionistenbroschen, Sexquellen

Lebenskrimskrams im November 2024

1.11. Schönberg

Mi stört's sehr, dass du beim Gehn so raschelst!“ sagt Hasi beim Abstieg. „Rascheln ist mein Ding!“ sage ich, wir lachen, denn es ist uns ein sehr, sehr schöner Tag gelungen. Fast hätte uns die Sonne verbrannt. Aus der Reihe: „Gefährliche Vorteile des Klimawandels“. Rund um die Ischler Alm sind noch so viele Wege nicht begangen, aber das ist keine Klage.

2.11.

Jetzt besitze ich wieder Hosen für die nächsten zwei Jahre! Ließe sich nur alles so nachhaltig erledigen. Freude dann auch im Thalia, Tina legt mein Buch seit März prominent auf den Empfehlungstisch (ich schulde ihr ein paar Getränke).

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Wir führen das Leben von Superreichen, nur ohne Personal und Superreichtum, also eigentlich noch besser. Auch überteurter Weißwein macht komische Träume.

4.11. 

Das durch und durch ärgerliche Heulen der Laubbläser – wie kann man so etwas bedienen wollen?! 

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Mit D. am Fuß des Sengsengebirges. Sie ist unzufrieden, weil sie bergauf ein wenig schnauft, ich weise sie darauf hin, dass wir grade bergauf gehen. Wir haben eigentlich schon sehr gute Beine geerbt. S. Abb. 2.

 

Abb. 2

Bei der Jause erzählt sie mir von einer Bekannten, die mit beeinträchtigten Menschen (tendenziell Sucht) arbeitet. Beim Sesselkreis am Nikolotag habe einer einen epileptischen Anfall erlitten. Die Ärztin eilt hin, um ihn zu versorgen, es ist natürlich alles sehr stressig. Aufgewühlt steigt ein anderer über den sich Windenden und sagt vehement: „Meinen Schoko-Nikolo krieg' ich jetzt aber schon noch!“

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In einer modernen Großstadt ist das Warenangebot reichhaltiger als in ländlich geprägten Gebieten, etwa hier im siebten Wiener Gemeindebezirk: 


Literaturhaus, „In memoriam“. Ilse Kilic: „I mechd ned oiwei mochn, wos i wü.“ 

Herbert J. Wimmer verteilt sehr schöne Karten, ich bekomme eine mit einem Gerstl-Gedicht namens „schöner tot sein“:

ein baum werden

vögel zu gast haben

das wär was

worauf man sich freuen könnte

5.11.

Wer seine Begabung, Bildung und Freude nicht für die Vermittlung von Schönheit nutzt, sondern elitäre Dünkel verbreitet, soll seine scheiß Goschn halten, Hawara.

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Spatzen werden im Alter anscheinend grantiger. Zumindest sinkt laut einer Studie die Zahl ihrer Sozialkontakte. Während freundliche junge Vögel erfolgreicher sind, habe Einsamkeit im Alter keinen evolutionären Nachteil. Weitere Untersuchungen zeigen, dass sich das Sozialverhalten anderer Tiere und vieler Menschen mit den Lebensjahren auf ähnliche Weise ändert. […] Junge Spatzen haben besseren Bruterfolg, wenn sie freundlich sind., „aber wenn sie sich erst einmal fortgepflanzt haben, scheint es so, als ob Unfreundlichkeit keine evolutionären ‚Kosten‘ hat – es gibt keine Nachteile“, sagte Schroeder. […] Spatzen führen in der Regel eine lebenslange Dauerehe. Allerdings ist ihr Leben mit oft nur etwa zwei Jahren nicht sonderlich lang. Unter optimalen Bedingungen sind auch mehr als zehn Jahre möglich.“ Ich möchte gern ein zehn Jahre alter, grantiger Spatz werden (gutes Totem-Tier). Ganz nebenbei Applaus für die wissenschaftliche Leistung, dieses nervöse Gschwerl zu beobachten!

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Im Nebel das starke Gefühl, nur ein uneigentliches Leben zu führen (wie am Kuchenbüffet in der Wasnerin), oben läuft das richtige ohne dich.

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Canyoning im Spaltensystem der Gesellschaft.

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Spätnachts wird „Heast, Bruckner“ ausgestrahlt, es ist alles sehr blöd, aber auf gute Art. Sehr schön: Fini reißt es aus Nest und Schlaf, weil ich im Fernsehen so dienstbar „Grüß Gott!“ krähe.

6.11.

Sehr unschön: Der depperte, depperte Trump und seine depperten, depperten Wähler stellen die Aufmerksamkeit für meine Schauspielkunst total in den Hintergrund des Weltgeschehens!

Buttinger und ich diktieren einander am Telefon, dass heute (Mittwoch) aber sehr wohl getrunken werde. Und so geschieht es, im Beisein der Nachbarn. Der „Linden“-Wirt: „Unsare Blunzn san voi resch aubrodn, Reklamationen gibt’s ned!“ Wir taumeln heim, betrunken und nach resch angebratenen Blunzen riechend.

7.11. Karkogel

Aufstehen nach den Bieren um 5 Uhr tut weh, aber mit dem ersten Schritt von der Rettenbachalm stellt sich die Überzeugung ein, das Eigentliche zu tun, sogar später noch, in der Latschensackgasse am Möselhorn.   

Ein großer, wahrscheinlich letzter Schlaf auf der Bärenkogelalm.

Karma ist ein Fakt, denn ich trete in den Haufen, den ich beim Aufstieg nicht ordentlich weggeräumt habe. Fini selbst reißt sich an dieser Stelle die Pfote auf. Aber damit hat es sich schon, das Gute setzt sich durch: Als ich mich frage, ob sie mit der Pfote gehen kann und wie lange ich von hier in die Nebelsuppe im Tal brauche, bleibt ein PickUp stehen, darin zwei Männer, einer davon der Besitzer der Bärkogelalm. Sie drängen uns, einzusteigen, und sie haben recht. Wir plaudern sehr nett, der Pudertanz hat die beiden sehr mitgenommen, aber das ist ja kein Hindernis. Ich frage den Hüttenbesitzer, ob er leicht gerade die Geranien ins Tal getragen habe. „Ha?“ „D'Bleamön, Hauns“, lacht der andere.

Ich schlafe dann neun Stunden, Fini zwei mehr.

8.11. Wien – Neunkirchen

Mit jedem Halt klingt der Zugbegleiter trauriger, am schlimmsten bei „Next Stop: St. Pölten.“ 

Auch Rudolfsheim muss auf Klobürsten in Tierkeramik nicht verzichten: 

 

Nach der Lesung im Buchcafé Melange (in der es eine Austrofred-Andachtsstelle gibt) erzählt eine junge Frau, die vor 24(?) Jahren aus Henan nach Wien gezogen sei, dass die kopierten Orte in China der Belehrung und kulturellen Weiterbildung der Bevölkerung dienen sollen.

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Endlich wieder bei Birgit! Wir gehen trotzdem relativ diszipliniert nach Anbruch ihres Geburtstages ins Bett.

9.11. Rax

Was sagt ihr erst jetzt, wie schön auch dieses Niederösterreich sein kann?! Roland sagt, dass der Nebel, den man über dem Steirischen oft sieht, von der Rax aus betrachtet „Deppendeckel“ heißt. Im Bergrettungsstützpunkt hat er von der „Sexquelle“ erzählt, der eine einschlägig belebende Wirkung nachgesagt wird. Nach einem launigen Bericht in einer Zeitung seien viel zu viele Wiener mit großen Kanistern dort hingerannt, sodass der Name von der Karte genommen wurde.

Zwei extrem gelungene Stunden in der Bergrettungshütte auf dem Trinkstein, es ist bullernd warm, wir trinken Sekt und essen Samosas, bis leichte Schmerzen auftreten. S. und H. beschweren sich durchaus ernsthaft, dass ihre „I sitch di o in da Nocht!“-Szene nicht ins Buch gekommen ist, die im Schlaf nicht erschlagenen Welpen T.s aber schon. Ab jetzt meine Lieblingskritik!

Das letzte Stück des Abstiegs gehen wir einem exakt halbierten Mond entgegen. 

10.11.

Zu lange Gespräche über die falschen Themen. Ich denke, dass ich ab jetzt eine strenge Diät halte, in der es mit verboten ist, in Privatgesprächen unter Freunden die Themen „Nahost, USA und Ukraine“ anzusprechen. Warum machen Männer das so gern? Umgekehrt müssen wir Frauen auch mutiger aus unseren Blasen heraus, sonst reden wir irgendwann nur noch über Samosa-Rezepte, Asanas und Ayurveda-Frühstücke.

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Das nächste gute, neue Wort: Pensionistenbrosche (wenn man sich ab 40 die Oberbekleidung angepatzt hat).

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Neben mir eine rotzelnde, nach Fastfoodfett riechende junge Frau, die sehr intime Probleme im vollbesetzten Zug preisgibt, als gäbe es uns alle nicht, oder als befände sie sich in einer akustisch abgedichteten Blase.

11.11.

Wenn ich mich mit Shakeh noch öfter treffe, übernehmen wir nicht nur die Literatur im Land, sondern das Land selbst auch gleich.

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Selten eine so interessante wie interessiere Person getroffen wie Shila Behjat. Aber trotzdem kommen nach ihrem Vortrag im Kepler Salon seitens des Publikums Fragen, bei denen ich mich frage, was sich die Leute da gerade eine Stunde lang angehört haben. B. muss um 20:58 Uhr die Veranstaltung verlassen, um auf maximalem Umweg ostentativ alle rund um sich aufzuscheuchen. Nervig sein ist kein Monopol des Mannes!

12.11.

Ich gehe schon wieder nicht zu einer Veranstaltung, weil das schlechte Gewissen mittlerweile das Freiheitsbedürfnis nicht mehr übersteigt.

Am Abend blättere ich in ein paar Geo-Heften aus dem Jahr 1995, die ich doch noch nicht wegwerfen kann. Außerdem wäre schade um die Erinnerung, dass ein Artikel über die „neuesten“ Erkenntnisse der Evolutionsforschung noch einen Waschkorb voller empörter Leserbriefe zur Folge hat. Den Namen Gottes wagt keiner in den Mund zu nehmen, stattdessen wird darauf hingewiesen, dass die Leugnung der Schöpfung Ausdruck fortschreitender und gefährlicher Individualisierung sei.

 

                                                                        Der Hund ist der Schöpfung recht gut gelungen

12.11.

Als Recherche schaue ich „Can't touch this von MC Hammer, weil ich etwas zum Thema „sakrosankt“ schreiben soll. Logisch, oder?

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Sierning. In diesem Nebel sieht jede Landschaft unvorteilhaft aus. Warum zucken jene nicht aus, die wegen fixer Arbeitszeiten nie zum Wandern kommen?

Mädchenhaftes Gekicher der Meindlmenscher am prä-, peri- und postmenopausalen Lesehilfenstand im Café Malu.

13.11.

Der Bruckner-Uni-Mann hat alles falsch gemacht und wird dennoch von keinem Zweifel angekränkelt. Die aktuelle Entwicklung gibt auch wirklich diesen schmerzbefreiten Empathielegasthenikern recht, nicht uns Zweifelscheißern.

Ich bin selbst auch gar nicht so schlecht! Mein ratzfatz hingeschluderter Themenvorschlag für den LinzIMPuls hat den Zuschlag bekommen (das Kartell darf der LinzKultur was vorschlagen und die Jury aufstellen). „(Don't) Panic – Lifehacks aus Kunst & Kultur, um nicht dauernd und zu Recht auszuflippen“.

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Wie lange lese ich jetzt eigentlich schon „Dreh den Mond um“ herum? Es ist super, aber auch dicht wie Karamell.

14.11.

Fünfzehn verschiedene Graustufen der Autos auf dem Hofer-Parkplatz – es ist die Zeit der Pensionisten und mir.

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In England wurde ein KI-Chatbot namens „Daisy“ entwickelt, um Scammer am Telefon aus der Haut fahren zu lassen. Im Ton einer lovely little old Lady kann sie die Betrüger bis zu einer halben Stunde davon abhalten, echte alte Damen um deren Erspartes zu bringen.

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Im Wasserwald hat jemand Arschlöcher auf die Plakate mit dem Linzer FPÖ-Bürgermeisterkandidaten geklebt. Fini verliebt sich in einen zwölfjährigen schwarzen Schäferhund mit Stummelschwanz. Dem Halter mache ich eine billige Freude, als ich sage „wie die Herrin, so die Gscherrin“.

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Endlich wieder eine Idee, wie ich Möbel umstellen könnte. Unter Mamas Kasten aus den 60ern liegen Lurche, die schon fast leben und die man schon fast lieber in den Zoo bringt, als sie einzusaugen. Dazu 10 Groschen und ein „Gettone telefonico“.


15.11.

Der derzeit aktive Kennedy hat einen Wurm im Hirn – das sagt er zumindest dem Scheidungsrichter, um dem Unterhalt für seine Ex-Frau zu entgehen.

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Amerika wird gerade entholzt und renaturiert (leider nicht das große, sondern das Grundstück südlich der Donau, das Ottensheim annektiert hat).

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Ich besuche K. in ihrem neuen Leben, es ist sehr gelungen. Darin warten abends Katzerl auf die frisch gemolkene Milch.   

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Dann leider zu viel Bier im MKH, dazu PMS →

16.11. Sarstein

Befindlichkeit from hell in der ersten Tageshälfte. Ich bin ein Trottel, aber was soll's. Es ist trotzdem schön, bald dringt es in meine benebelte Seele. Etwa, dass der Schaffner Fini gratis mitfahren lässt, weil ich Dummhirn das Ticket habe liegen lassen.  


Ab Mittag geht es auch innerlich bergauf, gerade rechtzeitig – schöner kann ich es heuer nicht mehr haben, das Erlebnis muss lange reichen. Der Dachstein lässt um diese Zeit im Jahr kein Tageslicht mehr ins Tal, oben ist T-Shirt-Wetter. Auf dem Gipfel muss ich fast schluchzen, so schön steht das Tote Gebirge Spalier.

17.11.

Ganslessen mit der Neigungsgruppe. Noch nie waren wir so viele, und noch nie haben wir einander in einem Jahr so selten gesehen. Wir sprechen über Altersvorsorge mit Kryptowährung, frühe Pubertät und körperliche Verfallserscheinungen. Seit wann hat man all diese Gelenke!?

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Wegen zu viel Weißweins intensiv von der Fortsetzung des Brucknerfilmchens in Bad Aussee geträumt. Nie kommt mein Einsatz, ich muss irgendwo im Auto schlafen und habe kein Reservegewand mitgenommen. Ich verlottere rasant und werde auch bald entsprechend behandelt, während der Austrofred immer stärker hofiert wird, weil er nicht so stinkt wie ich.

19.11.

Ein Semiotiker hat ein 500-seitiges Werk über ABBAs „Fernando“ verfasst. Immer wieder fasziniert es mich, wie viele und wie wenige Gedanken man sich über dasselbe Phänomen machen kann.

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Das ist ungefähr der Plan: So viel Schönes sehen, dass man sich darin zurückziehen kann, wenn Zeit ist (und es draußen schiach ist).

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Wien

Es kommt nur eine Person, die ist dafür aber sehr lieb. Wir tun trotzdem so, als sei das eine Lesung, denn es soll ja ein Podcast-Beitrag werden. Zwischendurch vergesse ich, dass wir quasi allein sind. Danach gehen wir ins Café Engländer, wo der Kellner mir seine große, teure Uhr unter die Nase hält, ich checke lange nicht, dass er Hundekeks in der Faust hält, die er mir geben will. Wir reden über unsere extrem religiösen Großmütter, fast wie ein spiritueller Battle Rap, wer die ärgste hatte. Eine jede fast exotisch in ihrer Glaubensstrenge. 

M. hat übrigens aufgehört, auf Hochzeiten Querflöte zu spielen, weil sie beim Ja-Wort immer weinen musste – was bei Blasinstrumenten doppelt blöd ist (aber liebenswürdig, mich rührt das auch jetzt noch beim Niederschreiben).

Dann schnell heim. Fini soll noch im kleinen Park am Stubentor ludeln, aber ringsum flitzen so viele Ratten neben ihr durchs Gebüsch, dass sie sich nicht konzentrieren kann. Ein älterer Mann bleibt dann in der U3 neben mir stehen, um Fini sein Lob auszusprechen. Erst spät erkenne ich seine Sprache als Deutsch, wahrscheinlich erzählt er mir sehr Interessantes, ich ahne etwas von Deutschen Schäferhunden an der bulgarischen Grenze, aber es ist zu schwer.

20.11. 

Markus Reindl hängt dem freundlichen Irrglauben an, ich sei immer gut gekleidet, „vom Frack abwärts!“ Er hat keine Ahnung, wie weit es hinunter gehen kann. Ich oute mich, dass ich heuer schon zwei Menschen mit meinen Outfits zum Weinen gebracht habe (im alten Gewand des Vaters).

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Beim hektischen Versuch, das seit Tagen liegen Gebliebene in 47 Minuten aufzuarbeiten plötzlich die Illusion, in einem anderen Zimmer zu sitzen.

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Die Rollenverteilung in der waschküche: „Dominika isst zaum.“ „Wos üwableibt, gema da Dominika mid.“


21.11.

Poesie in Wels: 

Ordination: „Daun lossn's des ohne Wirkstoffe weg.“

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Beim Spazieren erzählt der Revierzuständige von einer Sensation – ein weißer Bock am Edramsberg! Kein Albino. Er habe alle anderen Jägern gewarnt, ihn zu „entnehmen“, „da könnt ihr euch das Datum in eure Gewehre kerben – ein Jahr später seid ihr tot!“ Von seinen Artgenossen sei das Böcklein gemobbt worden, einfach weil es anderes aussehe. Er habe sogar schon den Bock geschossen, der ihn besonders bedrängt habe.

22.11.

Weil der Alkohol vom Wochenende offensichtlich am Freitag endgültig aus dem neuronalen Netzwerk ausgeschlichen ist, bin ich an diesen Vormittagen oft richtig synapsig.

Diese Frucht möchte als Wein gelesen werden.

Meditieren mit Tieren misslungen, Fini ist zu unruhig

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Bei der Lesebühne fordert Buttinger zwei Mal zur Entnahme von Donald Trump auf. El Hotzo wurde dafür rausgeschmissen, wir applaudieren eifrig. 


23.11. Samstag

Immer wieder wollen Pläne aufkommen, bis mir einfällt, dass ich eh nur einen Tag Wochenende habe, also wieder lesen und scrollen.

Bild „Verschiedenes“: Hier wird eine sehr, sehr kleine Zielgruppe angesprochen. Viel Glück!“


24.11. BuchWien

Im Zug späte Eltern mit einem Kind, das auf dem Tisch sitzt und nur über eine Handy-App kommunizieren kann. „Marille! Aprikose! Aufschnittwurst! Leberwurst!“

Der Moderator nimmt den Roman und bricht ihm den Rücken, damit es gut steht für die Kamera. Ich fühle den Schmerz im eigenen Kreuz. 

Ein Schild, das es so nur in Wien geben kann:  

 

Austrofred lobt seinen Verlag Czernin, „weil der nicht so viel sudert“.

So richtig will sich die Zug-Euphorie nicht einstellen, obwohl fast alles klappt. Es ist halt zum Brechen voll, und neben mir steht ein Rudel junger Norddeutscher, die rotzeln und jeden Satz zwanghaft mit „Digga“ beginnen.

25.11.

Kaiser-Mühlecker gewinnt den Buchpreis, antwortet trotzdem in weniger als einem Tag auf die Anfrage, ob er nicht in Wels lesen wolle (getippt am 6.5., einen Tag, bevor das tatsächlich eintritt).

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Im Windschatten ist es fast warm. Noch einmal ein großer Sonnenuntergang am Donaustrand (die eh das ganze Jahr über zu sehen sind, besonders im Winter). 


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Irgendwo hinten im Sendergedärm kann man der Schweizer Garde live beim Beten des schmerzerfüllten Rosenkranzes zusehen.


26.11.

Bei Gelegenheit nachdenken über die aktuelle Renaissance des Mittelalters als Meme-Steinbruch (was ist sehr begrüße). 


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Auf Spatzen spucken macht auch nicht satt.“ Richard Wall im WillyFred, „Herbstlese“.


27.11.

Ein Nebel, der auch ohnehin schon graue Autos mit einem Schmutzfilm überzieht, in dem der Hundsdreck dampft und der einen bis ins Haus zu verfolgen scheint. Schwer ist der Beruf an so einem Vormittag.

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Experiment Literatur, Abschiedslesung Stadtschreiber. Tex sträubt sich erfolgreich dagegen, auch nur einen einzigen Satz zu lesen, ich weise ihn darauf hin, dass das eine Buchpräsentation sei. Er beschwert sich, dass ich das zahlreich gekommene Volk von Wels mit Keulen auf den Büchertisch hinweise, dabei müsse man das „mit Wattebäuschen!“ machen. Alle Bücher werden gekauft. Rubinowitz behauptet, das Buch auf Drogen geschrieben zu haben, Buttermilch und Tuc-Kekse, zu einem Klumpen im Magen vergoren. Historisch notierenswert Buttingers Resümée: „Heute hast du dich wirklich nicht verschnattert, Meindl.“

28.11.

Der fünfte Abendtermin in Folge. Ab wann dürfte ich absagen? Aber PostSkriptum macht halt nur einmal dicht. Immerhin ist Chris Hüttmannsberger wieder da. Er erzählt, er habe einmal einen Slam gewonnen, bei dem jemand zuvor quasi auf die Bühne gekackt hatte. Heute kackt niemand auf die Bühne, auch der Hund nicht (Foto: Coala).

 

Mit dem Poetry Slam und mir wird das nichts mehr, war's auch noch nie. Wieso bedeutet es den Menschen so viel, Bewertungen ins Gesicht gehalten zu bekommen / anderen Bewertungen ins Gesicht zu halten? Außerdem reiße ich schon wieder nichts, grad halt, dass ich nicht Letzte bin. Natürlich wären mir die Trauben zu sauer gewesen.

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Coala hat mir Snacks aus Japan mitgebracht, etwa Makrelenchips in einer „Fischhaltefolie“, die sehr, sehr grauslich schmecken, aber das sei gut für die Synapsen.

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